Mittwoch, 30. April 2014

Sätze eines 83-Jährigen (Fritz J. Raddatz, Verleger, Schriftsteller)

Ich beschäftige mich womöglich allzu sehr mit meinem Altwerden. Aber was vor mir liegt, will ich rechtzeitig bedenken. Deshalb lese ich auch gern von anderen älteren Herr- und Damenschaften. Diesmal wieder im Tagesanzeiger-Magazin (17/ 2014). Hier ein paar "drollige" Aussagen von dem streitbaren, selbstironischen Herrn Raddatz:

  • Je älter man wird, desto besser war man früher.
  • Ich gebe keine Einladungen mehr, mein Telefonbüchlein ist voll mit Toten.
  • Viele Alte wirken, als sässe ihnen der Kopf falsch herum auf den Schultern, sie schauen zurück statt nach vorn.
  • Das eigentlich Dramatische am Alter ist der rapide auf null gehende Neugierpegel.
  • Dürrenmatt empfahl, das Leben als Komödie zu sehen, aber der Mann war, wie wir alle wissen, etwas dumm. Man kann manches grauslich komisch finden, aber das Leben ist keine Komödie.



Dienstag, 29. April 2014

Ein letztes Mal...

Nochmals, aber zum letzten Mal, "Die Liebe in den Zeiten der Cholera". - Ich habe das Buch mit ungläubigem Staunen zum zweitenmal fertig gelesen.

Florentino Ariza liebt Fermina Daza ein Leben lang. Davon 53 Jahre lang von Ferne, aber unbeirrt. Und sein grösster Wunsch erfüllt sich, wenn auch sehr spät, dass seine Liebe erwiedert wird. Und sie wird es auf einem Flussschiff. Zu den Zeiten der Cholera (=Pest) hissen sie auf dem Schiff die Cholera-Flagge und können dann nicht mehr an Land. Aber das wollen sie auch gar nicht, weil sie an Land ihre Liebe nicht zu leben wüssten, auf dem Schiff aber schon:

" Das Fest auf dem Wasser hatte ein eigenes Dach. In jener Nacht stieg Fermina Daza unter den Ovationen der Mannschaft in die Schiffsküche hinunter und kreierte für alle ein Gericht, das Florentino Ariza für sich Liebesauberginen taufte.

Tagsüber spielten sie Karten, assen bis zum Platzen und hielten steinerne Siestas, aus denen sie erschöpft erwachten, kaum aber war die Sonne untergegangen, liessen sie die Kapelle aufspielen, assen Lachs und tranken über den Durst hinaus Anissschnaps.

In einigen Dörfern wurden barmherzige Böllerschüsse für sie abgegeben, um die Cholera zu vertreiben, und sie dankten mit einem traurigen Tuten.

Der Kapitän fragte: Was glauben Sie, wie lange wir dieses Scheiss-Hin-und Zurück durchhalten können?" - Florentino Ariza sagte: "Das ganze Leben."


Montag, 28. April 2014

Mit dem ganzen Gewicht


Dieses kleine Büchlein habe ich nachträglich zum Geburtstag geschenkt bekommen. Auf  22 Doppelseiten zeigt es mir in Wort und Bild, worauf es ankommt, dass mein Leben glückt. - Es beginnt mit der Schwerelosigkeit. Mit der Leichtigkeit eines Schmetterlings soll ich durch das Leben schweben. (Ist ein bisschen schwierig mit meinem Gewicht, das ich keinem verrate.) - Sehr gut gefällt mir der Vergleich der Welt mit einer Schatztruhe. Es wird mir verheissen, dass ich täglich Schönes entdecken kann. (Augen auf, Herz, Mund und Ohr! Ja, ich bin auch der Meinung, dass es sich lohnt, Schönheit zu suchen und zu finden. Schon in der Bibel heisst es: "Wer suchet, der findet!") - Was mir enorm auffällt in den Tagen des Regens (heute ist der zweite, und es kommen noch mehr.): Auf allen 22 Seiten des Büchleins ist gutes Wetter. Überall ist es trocken, noch wo von dunklen Stunden die Rede ist. - Ein bisschen einseitig, das Büchlein. Ein bisschen Schönwetterpsychologie. Da bleibt mir nur "in mir selbst zu ruhen", wie die letzte Doppelseite rät. Mit so einem hübschen, kugelrunden Kauz auf einem dicken braunen Ast. So lasst uns ruhen - in uns selbst. Mit unserem ganzen Gewicht.

Sonntag, 27. April 2014

Sauwetter

Das Wetter ist ein unerschöpfliches Gesprächsthema. Für uns kommt zurzeit dazu, dass Tocher Judith mit family in den Ferien weilt. Und da werden wir ganz und gar altruistisch; nicht unser Wetter ist wichtig, sondern ihr Wetter. Aber wir können die ganze Schweiz meteorologisch absuchen, wie wir wollen, ausser Montag und Dienstag trocken mit Sonne, aber kühl in der Westschweiz, gibt es keinerlei gute Nachrichten an der Wetterfront. Auf dem Zeltplatz mit einem kleinen Kind ist es bald einmal so, dass die Ferienlaune den Bach hinunter geht. Judith jedenfalls hat schon genug von einem Regentag. Und ich weiss genau, von wem sie das hat, sitzt doch unweit von mir ein etwas verstimmter Ehemann auf dem Sofa vor dem TV. Er hat schon so genug von diesem überaus garstigen Wetter. Es könnte jetzt endlich einmal besser werden. Und überhaupt. - - - War es nicht gestern recht schön, und wir konnten auf dem Sitzplatz unser Mittagessen geniessen und später den Apéro bei Freunden auf deren Sitzplatz?! - Hat mein Ehemann schon vergessen. Heute ist ein Sauwetter!

Samstag, 26. April 2014

Was ist Wirklichkeit?

Ich lese, seit ich auf Weihnachten 1956, noch in der ersten Klasse der Primarschule, das Buch "Die fünf kleinen Igel" bekommen habe. - Ich lese und lese - und lese in meinem Rentnerin-Status noch mehr als zuvor. (Ich will mich nicht in unserem kleinen Rentnerbiotöpchen genügsam einrichten, sondern an die Welt angeschlossen bleiben. - Da hilft das Lesen.)

Am liebsten lese ich, was Menschen von sich erzählen. Möglichst ehrlich und offen - authentisch, wie sich das nennt. (So möchte ich gern auch selber schreiben.)

Ich bin keine Blocher-Anhängerin. - Das ist kein Geständnis, sondern eine nüchterne, erprobte Feststellung. Aber gerade habe ich im "Tagi-Magi" vom 25. April mit Interesse einen ehrlichen und offenen, eben authentischen Artikel "of himself" gelesen, in dem er sich der Frage stellt: "Wer oder was hat uns geprägt?" - Seine Antwort lautet nach vier Seiten  der persönlichen Ausführungen: "Es war die Fülle des Lebens - eben die Wirklichkeit."

Wirklichkeit?? - Diese beurteilen Herr Blocher und ich dann aber doch sehr unterschiedlich.

Freitag, 25. April 2014

Wenn man nicht mehr zweimal täglich die Mails abfragt

Ich bin ja nicht mehr so gefragt, war es vielleicht nie, aber es machte den Anschein, als ich noch berufstätig war. Jetzt brauche ich kaum mehr ein Nantel. Der Festnetzanschluss läutet für Reto, wenn er läutet. Das macht nix. Kann mich ja selber melden, wenn ich eineN hören will.

Wenn ich dann aber doch ein Mail bekommen habe, kommt es mir zu spät unter die Augen. So heute, wo ich dem Mail von gestern begegne und deshalb zweimal in die Stadt reise. - Am Morgen Wochenendeinkauf auf dem Markt und Bücher holen in der Bibliothek. - Heute Nachmittag gehe ich dann nochmals los, weil meine Freundin gestern gefunden hat, ich könne ja die Bibliliothek mit einem Kaffeeklatsch mit ihr verbinden.

Wie gesagt, ich habe das Mail gestern nicht gesehen, aber diese verrückte Frau ist schon losgereist nach Winterthur. Hilfe, ich muss den Fahrplan konsultieren...

Donnerstag, 24. April 2014

Nochmals Gabriel Garcia Marquez

Der Sommer ist da - ich fühle mich neugeboren. Im Garten wächst die Minze so überbordend, dass ich auf der Suche bin nach Pfefferminzrezepten. Die Salbei wird sich nächste Woche zu "Müslichrütli" oder Salbeimäuschen hergeben müssen. Der Schnittsalat kann geschnitten oder gepflückt werden (was ist der Unterschied zwischen Schnitt- und Pflücksalat?).

Morgen gehe ich wieder einmal in die Stadtbibliothek, obschon "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" noch nicht ausgestanden (ausgelesen) ist. Einem Satz bin ich gestern in besagtem Buch begegnet, der zum neuen Sommergefühl passt:

"Der Onkel war noch darüber verärgert, wie Florentino Ariza die gute Stellung eines Telegrafisten in Villa de Leyva ausgeschlagen hatte, liess sich dann jedoch von seiner Überzeugung leiten, dass die Menschen nicht immer an dem Tag geboren werden, an dem ihre Mütter sie zur Welt bringen, sondern dass das Leben sie dazu zwingt, sich noch einmal oder auch mehrere Male selbst zu gebären."

Das ist wirklich ein einziger Satz!

Mittwoch, 23. April 2014

Ruhm, Tod und Gestank

Gestern ist Gabriel Garcia Marquez zu Grabe getragen worden. Der Literaturnobelpreisträger von 1985 ist mit 87 Jahren gestorben. Er war schon lange krank und dement. Aber in Mexiko, wo der Kolumbianer wohnte, ist drei Tage Staatstrauer ausgerufen worden. - Ein Grosser, so es das gibt, ist gegangen.

Ich bin daran, sein Buch "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" zum zweiten Mal zu lesen. Ich habe damit angefangen, bevor der Dichter plötzlich in allen Zeitungen ist. Das Buch ist ärgerlich von den Figuren her - Reiche, Schöne, Seltsame, Sexhungrige. Auch die Geschichte ist "kurlig". Aber die Sprache, die der Mann hat! Wie genau er beschreiben kann, Atmosphäre herstellen kann - grossartig!

Und vor lauter Schwärmen sind mit jetzt die Makrönchen im Ofen verbrannt. Gerade hat Reto noch gesagt: "Mmmmh, riecht das gut!" - Jetzt stinkt es.

Dienstag, 22. April 2014

Unbedingt gucken, wer kann

Unser Sohn hat uns richtiggehend bedrängt: "Seid ihr jetzt im Kino gewesen? - Was, ihr habt "Neuland" noch nicht angesehen?! - Jetzt geht endlich, sonst läuft er nicht mehr! Der Film wird euch gefallen, auch wenn er hart ist..."

Gestern Abend sind wir in "Neuland" gewesen, und wir reden heute noch die ganze Zeit davon. Geht ihr alle auch, wenn ihr noch nicht wart! Der Film ist äusserst sehenswert.

Mehr Infos hier: www.srf.ch/kultur/film-serien/neuland

Es geht um junge Migrantinnen und Migranten und ihren Lehrer in der Integrationsklasse. Die jungen Menschen, die unter Einsatz von Mut und Geld (manchmal von der ganzen Sippschaft im fernen Ausland) die Schweiz erreicht haben, bekommen gerade mal zwei Jahre Zeit, um sich fit zu machen für ihr Berufsleben hier bei uns - sofern sie überhaupt bleiben können.

Ja, der Lehrer ist toll. Genial. Sollte es mehr geben. Aber die jungen Menschen leisten ebenso oder noch mehr Unglaubliches. Sie müssen ja nicht nur deutsch und schweizerdeutsch lernen, sondern sich in einer anderen Kultur zurechtfinden und erst noch ihre Lebensgeschichte verarbeiten. Das ist sehr hart und geht an die Nieren. Und die Einsamkeit, die den einen oder die andere umgibt - kaum auszuhalten.

