Die letzten Tage war ich besetzt von dem einen und einzigen Gedanken, dass Reto und ich uns gezwungen sahen, nach gut 20 Jahren zur Zeit von Bischof Haas "schon wieder" nach Chur zu pilgern, um für "unsere" Kirche einzustehen.
Wir fuhren bei allerschönstem Winterwetter mit dem Zug über den Oberalppass, sahen unterwegs das Kloster Disentis und das Kloster Ilanz und all die Kirchen in jedem Dorf. Wahrscheinlich aber hat nicht mehr jede Pfarrei ihren Pfarrer. Die Zeiten ändern sich.
Wir kamen frühzeitig in Chur an und setzten uns in ein Kaffee. - Ich wollte bald los, sehen, wie die Leute hoffentlich kommen. Reto mahnte zur Ruhe: "Wir sind noch früh."
Dann brachen wir auf. Aufwärts zur Kathedrale. Unterwegs Eltern mit Kindern. Leute in Schneekleidung. Wenig Menschen überhaupt. Ich frage meinen Mann: "Was meinst du, wieviele kommen?" - "Wenn wir hundert sind, bin ich zufrieden." sagt er. Ich befürchte, dass es nicht einmal hundert sein werden.
Dann treten wir in die Kathedrale ein. Sie ist voll; wir finden in der hintersten Bankreihe noch zwei Plätze, und es ist immer noch früh. Wir sind überwältigt und in der Seele froh, dass wir da sind, und dass all die anderen auch da sind. Markus Heil sagt, dass wir niemand allein lassen. Dass wir aus Solidarität vielleicht noch oft zusammenkommen müssen. Fünf Jahre lang, zehn Jahre lang, zwanzig sogar. Aber wir werden unsere Verantwortung für unsere Kirche und füreinander wahr nehmen.
Wir feiern gemeinsam. Endlich glaube ich, dass wir wirklich auf einer Wallfahrt sind. Am Schluss ziehen wir Sechshundert mit brennenden Kerzen aus der Kathedrale aus. Was macht es, dass Generalvikar Grichting und Bischofsprecher Gracia uns wie "Gschmeiss" (=lästige Insekten) behandeln. Seinen Stick mit Belehrungen für das dumme Volk verschmähen wir, ebenso seinen Glühwein. Dafür treffen wir viele, viele alte Bekannte - oft solche, die vor gut zwanzig Jahren auch schon dabei waren. Wir hüten gemeinsam unsere Kirche.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen