Gestern Abend eine grosse Diskussion über "die Frau in der Kirche" in kleiner Runde am Familientisch. Reto nicht zu Hause. - Nicht die erste und nicht die letzte solche Diskussion. Aber ich habe nachher nicht geweint. Ich kann stand halten.
Mir ist Tschensaeng in den Sinn gekommen, die Frau aus Laos. Ich bin zehn Jahre lang fast jeden "Fleitagmorgen" zu ihr gegangen, um ihr das Lesen beizubringen. Sie hat nicht lesen gelernt. Aber wir haben zusammen für ihre Kinder "Härdöpfustock" gekocht, weil diese das auch einmal essen wollten zu Hause. Und Reto und ich haben im Gegenzug bei ihnen auf dem Boden laotische Gerichte gegessen. Der Mund brennt beim Erinnern.
Tschensaeng konnte sich als Frau nicht wehren, und doch gelang es ihr, einigermassen zu sorgen für ihre Kinder. Ein Höhepunkt war es wohl, als wir zusammen zur Bank gingen und ein Konto für sie allein eröffnet haben, an das ihr spielsüchtiger Mann nicht heran konnte. Vorher hatten wir ein paar "Fleitage" mit dem Satz begonnen: "Ich bin eine "Flau"." - Ich mache mich nicht lustig über die laotische Frau, die das "R" nicht sagen konnte. Ich höre sie einfach gern in meiner Erinnerung so wie sie eben sprach.
Ich bin eine "Flau" oder eine Frau. - Tschensaeng hat einen weiten Weg gemacht von den Reisfeldern in Laos nach Winterthur und bis zu ihrem eigenen Bankkonto. Und ich mache immer noch einen weiten Weg von der jungen Frau, die noch kein Wahl- und Stimmrecht besass zur Zeit ihrer Volljährigkeit hin zu der alten Frau, die aufsteht und für volle Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern einsteht. Ich bin eine Frau.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen