Sonntag, 3. Mai 2015

Schlemmen oder geniessen?

Wir sind immer "Kinder unserer Zeit", immer beleckt von dem, was läuft, von der Stimmung, die sich um uns herum breit macht. - Gestern habe ich trotzig unser Schlemmer-Menü vom Freitag gepostet. Trotzig, weil mir Zeitung um Zeitung, Magazin um Magazin weis macht, dass ich falsch koche und falsch esse. Und dass ich mit meinem Übergewicht gar der Gesellschaft schade (Gesundheitskosten) und mich sowieso schämen müsse angesichts des Hungers auf der Welt.

Ja, ja, ja! - Aber! - Heute schlägt nach einer vierseitigen (!) Darstellung von ungesunder Ausser-Haus-Ernährung in "Stil/ NZZ am Sonntag" die Stimmung um. Eine Ernährungswissenschaftlerin redet von "Genuss-Krise" in unserer "Gesundheitsgesellschaft". Gesundheit als Ideologie und neuer Religion. Sie redet davon, dass Genuss ein Antidepressivum sei. Dass unser "technokratischer Zugang zum Essen" (meiner nicht!) uns vielleicht uralt werden lasse, "aber", sagt sie, "was haben wir davon, dank Verzicht uralt zu werden, wenn wir das lange Leben nicht geniessen können?" - Allerdings unterscheidet die Ernährungswissenschaftlerin zwischen Schlemmen und Geniessen.

Ich habe Zeitbedarf zum weiteren Nachdenken und (sinnlichen) Wahrnehmen. Ein geringerer Fernsehkonsum wird es möglich machen.

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