Donnerstag, 28. Mai 2015

David Grossmann, Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Siebenhundertachtundzwanzig Seiten stark ist das Buch, das ich gestern Abend fertig gelesen habe. Es endet mit einem offenen Schluss. Die Geschichte endet also nicht, so wie unsere Geschichten auch nicht enden. Wir sind verwoben von Generation zu Generation. Und wir tragen mit an der Geschichte unserer Zeit. Je älter wir werden, umso mehr erkennen wir, wie sich alles wiederholt. Und wie auf der ganzen Welt die Menschen kämpfen um Gut und Böse. Nur wenigen geht es so fantastisch gut wie uns.

Die Frau, die flieht vor einer Nachricht, lebt in Israel. Ihr Sohn ist im Militär und nimmt an einem Einsatz im Palästinensergebiet teil. Die Frau flieht siebenhundertachtundzwanzig Seiten lang vor der Nachricht, der Sohn könnte tödlich getroffen werden. Und am Schluss weiss ich ihre Biografie, aber nicht, wie es dem Sohn ergangen ist.

David Grossmann, der israelische Autor, hat seinen jüngeren Sohn Uri verloren im Zweiten Libanonkrieg. - Das Buch ist wahr. Wahrer als ich es haben müsste. - Ich stehe politisch meist näher bei den besetzten Palästinensern. Im Studium in Luzern hat uns eine israelische Dozentin erzählt, wie es ist, an keinem Tag des bisherigen vierzigjährigen Lebens nicht unter ständiger Bedrohung zu leben. Raketen. Selbstmordattentate. Alles jederzeit möglich. Überall.

Wie macht man Frieden?

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