Montag, 30. November 2015

Die Gegenwart

"Die Gegenwart ist immer eine Enttäuschung." so hat Martin Caparros, ein argentinischer Schriftsteller in einem Interview gesagt. Er hat untersucht, weshalb der Hunger auf der Welt immer noch nicht zu Ende geht. Alle wissen, dass man die Sättigung für alle organisieren könnte, aber man tut es nicht. Ob es mit der Klimakonferenz auch so ist. Reto hat gesagt, Demonstrationen seien doch nicht mehr nötig. Alle hätten es begriffen, dass es fünf vor zwölf sei. Aber, meine ich, das ist es doch schon sehr lange, fünf vor zwölf. - Ist die Gegenwart immer eine Enttäuschung? - Es kommt wohl drauf an, was man erwartet. Meine Gegenwart ist voller Freude, aber auch belegt mit einer Zukunftsbangnis, die sich nicht mehr auf mich, aber auf meine Kinder und unser Kindeskind bezieht.

Sonntag, 29. November 2015

Besinnliche Stimmung

Es ist Erster Advent. Bald war er, weil es ist schon fast sechs Uhr abends. Ich bin gerade von der Stadt heim gekommen. Aber ich war weder am Weihnachtsmarkt noch am Sonntagseinkauf. Ich habe gestaunt über das ganze Volk, das da unterwegs war. Ich selber sass mit meiner Besten Freundin zwei Stündchen im "National". Wir haben geplaudert und Kaffee getrunken. Dabei ist mir aufgefallen, wie zufrieden ich im Moment mit meinem Leben bin. Wir haben gelacht und gesagt, das müssten wir geniessen - eine gute, altersgelassene Zeit, ehe wir mit Demenz in einer geschlossenen Abteilung landen. "Hast du Angst?" hat die Freundin gefragt. - Nein, das habe ich nicht. Es kommt wie es kommt, und jetzt ist es wie es ist. Gut ist es.

Samstag, 28. November 2015

Eingekauft...

Der Metzger hat gestaunt, wie viel Fleisch wir zwei eingekauft haben, aber geht ihn eigentlich nichts an, dass wir heute Abend einen Tisch voll Besuch haben, oder! Als der Einkaufswagen schon voll war, kamen die persönlichen Wünsche: Ein Sudokuheft für mich und nach Monaten wieder einmal "DIE ZEIT" mit vielen Leseempfehlungen. Sehr gefährlich für mein Taschengeld! - Reto brauchte ein neues Rätselheft und einen Blumenstock namens Weihnachtsstern. Bald ist unsere Wohnung übervoll Advent und Weihnachten. Aber Reto findet immer noch etwas zum Aufhängen - gestern Abend nicht "Aladins Wunderlampe", aber Stefans. Gebastelt beim exakten Lehrer Diem in der fünften Klasse. Seither bringt sie alljährlich warmes Licht in die Advents- und Weihnachtsstube. - Gestern Abend hat Reto seine ganzen Aussenlichtlein getestet. Kaya war dabei und ist vor lauter Begeisterung herumgehüpft und hin und her gerannt, um alles, alles ganz genau zu sehen.

Freitag, 27. November 2015

Gutenachtgeschichte

Heute brauche ich mit Bestimmtheit keine Gutenachtgeschichte. Ich bin jetzt um 19 Uhr schon müde genug zum Einschlafen. Vielleicht ein bisschen TV-Dösen. - Wir hatten fast sechs Stunden ein einjähriges Meiteli zum Hüten bei uns. Nicht die Enkelin; sie ist zwar auch gekommen mit Mami, Papi und Götti. Um uns zu unterstützen. Und die beiden Mädchen hatten ein richtiges "Chäferfest"  miteinander. Die Erwachsenen ihrerseits auch, nur anders. - Eben, ich brauche keine Gutenachtgeschichte.

Donnerstag, 26. November 2015

Schöner Morgen!

Wir sind mitten drin. Bereiten den Advent und Weihnachten vor. Heute Morgen haben wir die ersten Guetzli gebacken. Und es machte richtig Spass mit Reto, Judith, Kaya und Sarina. Mailänderli und Cornflakes-Hüüfeli und Haselnusstännchen. Nachher haben wir alle miteinander Zmittag gegessen. Zum Dessert bekamen wir alle von jeder Guetzlisorte ein Stück. Welche sind die besten?

Man muss. - Man muss trotz der schrecklichen Weltlage so leben, wie man es richtig findet. Ich finde es schön und richtig, die Festzeiten des Jahres miteinander zu teilen. Man muss. - Man muss sich freuen. Man muss sich treffen. Man muss etwas Schönes miteinander erleben.


Mittwoch, 25. November 2015

Weihnachten wirft sein Licht voraus

Reto rennt mit der Leiter im Garten herum. Bald wollen wir in die Stadt. Aber vorher soll noch die letzte Lichterkette an die hohe Akazie. Ich glaube, nächstes Jahr sollten wir neue Bäume oder Hecken pflanzen, damit noch mehr Lichtlein...Seit seiner Jugendzeit schlägt Retos Herz für Weihnachtsbeleuchtungen. Schon bei seinen Eltern schlang er Lichterschleifen um einen Tannenbaum im Garten. Jene farbigen Glühlämpchen waren nicht Wetter tauglich. Deshalb musste ein jedes mit Alufolie umwickelt werden zum Schutz vor Nässe. Bin gespannt, wann er dieses Jahr alles erleuchten lässt. Aber vorher muss er die Kletterei auf der Akazie heil überstehen. - Oh, nun ist es der Ahorn, nicht die Akazie! Weniger hoch. Bin froh.

Dienstag, 24. November 2015

Voll von Freude

Ich wollte heute über Tomi Ungerer schreiben, der vom "Tagi-Magi" in Irland besucht wurde. Schöner Text. Aber jetzt ist es Abend, und ich bin voller Freuden frisch von heute. Nicht gelesenen. Erlebten.

Am Morgen forderte uns Judith an, Kaya sei krank. Mittagessen als Störköchin für drei Erwachsene und zwei Kinder gut hingekriegt. Mit Reto ein paar Häuser weitergetragen - und dort war Kaya zum Glück wieder zwäg. Wohlsein unter dem Dach unserer Tochter.

Am Nachmittag hat Reto seine Neuerwerbung, den Rosenbogen, weihnächtlich dekoriert mit den Tannzweigen, die wir gestern im Wald geholt haben und einem Teil seiner vielen Lichtlein. Ich gebe zu, mir macht es auch Freude. Aber ich habe noch was zu basteln: Kaya hat sich Tiere zum Aufhängen gewünscht. An Reto's Bogen. Viele Tiere. Ich habe in der Stadt brauchbare gesehen, aber nicht gekauft. Das kann ich auch. Morgen.

Ja, die Stadt! Ich war in fünf Läden und habe in vieren eingekauft. Eher Kleinware. Als ich aus dem letzten Laden trat, war die Weihnachtsbeleuchtung eingeschaltet. Und echt - Winti hat doch die schönste!!! Unter den grossen Sternen zu gehen, macht Freude, voll Freude!

Montag, 23. November 2015

Reto's neueste Anschaffung

Die Adventszeit naht. Mein Ehemann bekommt nie genug von "allergattig" Lämpchen und weiterem Schmuck. Wo aber all die Lämpchen befestigen, dass die Vorbeigehenden die ganze Pracht sehen? - Da wir seit dem Frühling einen Gartenhag zum Schutz unserer Enkelin haben, könnten da auch Lichtlein drapiert werden. Aber nicht so "blutt". Tannenäste müssen her. Und wie wäre es mit einem Metallbogen über dem Gartentörchen? - Heute hätte ich geholfen, das Metallteil zusammen zu "mechen", aber Reto mochte nicht auf mich warten. Er hat alles selber installiert. Nur in den Wald durfte ich mit, um herumliegende Tannenäste mit schönen Tannzapfen dran zu finden. Tragen durfte ich die zwei Taschen voll dann auch nicht. Männersache! Ich bin zum Staunen da.

Sonntag, 22. November 2015

Was ist Literatur?

Wenn Hansjörg Schneider, der Erfinder von Kommissar Hunkeler, einen Traum schriftlich festhält, wird das veröffentlicht. Wenn er schreibt, dass er nicht viel Spannendes träumt, wird das veröffentlicht. Wenn er ein ziemlich normales Tagebuch schreibt, wird das veröffentlicht. Und ich lese alles gern, was er veröffentlicht. Zuletzt sein öffentliches Tagebuch "Nilpferde unter dem Haus". Einem Schriftstellerkollegen von ihm, Dieter Forte mit Namen, geht es wohl ebenso. Er schreibt: "Ich beobachte mit Vergnügen, wie ein Autor Alltag in Literatur verwandelt. Schneider kann das meisterhaft." - Was aber ist Literatur?

Samstag, 21. November 2015

Amarone

Wir waren zum Mittagessen eingeladen von unseren Vermietern, weil Reto so gut zum Haus schaut. Es hat noch nicht geschneit auf dem Taggenberg, aber kalt ist es geworden. Wir sassen gut. Am grossen Fenster, von dem aus man auf Wülflingen sieht. Nach dem Wülflinger Weisswein kam ein wunderbarer Amarone auf den Tisch. Vor lauter Reden war ich vielleicht die einzige, die den Wein wirklich zu schätzen wusste. Mehr als die Wokpfanne, die auf meinem Teller lag. Gemüse halbroh, sehr knackig. Alles ertränkt in Soyasauce. Viel. Aber der Amarone, der Amarone! - Es braucht nicht alles perfekt zu sein. Wenn das Gespräch leicht und fröhlich läuft, man sich offensichtlich sympathisch ist und der Amarone so wundersam die Kehle hinunterkullert, genügt das vollauf für ein kleines Samstagsglück.

Freitag, 20. November 2015

Jeden einzelnen Regentropfen

Wir sind einkaufen gegangen, und es hat geregnet. Das Einkaufen ist nicht das Besondere, aber der Regen schon. Ich begrüsse jeden einzelnen Regentropfen und freue mich, dass Schlatt u.a. bald wieder eigenes Wasser haben wird. Noch nie bisher konnte ich mich einfühlen in die Medizinmänner ferner Völker, die für Regen getrommelt haben. Noch nie bisher habe ich mir Sorgen gemacht, wie das mit dem Wasser bei uns und weltweit weitergeht. Jetzt haben wir einen winzig kleinen Vorgeschmack bekommen. Die Klimakonferenz in Paris beginnt bald (30. November), aber es reicht nicht, wenn PolitikerInnen sich Gedanken machen. Wir alle sind zum Denken und HANDELN aufgefordert. UMDENKEN!

Donnerstag, 19. November 2015

"Trauerränder" unter den Fingernägeln

Heute Morgen haben wir Enkelin Kaya (bald 2 1/2 Jahre alt) zur Arbeit gebeten. Ihr Gärtchen bei uns war einzuwintern. Sie kam stolz und packte echt mit an. Die noch schönen Ringelblumen zu einem Strauss fürs Mami binden. Alles andere ausreissen und in den Henkelkorb werfen. Gut durchhacken und restliche Wurzeln ausrechen. Neue Erde mit dem "Sändelikübeli" heranschaffen und einhacken. Dann das Schönste: Blumenzwiebeln aussuchen, auf dem Gärtchen verteilen und einsetzen. Schon beginnt die Vorfreude auf den Frühling.

Am Nachmittag dann eine erneute Runde Einwintern. Diesmal nur Reto und ich. Ausreissen, zurückschneiden, abräumen. Reto hat unsere Tulpenzwiebeln um die Akazie gesteckt.

Dass die schwarze Erde unter den Fingernägeln als "Trauerrand" bezeichnet wird, drückt meine Stimmung aus. Sie bezieht sich dieses Jahr nicht hauptsächlich auf den kommenden Winter. Ich trauere um unsere Welt, die längst ein Sturmwind erfasst hat. Niemand weiss, wohin wir geblasen werden, ob, wo und wie wir landen können.

Mittwoch, 18. November 2015

Einwintern

Ich kann es mir kaum vorstellen, dass es am Wochenende schneit bis in die Niederungen. Dass es Minustemperaturen geben wird. Die Vorstellung fällt mir schwer. Ausserdem haben wir "Meteo Schweiz" schon einmal vertraut - und dann gab es keinen verbreiteten Frost, wie sie gesagt hatten. - Trotz allen Unglaubens, Halbglaubens, Wenigvertrauens haben wir heute begonnen, unser Gärtchen einzuwintern. Letzten Rucola ernten und Pesto mixen. Letzte Kapuzinerblümchen in die Vase gestellt. Kaya geschrieben, dass sie morgen zur Arbeit aufgefordert ist: Ihr Gärtchen muss auch gerodet werden. Wäre schön, wenn sie ein paar Blumenzwiebeln selber stecken könnte, auf dass sie im Frühling staunt über Blühendes!

Dienstag, 17. November 2015

Wieder nach Hause gekommen

Kater Nepomuk nervt manchmal, weil er ein ganz grosser Bettler ist. Er streicht mir um die Beine, geht vor meinen Füssen mal links mal rechts. Ich fürchte, dass er mich zu Fall bringen könnte. Und doch - er ist ein "Schmuser". Er ist anhänglich und häuslich. Wie sehr ich ihn mag, habe ich gemerkt, als er gerade mehr als vierundzwanzig Stunden nicht nach Hause kam. Katze Peppina tut das öfters. Wir denken sogar, dass sie eine zweite Familie hat, wo sie auch gefüttert wird. Ist sie sich gewohnt von Pfarrers Köchin in Wassen. - Nepomuk also - überfahren, eingesperrt??? - Ich habe letzte Nacht nicht gut geschlafen. Wie war ich froh, als er heute Morgen wieder da war! Da bekam er ganz viel Streicheleinheiten und noch ein Häppchen und noch ein Häppchen. - Heute nun ist Reto "auf der Leutsch". Ich habe ihm schon mal einen Berliner gekauft als Belohnung, wenn er wieder nach Hause kommt.

Montag, 16. November 2015

Das schöne Wetter trügt

Ich habe das Tagebuch einer palästinensischen Friedensfrau fertig gelesen. Sie hofft ganz stark, dass ihre Enkelkinder Frieden in Palästina erleben werden. Dafür arbeitet sie unablässig. Hält Seminare ab in Palästina selbst vor allem für Frauen und bringt ihnen gewaltlose Friedensstrategien in Familie und Politik bei. Sie fährt wieder und wieder nach Europa, um ihre Anliegen zu vertreten. Sie ist mutig und entschlossen, obwohl sie soooo viel Leid sah und selbst erdulden muss. - Paris ist schrecklich. Syrien ist schrecklich. Die israelische Besatzung in den palästinensischen Gebieten ist schrecklich. Die Hoffnung aufzugeben, dass es besser werden kann, wäre am allerschrecklichsten.

Sonntag, 15. November 2015

Sprachlos!

Wer gute Worte zu Paris sucht: "Wort zum Sonntag" gestern Abend. Auf SRF 1 im Internet.

Samstag, 14. November 2015

Übersetzung

Ich will keinesfalls über die Walnussschalenrutschbahn - was für ein langes, schönes Wort - erzählen, die gestern erfunden werden musste. Sogar der Grosspapi musste in technischen Fragen zugezogen werden. - Ich will nur über den Süssmost berichten, den Enkelin Kaya sehr liebt. Im Moment haben wir ein Fünfliterpack von Biobauer Valentin Baumann kühl lagernd auf einem roten Stuhl im Freien. Kaya trat mit dem Grosspapi auf den Sitzplatz, um zu sehen, wie dieser das Hähnchen aufdrehte und der Süssmost in Kaya's Fläschchen floss. - Fragte das Kind: "Hat es noch mehr?" - Der Grospapi antwortete: "Noch etwa einen Liter. Sag du das dem Grosi." - Klein-Kaya verstand "Liter" nicht, aber den Sinn der Aussage sehr wohl. Sie übersetzte fürs Grosi: "Es goht no wiiter." (= es hat noch einen Liter.) - Nein, über die Walnussschalenrutschbahn kann ich nicht auch noch berichten.

Freitag, 13. November 2015

Unwissen

Da fällt mir doch der Kinnladen runter: Im Facebook behauptet eine Frau, die Reformierten hätten sich von der Leitkultur abgetrennt anno dazumal und hätten eine andere Religion gegründet, eine nicht-christliche. Reformierte seien also keine Christinnen und Christen sondern nur Reformierte. Die Dame geht dann sehr herablassend mit den Abgesprungenen um.

Ich war reformiert und wurde katholisch und bin heute eher "nichts". Aber es macht mich sternswütend, wenn Leute nichts wissen, nichts wissen wollen, aber alles Mögliche oder Unmögliche behaupten. Mit der gleichen Arroganz richten sie über Menschen anderer Kulturen. Ohne sich kundig zu machen. Ohne sich für die Schönheiten und Feinheiten der anderen im geringsten zu interessieren.

Donnerstag, 12. November 2015

Erinnerung und Sehnsucht

Ich behalte ja jedes Fitzelchen-Fetzelchen auf. Einerseits, weil man das alles noch mal brauchen könnte. Andererseits, weil mich an alles etwas bindet. "Etwas" heisst wohl, dass ich mich erinnere, wo ich das rote Papier gekauft habe, wofür ich es ursprünglich gebraucht habe. Ich erinnere mich daran, dass der Blüemlistoff eine selbstgemachte Konfi meines Schwagers dekorierte. Könnte doch ein Höschen für Kaya's Bäbi werden. Oder so.

"Ohne Erinnerung und Sehnsucht ist das Leben sinnlos." schreibt old Lady Jane Gardam, die mit 87 Jahren eine Romantrilogie fertig gestellt hat.

An Erinnerungen mangelt es mir nicht. Ich bewege mich gern in ihnen. Bin recht versöhnt mit dem, was war. Vieles war gut und sehr gut. Über dem Rest liegt Schweigen oder aber Hoffnung - dass ich nämlich noch das und jenes verstehen lerne, dass noch das und jenes abheilt. Ist wohl für jede und jeden so, wenn wir ehrlich sind. - Aber was ist mit der Sehnsucht? - Alles gehabt, nichts mehr nötig? - Zu vernünftig, um noch etwas zu ersehnen?

Die alte Dame, Jane Gardam, erinnert mich daran, dass ich bestimmt nicht die Hände in den Schoss legen möchte, solange noch so vieles möglich ist. Meine Sehnsucht geht dahin, meine Zeit zu füllen und nicht nur verstreichen zu lassen. Wie ist das mit den unzähligen TV-Sofa-Abenden, an denen ich unerfüllt zu Bett gehe? Ich tue nicht, was ich ersehne.

Mittwoch, 11. November 2015

Traumtag im Tessin

Ja, ja, ja, wir haben das GA wieder und nutzen es. Mit einigen anderen sind wir gestern nach Lugano gefahren. Und dann war es einfach nur wunderschön. Von den Ossi bucchi mit Safranrisotto auf den Tellern über den langen Spaziergang am See zu den riesigen Vermicelles und schliesslich dem kurzen Besuch in einer Papetterie, in der viel Selbstgemachtes verkauft wird. "Mein Mann ist Buchbinder" sagte die Deutschschweizerin, die mir die Karte mit dem "Gadereeteli" (= Rotbrüstchen auf Urnerisch) und die zwei Minicouvertli verkaufte. So einen Laden wünschte ich unserem Sohn Stefan! Aber eben, die Lage müsste stimmen, und das Handwerk muss gekonnt sein. "Nur mit dem Laden kämen wir nicht aus." bedauerte die Dame. "Wir beliefern noch viele andere mit Selbsthergestelltem." Tönt nach viel Arbeit!

Montag, 9. November 2015

Ausflug am Montag - never again

Aber sicher machen wir auch an Montagen weiterhin Ausflüge, wenn's passt. Nur nicht nach Stein am Rhein. Heute aber waren wir dort. Sehr wenig Leute. Sehr wenig Restaurants offen. Wir wollten endlich Burg Hohenklingen besteigen, aber zum Glück lasen wir vorher, dass zu ist. Könnten wir mit dem Schiff davon fahren? Wo ist der Schiffsfahrplan? Um die Ecke versteckt gefunden. Der Schiffsfahrplan von 2016. Die Saison ist zu Ende. Trost im Schoggiladen. Nach einem sauren Vermicelle - wer parfumiert die Kastanienwürmer mit Zitrone; schräg, sehr schräg - nahmen wir den nächsten Zug nach Hause. Nicht mal ein Reh entdeckte Reto auf der Heimfahrt. Nie wieder am Montag nach Stein am Rhein!

Sonntag, 8. November 2015

Restenessen am Sonntag

Gestern Abend hatten wir Besuch. Ich habe einen Apéro mit Gemüse und drei Dipssaucen gerichtet, noch ein bisschen Weichkäse mit Baumnüssen garniert. Es kam gut an, aber es gab Resten. - Reto hat einen "Suure Mocke" (Rindsbraten drei Tage gebeizt) geschmort. Dazu hat er ein Risotto genau auf den Punkt gebracht. Röselikohl und Rüebli setzten Farbakzente. Fein, sehr fein! Aber es gab Resten. - So werden wir heute ein Restenmahl geniessen und dabei gewiss noch über den gestrigen Abend reden, aber auch über den heutigen Tag und auf morgen vorausschauen. Resten schätzen, aber nicht bei ihnen stehen bleiben.

Samstag, 7. November 2015

Ferien spielen

Gehen und wieder kommen muss man lernen. Kaya übt in meiner Nähe. - "Tschau, tschau!" sagt sie zu mir, wenn sie geht. Und: "Dänn gsehsch mi nümme, wenn ich i de Ferie bi." - Natürlich bedaure ich das lautstark - und schon kommt sie wieder. "Jetz gsehsch mi wieder. Da bin ich." - Und dies zwanzig und mehr mal. Wehe, wenn ich nicht adäquat reagiere! Mein Text muss sitzen. Einfach bloggen, das geht nicht. Muss ... Bis morg...

Freitag, 6. November 2015

Äufnen

Wer hat mir als Kind Geschichten erzählt? - Der Wind, der Wind. - Wer hat meinen Wortschatz geäufnet? - Die Erdkrume, das Katzenbaby, die Blätter am Baum.

Heute sprach klein -Kaya aus dem Kinderwagen dies bedeutende Wort: "Alle Bäume sind kahl." - Mir verschlug es meine abgebrühte Sprache. Das Wort "kahl" habe ich bestimmt in der vierten, fünften Klasse Primarschule kennen gelernt, als unser Lehrer, Paul Rüegger, polterte, wir dürften im Aufsatz nicht immer schreiben "schön, schön, schön". Es gäbe präzisere Adjektive. Allerdings mahnte mein Journalisten-Götti, Adjektive sollte man äusserst sparsam verwenden. Ansonsten werde die Schreibe blumig.

Fast bin ich sicher, aber nicht ganz, dass Kaya das Wort "äufnen" nicht versteht oder verwendet. Kennt es ja nicht einmal mehr mein Duden, nicht einmal mein 24bändiges Lexikon. Ich bin mir gar nicht sicher, dass man mich heute noch versteht.

PS. "äufnen" bedeutet ansammeln, mehren


Donnerstag, 5. November 2015

Einmal rundum

Ich habe meinen Mittagskaffee unter dem beinahe entblätterten Ahorn getrunken. Die Sonne war da und ist da. Der Ginkgobaum von Nachbars - welch ein gelbes Leuchten! Ich habe alles getan, was ich tun konnte: Ringelblumen geerntet und in Öl eingelegt für spätere Salbe. Rosenblätter "hampfele"weise (Hände voll) eingebracht für spätere Meersalz-Rosenbäder. Kapuzinerli gelb und orange in Sektglas gestellt für ... - für nichts Besonderes. Weil sie schön sind und mich am Abend an die Sonne des Tages erinnern. Ich vergesse ja so schnell. Vergesse sicher bald, wie es sich anfühlt, mich an der Sonne stehend rundum zu drehen. Gaaaaanz laaaaangsam, dass jeder Körperteil sich wärmen kann. Warmer Rücken, Warme Hüften. Warmer Bauch. Warmes Herz. Bis die kalte Nacht aufsteigt. So schnell vergesse ich.

Mittwoch, 4. November 2015

Heute ist "Rääbeliechtli-Umzug"

Wie sich alles unendlich wiederholt. Rääbeliechtli bei den eigenen Kindern und jetzt also mit Kaya. Sie kann das Lied zum Anlass selber singen, und sie freut sich aufs Mitlaufen heute Abend. Bleibt nur, dass wir unsere zwei Räben beschneiden. Ich darf auch, was neu ist. Bei unseren Kindern war das den Vätern vorbehalten. Von den Kindergärtnerinnen so bestimmt. Das Stöhnen hör ich noch: "Muss das sein?!" - Es musste, aber jetzt ist alles freiwillig. Wir tun es nicht einmal für Kaya - wir tun es für uns. Aber "Rääbebappe" (Räbenbrei) ess ich nicht, nein, ess ich nicht, niemals mehr!!!

Dienstag, 3. November 2015

Wenn ein Philosoph Notizen macht

Dank der Bibliothek lese ich Bücher, die ich mir niemals kaufen würde. - Was schreibt ein Philosoph vor sich hin, wenn er sich nur Notizen macht? - Ich lese "Zeilen und Tage" von Peter Sloterdijk. Manchmal verstehe ich seitenlang nichts oder nicht viel. Gelegentlich drifte ich in Gedanken ab, weil mich nicht packt, was der Mann zu Ödipuskomplex, Freud und Sexualität von sich gibt. Halt ein Mann! Und wo bleibt Sloterdijiks Alltag? Sitzt der Mensch dauernd am Pult und denkt und schreibt, mal unterbrochen von Ehrungen in aller Welt, die er einheimst? Er ist ja in meinem Alter. Muss man ernten, was man gesät hat. Dazu ein Zitat von Seite 150:

"Das Prinzip des höheren Lebens ist übender Fleiss. Geboren sind wir schon, zur Welt kommt nur, wer sich vorwärts arbeitet."

Ein anstrengendes Leben führt der Herr Philosoph. Noch ein Zitat:

" Keine Rechtszusage hält dich am Leben, es ist nur deine eigene von Tag zu Tag erneuerte Unverfrorenheit, die dich weiter auf dem Posten bleiben lässt."

Mich halten ausserdem Spass, Freude, Genuss und  Beziehungen auf dem Posten. Gestern habe ich das Kinderlied "I ghöre es Göggli" umgedichtet. Ganz weltlich. Ohne "Glöggli", das ja die "Betzeitglocke" meint, die zum Abendgebet ruft. Dafür bekomme ich keine Lorbeeren.


Montag, 2. November 2015

Und dann kam die Sonne

Ich warte heute morgen darauf, dass sie wieder kommt, die Sonne. Gestern hat sie auf einen Schlag alles anders gemacht. Aus Lustlosigkeit wurde überschäumende Freude. Zum "Bäumli" hinaufzusteigen war trotz Rückenweh ein Bedürfnis. Und siehe, auch der Rücken wurde warm und streckte sich wohlig im Sonnenschein. Weil (fast) alle Bänkli besetzt waren, "mussten" wir zur Terrasse des Restaurants Goldenberg weitergehen. Dort war "tout Winterthur", trank Süssmost und ass Vermicelles. Letzteres wir auch. Und wir sassen an der Sonne, bis sie unterging.

Heute lese ich Ingeborg Bachmanns Gedicht "An die Sonne", während Reto seit Stunden unterwegs ist, um die Walliser Sonne zu geniessen.

Sonntag, 1. November 2015

Drei Essen, zwei Geburtstage nicht vergessen

Eine Seite wenden in der Agenda - was ist im neuen Monat schon alles vorgemerkt? - Drei Essen und zwei Geburtstage, die nicht vergessen sein wollen. - Ist dies die grosse Freiheit der Pensionierten oder schon eher ein Angstszenarium? Huch, wie füllen wir die Tage?

Aktiv im Alter bedeutet eben auch, dass man sich die Agenda selber füllen muss. Bei uns ist es so, dass wir genug Ideen hätten, es aber bei der Ausführung oft harzt. Wir wissen, dass die Sonne in der Höhe scheint, aber wir wollen nicht in überfüllte Züge steigen. Wir lieben es, mit anderen am Tisch zu sitzen, aber wer von uns zweien greift zum Telefon. - Ich erinnere mich an meinen Götti im Alter, der sich zu nichts mehr aufraffen konnte. Der sagte: "Ich habe auf dich gewartet."

Es kommt wie es kommt. Es novembert.