Einmal im Jahr gehen wir nicht nur zum Apéro zur Schloss-Schenke - wir essen dort Zmittag. Reto liebt die grillierte Schlosswurst sehr. Dazu gab es heute je ein Einerli Roten. Reto vom Hegemer, ich vom Barbera. Unter den Bäumen war kein Platz mehr frei, aber im luftigen Zelt war es auch gemütlich. Sogar da hörte man das gelbe Motorflugzeug vom nahen Flugplatz Hegmatten. Und ja, die Wurst war sehr fein, aber auch sehr heiss.
Sonntag, 31. August 2025
Samstag, 30. August 2025
Iss auf!
Dieser Imperativ steckt seit Kindertagen in jeder Faser meines Wesens und meines Körpers. Iss auf! Mach es fertig! Deshalb gibt es heute, wo Reto weg ist, für mich Brotsuppe. Deshalb habe ich fünf Löffelchen Holunderkonfi aufgegessen; das Gläschen ist schön leer.
Auf-essen, auf-räumen gehören ins gleiche Kapitel für mich. Mach es fertig! Bring alles in Ordnung! Darf nichts übrig bleiben! - Als ob man/frau das könnte! Leben ist doch eigentlich Chaos, das sich ständig erneuert.
Ich will einen neuen Blick auf das Thema etablieren: Vor das Auslöffeln schiebe ich die Frage: Macht es mir Freude oder gehorche ich dem Imperativ? - Fünf Löffelchen Holunderkonfi - jaaa, mmmhh! Zuerst aufräumen, dann an die Sonne? Sicher nicht! Jetzt ist Apéro-time für mich! An der Sonne!!!
Freitag, 29. August 2025
Heute gehe ich aus
Ich fühle mich ganz aufgeräumt. Beschwingt. Heute Abend treffen sich die "Ganz Wunderbaren Menschen" (GWUM) in Thalwil bei Moni. Ich lerne die Märchenbibliothek kennen und sehe meine Studienfreund*innen. Sieben an der Zahl sind wir, die dazu gehören. Ich werde zeitig gehen, so dass ich noch durch Thalwil flanieren kann. Was ich wohl alles erleben werde?
Donnerstag, 28. August 2025
Meine Kartoffelernte
Gestern war es trocken, und die Sonne schien. Ich habe meine 890 Gramm Kartoffeln aus dem Pflanzkübel gebuddelt. (Fast) jedes Jahr setze ich drei Kartoffeln mit kurzen Trieben in die Erde. Pure Nostalgie! Als Kinder haben wir jedes Jahr in den Frühlingsferien in der Finsterthüele "ghärdöpflet" (Kartoffeln gesetzt). Hand in Hand mit der Grossmutter. Sie hat gezeigt, wie die Abstände von Kartoffel zu Kartoffel sein mussten. Wir haben gelegt, die Erwachsenen haben zugedeckt und angehäufelt. Pure Nostalgie!
Mittwoch, 27. August 2025
Der Mittwoch ist mein Tag
Das beginnt beim Morgenessen. Reto will meinen Teller abräumen, dabei habe ich mein "Houderegomfi-Schnitteli" (Holunderekonfitüre-Brot) gar noch nicht fertig gegessen. Ich bestehe auf meinem Tempo und fühle mich dabei voll in Ordnung (nicht doof, weil langsam).
Ich lasse das Zmorge-Geschirr stehen; ich will zuerst mein Basilikum-Salz aufmischen. Es soll trocknen auf dem ausgebreiteten Küchentuch.
Ich hole Putzessig vom hohen Badzimmerschränkli. Nicht mit dem blöden weissen Hocker, der mich kürzlich abgeworfen hat. Ich trage einen guten, schweren Stuhl ins Bad. - Na, auch erledigt. Stuhl zurück am Pult. - Jetzt will ich ans Geschirr.
Am Abend ist Reto im Kirchenchor, und ich mache TV-frei. Self-care! Ein duftendes Vollbad. Kleider für morgen aussuchen. Lesen. Mein Mittwoch!
Montag, 25. August 2025
Über den Sommer
Heute sind unsere beiden Mädels wieder zum Mittagessen gekommen. Über den Sommer sind aus Kindern Jugendliche geworden. Uuu-lange Beine und überhaupt - sie wachsen mir über den Kopf. Aber das ist nicht alles: Sie sprechen anders. Sie bewegen sich anders. Sie sind neu. Ich muss sie neu kennenlernen. Reto und ich empfinden es als Privileg, ihren Gesprächen unter Freundinnen zuhören zu dürfen. Wir erfahren, wie es in der Schule zugeht. Wie eine Geburtstagsparty vorbereitet wird. Wie sie kommunizieren - über Mamis Handy oder das eigene. Dass in der Kochschule zubereitete Ofenkartoffeln sogar der jungen Dame schmecken, die sonst Kartoffeln nur als "Pommes" mag. Aber "bhüetis", die Grossmutter soll sich dennoch nicht einfallen lassen "Härdöpfustock" zu machen! - Die Zähne putzen die beiden immer noch ziemlich schludrig. Nicht ladylike.
Sonntag, 24. August 2025
Mein Jahrbuch 1949
Braucht der Mensch eine Chronik des Jahres, in dem er geboren wurde? - Das versuchte ich heute Morgen ab sechs Uhr herauszufinden. Senile Bettflucht. Die Zeit nutzen. - Ich blätterte also das schöne Buch, das ich zu einem Geburtstag geschenkt bekommen hatte, Seite um Seite durch. Leider sehr Deutschland lastig. Aber ich bekam ein Gefühl für die Zeit, aus der ich komme. Nachkriegskind, aber in Deutschland waren die Trümmer längst noch nicht weggeräumt. Wohnungen fehlten ob all der schrecklichen Zerstörung. Israel war ein Jahr alt und musste sich wehren gegen die umliegenden arabischen Staaten, welche diese Staatsgründung vehement ablehnten. Mao ergriff in China die Macht. - In die Ferien fuhren nur ganz wenige, die es sich leisten konnten.
Ich wurde 1949 geboren. Sehr lange wusste ich nicht, dass mein Vater im Krieg in Basel unsere Grenze verteidigt hatte. Für mich als Kind war die Welt in Ordnung, und sie wurde immer besser. Wir konnten uns Ferien leisten, als ich in die fünfte Klasse ging. Aber nach meiner morgendlichen Chronik-Lektüre ist mir klar, dass mein Vater und ich nicht aus derselben Zeit kamen. Es ist gut, sich hie und da zu fragen, woher man kommt. Woher die anderen kommen. Aber das ganze Buch mit all seinen Details brauche ich nicht mehr. Markante Seiten habe ich heraus gerissen; der Rest ist Altpapier.
Samstag, 23. August 2025
So viel zu Nachhaltigkeit
Gerade noch hatte ich einen nachhaltigen Kleiderversand: Waschbär nannte er sich. Ein paar Jahre lang habe ich ab und zu, wenn ich genug Kleidergeld hatte, bestellt, was mir gefiel. Lieblingsstück war mein weinroter Wintermantel. Ich habe ihn getragen, bis er fast auseinander fiel. So kuschelig warm und erst noch nachhaltig! - Aber jetzt musste Waschbär Insolvenz anmelden. Überlebt nicht. Zu wenig KundInnen. Das betrübt mich.
Freitag, 22. August 2025
Meine Jeans fordern mich
Ich bin stolz auf mich: Ich habe Jeans von "Circular Vision 360°" gekauft. Das Versprechen ist, dass mindestens 20 % meiner "neuen" Jeans aus recycelten alten gefertigt wurde. Das entspricht meinem Denken zu Nachhaltigkeit. Freue mich. Die Welt hat neue Ideen.
Aber hallo, frau nimmt etwas in kauf mit "Circular Vision 360°". Meine "neue" Jeans reisst da und dort und dort auf. Zum Beispiel dort, wo die Taschen aufgenäht sind. Auch vorn neben der Gurtschlaufe. - Was tun? Enttäuscht sein und die Jeans entsorgen? - Meine Kreativität ist gefordert.
Ich nähe Stöffchen über die maroden Stellen und erfreue mich weiterhin an den neuen, alten Hosen. Die werden wohl immer spezieller werden. Passt!
Donnerstag, 21. August 2025
Nichts und alles
Reto ist notfallmässig Herr Präsident vom Kirchenchor, und ich bin nichts. Ich bin überaus gerne nichts. Bar aller Rollen und Titel und Funktionen. Nicht einmal Kräuterhexe will ich sein und schon gar nicht "Lismitante" (Strickfrau). Auch keine Leseratte und keine "Gute Köchin". Dass ich einstmals Theologin war, habe ich schon fast vergessen.
Ich tue das alles gern - Kräuter sammeln und wissen, wofür sie gut sind; warme Sachen stricken und mich darin einkuscheln; Bücher lesen und meinen Horizont erweitern; fein kochen und all die Düfte und Geschmäcker in der Küche einsaugen und Reto beim Kreuzworträtseln unterstützen mit den Namen der biblischen Propheten. Das alles tue ich gern, aber es definiert mich nicht. Ich bin nichts und kann alles sein, was ich gerade sein will.
Mittwoch, 20. August 2025
"Houderegomfi"
In Dänemark habe ich mit Kaya zusammen Mirabellen- Konfitüre gekocht. Schade, dass ich nur ein Glas voll mit nach Hause nehmen konnte. Mein Gepäck war auch so verboten schwer für eine Sechsundsiebzigjährige. Das kommt (auch) davon, dass ich in die Ferien immer so viel "für alle Fälle" mitnehmen muss: Kann ich zu Hause schon wissen, ob ich lismen, basteln oder nur lesen will! Kann ich wissen, ob es kalt oder heiss wird! Kann ich wissen, ob mich Mücken stechen oder ich den Fuss verknackse. "Für alle Fälle " nehme ich alles mit, obschon ich mir Jahr für Jahr vornehme: Diesmal nehme ich ganz wenig mit!
Die Mirabellen fielen uns sozusagen vor die Füsse, so, wie zu Hause die Holunderbeeren. Die Natur ist grosszügig. Manchmal. Jedenfalls habe ich drei Gläschen "Houderegomfi" eingekocht anstelle von mehr Mirabellen. Jetzt weiss ich am Morgen nie, ob gelb oder dunkelblau aufs Brot.
Dienstag, 19. August 2025
Ein Leben lang
Sie geht seit zwei Tagen in die Sekundarschule, und ich denke an meine Zeit in der Bezirksschule in Zofingen zurück. "Sie" ist unsere Enkelin, die sich seit einiger Zeit unglaublich in die Höhe streckt. Und es ist ja nicht nur die Grösse - sie verändert sich auch sonst rasant. Ob sie das selbst auch merkt? Nein, kein Kind mehr; sie ist eine Jugendliche ganz klar. Ihre Art zu sprechen, sich zu bewegen, sich zu verselbständigen - alles neu und noch ungewohnt. - Ich denke an meine Jugendzeit, die unterdessen unendlich weit zurückliegt. Und doch ist sie in mir. Ungetilgt. Wie auch mein Kindsein in mir ist. Meine Zeit als junge Erwachsene. Als Frischverheiratete. Als junge Mutter. Und, und, und (wie unser Freund Ernst Z. zu sagen pflegt). Wir verändern uns ein Leben lang. Wir bleiben die Gleichen ein Leben lang.
Montag, 18. August 2025
Unglaublich: schon 17 Uhr 37
Reto und ich waren gut zwei Wochen in Dänemark in den Ferien. Das Wetter war zuerst kühl, regnerisch, wechselhaft. Aber gegen den Schluss hin wurde es schön - und warm genug, um einmal schwimmen zu gehen im Meer. Unsere Tochter Judith mit Familie samt Yumi, der Hündin, war auf demselben Campingplatz in Nyborg am Grossen Belt, der Meeresstrasse zwischen der Insel Fünen und der Insel Seeland. Wir waren auf Fünen. Im Hintergrund sieht man die Strasse übers Meer.
Es waren wunderbare Ferien mit vielen Erlebnissen; ich bin ganz voll davon. Aber jetzt ist es Montag und schon 17 Uhr 55. Keine Zeit mehr zu schwelgen. Später am Abend ist Feldenkrais; muss mich bereit machen.