Ein Film ist ein Film. Aber diese jungen Menschen leben ja mitten unter uns. Nicht nur in Basel. Auch allerorten. Gehen sie uns etwas an? - FILM SCHAUEN und nachher antworten!

Montag, 21. April 2014

Familie

Mit dem Rückzug ins Privatleben bekommt die engere Familie wieder eine sehr grosse Bedeutung, und ausser den Freuden wachsen auch die Ängste. Heute beim Morgenessen habe ich mich entschieden, mit Ehemann Reto darüber zu reden. Und siehe da - es geht ihm genau gleich. Angst, dass eines krank werden könnte, gar sterben. Angst, dass nicht alle gut aus den Ferien zurückkämen. - Es ist die Kehrseite der Liebe, sagt mein Mann, und er hat recht.

Gibt es Strategien, der Angst zu entkommen? - Gibt es wohl nicht, aber man ist verpflichtet, sich so gut wie möglich selbst zu leiten. Sich Aufgaben zu setzen, die Tage sinnvoll zu gestalten. - Der Papst hat für den Frieden auf der Welt gebetet. Das genügt nicht, der Friede will gelebt, getan werden. Im Kleinen wie im Grossen. Sich selbst leiten heisst immer auch sich selbst hinterfragen. Und sich entwickeln. Man kann sich wohl nicht gross ändern, aber klein schon. - Ich habe wieder das Büchlein zur Hand genommen, das mir meine Schwester geschenkt hat. Die Hundertjährige hat ein Gedicht zur Familie drin:

Familie

am Tag
als Sohn und Schwiegertochter stritten
verdunkelten Wolken
den Himmel

am Tag darauf
als Schwiegertochter sagte:
Mutter verzeih den Kummer
den wir dir machten
umfingen mich
Sonnenstrahlen

Wir gehören zusammen
möge der Himmel
über unserer kleinen Familie
stets wolkenlos sein

Sonntag, 20. April 2014

Zum erstenmal seit uuuu-vielen Jahren

Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann ich an Ostern zum letztenmal nicht arbeiten musste/durfte. - Ich erinnere mich aber sehr gern an Ostern vom letzten Jahr, wo wir z.B. in Göschenen vergassen, am Osterfeuer die Osterkerze anzuzünden. Es war so ein Wind, dass wir froh waren, dass das Feuer überhaupt brannte und dass es von einem echten Polizisten betreut und bewacht wurde. Als wir dann in die Kirche einzogen und die Minis die Spaghettikerzli an der Osterkerze anzünden wollten, war da kein Licht. - Zurück zum Anfang oder nochmals in den Wind hinaus und mit Mühe eine brennende Kerze bekommen. - Ja, gut war es letztes Jahr. Auch in Wassen mit dem Frühstück im Pfarrhaus nach der sehr frühen Ostermesse ( 5 Uhr morgens!).

Und zuvor war ich in St. Ulrich tätig. Und noch zuvor leitete ich ein paar Jahre lang das Ostertreffen für junge Erwachsene der Jugendseelsorge Zürich. Ich erinnere mich an jenen Pfarrer, welcher der jungen Sängerin des Osterlobs Licht gab mit einer Kerze. Ich erinnere mich an das unsägliche, gewaltige Osterlachen in Liebfrauen, Zürich, als wir fast nicht mehr konnten wegen der Heiligenlitanei mit diesen urkomischen Namen. Welche Befreiung, als wir lachen durften! Auf der Terrasse der Jugendseelsorge wurde es aber sehr ernst, als die jungen Erwachsenen von ihren Sorgen erzählten. Mindestens eine Geschichte kam aber in jenen Ostertagen gut, ganz gut.

Und jetzt - rein private Osterfeiertage. Ohne Einsatz. Aber soooo schön auch diesmal. Den ganzen Tag tutta la famiglia bei uns. Zum Brunch hatten wir geladen, aber alle blieben bis zum Abend. Jetzt ist sieben Uhr abends, und das Geschirr ist abgewaschen und verräumt, und ich bin voller Dankbarkeit, dass wir alle miteinander so gut können, und dass wir uns alle miteinander so sehr freuen über die neue Generation in Kaya. Heisst Ostern nicht einfach: Es geht weiter.

Samstag, 19. April 2014

Österlich??

Schwierig, was ich heute ausdrücken möchte!

Wir waren zwei Tage im Urner Oberland, und wir sind voll davon. Es war das ganze Leben. Prall wie die Fastensuppe im Wiler; die Fettäuglein glänzten; der bunten Gemüsestreifchen waren unzählige; die Gerste gab Boden. Alles wurde "verinnerlicht".

Wir haben Besuche gemacht bei Lebenden und bei Toten. Und es ist uns erneut nahe gekommen, dass wir immer dazwischen sind und man nie weiss, wie lange noch und was noch alles kommt an Gutem und an Schwerem. - Und jetzt hier das Schwierige: Wir sind zwei Menschen begegnet, die an Krebs erkrankt sind. Wir sind beiden gern begegnet. Wir haben gern mit ihnen geplaudert und - ja - gelacht oder gelächelt. Und wir bestehen darauf, dass wer lebt, wirklich leben darf und nicht schon totgesagt wird. - Nun ist es heraus, das, was ich ausdrücken möchte.

Geburtlich bis zum Tod - das ist ein so schöner und wichtiger Ausdruck der Philosophin Hannah Arendt. - Bis zur letzten Sekunde kann etwas geboren werden. Bis zur letzten Sekunde möchte ich als Lebende behandelt werden. Bis zur letzten Sekunde. - Nicht früher aufgeben.

Wir haben auch die Totenkapelle in Wassen aufgesucht und der Toten, die dort aufgebahrt war, die letzte Ehre erwiesen, wie das heisst. Die Frau ist gestorben, aber sie lebt, solange ihrer gedacht wird. Ihr Foto wird nun eine gute Weile in unserem Gang an der Wand hängen. Wir denken gern an sie.

In der katholischen Kirche gehören zum Glück die Lebenden und die Toten zu einer einzigen grossen Gemeinschaft.

Mittwoch, 16. April 2014

Es ist halb zehn Uhr - ich hechle

Als ich noch berufstätig war, schrieb ich mir immer "to do-Listen". Das tönt so locker, viel lockerer als "Pendenzenliste", die zu gern zu einem "Pendenzenberg" wird. To do - zu tun. - Und was getan war, konnte ich guten Gewissens abhäkeln.

Jetzt habe ich alle Zeit der Welt. Ich muss nichts mehr tun - könnte man meinen. Wie kann es dann sein, dass ich um halb zehn Uhr am Morgen völlig ausser Atem bin und mich gern an den Laptop setze zwecks Aufatmen?

Was ist schon "ge-do-tet"? - Morgentisch abgeräumt, Einkaufszettel geschrieben, Geld gezählt, Waschküche für leer befunden, Betten abbezogen, Waschmaschine gefüllt, vergessene Chips geholt, Waschmaschine in Gang gesetzt, verstreutes Waschpulver aufgewischt, Osterkorb für die Eier ab dem Gestell zuoberst geangelt, in Agenda geprüft, was mit muss nach Flüelen nächstes- und übernächstesmal, Adresse gesucht, Telefonnummer fehlt, Herr Walker, tel.search befragt - and that's it! Für den Moment.

Ich schreibe keine "to do-Liste" dessen, was heute noch rein muss. Ich mache jetzt ganz langsam, altersgemäss, eines nach dem anderen, wie es kommt und geht. Ich bin pensioniert.

Und wo ist Reto? fragt man sich. - Im Englischkurs. He's learning to speak english. Oh yes!

Dienstag, 15. April 2014

Neuer Arzt

Mein langjähriger Hausarzt liess sich pensionieren, also habe ich einen neuen Herrn Doktor suchen müssen. - Die Suche war nicht lang und nicht anstrengend. Reto hat gesagt: "Geh doch zu demjenigen, zu dem ich auch gehe." - Da habe ich mich halt angemeldet, weil ich wieder die Pillchen brauche gegen zu hohen Blutdruck. - Heute war ich zum ersten Mal dort. - Habe den Weg hin und zurück gefunden. Bin rechtzeitig gewesen. Aber der Herr Doktor lässt warten. Warten. Warten. - Wenn du dann aber dran bist, dann gibt es nur noch dich. Der Herr Doktor stellt tausend Fragen und bohrt nach: "Müde? Welche Art von Müdigkeit. Wann? Wie oft? Kurzer Atem? Wie lange schon?" - Ich habe doch bloss gesagt, dass ich 65 Jahre alt bin und sich das bemerkbar macht. - Übrigens, so neu ist der Herr Doktor auch nicht mehr? Hoffentlich muss ich nicht wieder wechseln, weil er auch pensioniert wird! Ob er manchmal auch müde ist? Wann? Wie oft? In welcher Art?

Montag, 14. April 2014

Ausgangsfein

Nach einem ruhigen Wochenende gehe ich heute Montag in den Ausgang. Meine Schwester hat mir ein Mittagessen zum Geburtstag geschenkt. Heute findet es statt. - Ich habe mich ausgangsfein gemacht. Nur schade, dass ich in alten Schuhlatschen wohler bin als in den "schönen" Stadtschuhen. "Eitelkeit muss leiden" hat unser Vater dazu jeweils vermerkt.

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Und es ist Abend geworden. Ein Kuchen ist für morgen im Ofen, und ich ergebe mich dem Feierabend. Denke an das feine Mittagessen mit meiner Schwester. - "Machen wir wieder." hat sie am Schluss gesagt. - "Ja, gern!" sage ich und denke an all die vielen guten und feinen Sachen, die ich gern wieder mache. Morgen werden wir den Kuchen von heute auf den roten Holzstühlen geniessen, die Reto in meiner Abwesenheit fertig gemalt hat.

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Sonntag, 13. April 2014

Palmsonntag vom Besten

Wir sind gerade vom Gottesdienst in unserer neuen Kirche (Oberwinterthur) zurückgekommen. Zufrieden. Fröhlich. - Wo sonst gibt es gratis so gute Unterhaltung?! - Gute Choreographie; lüpfige und meditative Musik; Mitspieltheater (Prozession einmal um den Pavillon); Beiträge von Gästen (vier spontane Bildbeschreibungen); kurze, knackige Gebets- und Predigt-Texte; Möglichkeit, etwas zu kaufen (Osterkerzen, Ostereier); Gratiskaffee; Grüner Zweig auf den Heimweg; Gemeinschaft mit vielen anderen in jedem Alter (weit über hundert Teilnehmende, viele Familien). - Wirklich, wir sind begeistert!

Samstag, 12. April 2014

Bequeme neue Plastikwelt

Oh, oh, oh - gestern hat Reto in Arbeitsbeschaffung gemacht! - Er hat die vier abgewetzten, roten Holzstühle, die ich in die Ehe gebracht habe, auf den sonnigen Sitzplatz gestellt. Dann hat er sie mit stinkendem Abbeizmittel "angemalt", und eine Stunde später hat er begonnen, die lieben alten Sitzgelegenheiten mit dem Spachtel zu traktieren.

Mich ging das nichts an. Gar nichts. - Ich hörte meinen Ehemann immer wieder seufzen. Ich lugte zwischen den Vorhängen auf das Geschehen und sah einen schwer arbeitenden Mann. Ich kenne ihn. Er macht, bis ihm schlecht wird. - Es ging mich etwas an.

Im Keller holte ich, was ich fand - eine lange Feile, mit der ich alle paar Jahre Speckstein bearbeite. Kommen immer Engel oder Kreuze heraus. Müsste wieder mal sehen, was im verbleibenden Speckstein drin ist.

Dann haben wir zu zweit gespachtelt und gefeilt. Das Ziel hiess, alle rote Farbe wegkriegen. - Diese ging nicht wirklich weg, dafür bekam Reto Blasen an den Händen, und ich konnte meine Finger fast nicht mehr krümmen.

Ach, hätte ich doch keinen Finger krumm gemacht! Ach, hätte ich doch einfach souverän beschlossen, dass diese uralten Stühle jetzt zum Müll gehören. Ach, hätten wir uns doch ein paar superbillige, prachtsfarbige Plastikstühle geholt im nahen Einkaufszentrum!

Aber nein, wir sind für ein nachhaltiges Leben. Wir feilen und spachteln und gifteln nächste Woche weiter.

Freitag, 11. April 2014

Trottenweiher

Trottenweiher

Früher keuchte ich die Rebbergstrasse hinauf zur Schule
per Velo acht Jahre lang von Oftringen nach Zofingen
den Trottenweiher liess ich links liegen

Später ging ich mit zwei Kindern an der Hand
und einer Grossmutter vorneweg
Enten füttern im Trottenweiher

Heute stand ich mit meiner Freundin und Erinnerungen
vor der Vogelvolière
vom Trottenweiher

Ein Graupapagei mit roten Schwanzfedern sprach mit uns.



Donnerstag, 10. April 2014

Zum Einschlafen

Wenn ich nicht gut einschlafen kann, höre ich Radio. Binnen kurzem schlafe ich, mögen die Moderatoren noch so Wichtiges vom Weltgeschehen mitzuteilen haben.

Kürzlich hat mir Kayas Papi eine Hör-CD ausgeliehen: "Der Goalie bin ig" von Pedro Lenz. - Eigentlich wollte ich mir den Film im Kino ansehen, aber es kommt wohl nicht dazu. Nicht, weil die Geschichte schlecht wäre. - Sie ist gut. - Aber weil das Leben so rinnt und rinnt, und der Film wohl nicht so lang laufen wird, bis ich hingehe. Aber ich habe ja die Hör-CD.

Nächtelang habe ich die Hör-CD zu hören versucht. - Ich bin immer binnen kurzem eingeschlafen. Dann habe ich mich am Mittag hingelegt und mir gesagt: Du bist gar nicht müde; du wirst dich konzentrieren können. Kaum fertig gedacht, bin ich eingeschlafen.

Keine Ahnung, wie unendlich viele Stunden ich mit dem Goalie verbracht habe. Keine Ahnung, ob ich die ganze Geschichte mitbekommen habe. Aber sie ist gut. - Nur, eines ist klar: Keine Hör-CDs für mich; sie werden zu Schlaf-CDs!!!

Mittwoch, 9. April 2014

Grosse Welt und kleine Welt

Ich bin zwar dankbar für die Reisen, die ich in meinem Leben machen durfte, aber eigentlich zieht es mich nicht in die grosse Welt hinaus. Das tönt paradox, aber macht nichts.

Heute Morgen habe ich von einer Frau gelesen, die eine der ersten deutschen Pilotinnen war - Marga von Etzdorf (1907-1933). Mit 19 Jahren durfte sie einen geschenkten Rundflug machen, und da hat es sie gepackt - die Freiheit über den Wolken. Fliegen wurde ihre Passion. Immer weiter wollte sie mit ihrem eigenen Flugzeug "Kiek in die Welt". Bis Aleppo, Syrien kam sie in ihrer offenen Maschine. Wind und Regen ausgesetzt. Weiter wollte sie, immer weiter. Sie schrieb:

"Wie oft konnte ich diesen elektrisierenden Zustand verspüren, der mich jedesmal befällt, wenn ich zum ersten Mal in einer fremden Stadt bin, dieses Gefühl des Niegenughabens, das einen durch alle Strassen treibt und die alltäglichsten Dinge mit einem fremdartigen Reiz erfüllt."

Wie gesagt, mich zieht es nicht nach Aleppo. Aber dieses Gefühl des Niegenughabens, das die alltäglichsten Dinge mit einem Reiz erfüllt, kenne ich trotzdem. - Ich bekomme nie genug davon, das Wachsen im Garten zu beobachten. Ich bekomme nie genug davon, meinen Lebensort besser kennenzulernen. Ich bekomme nie genug von all meinen Lieben.

Dienstag, 8. April 2014

Im gleichen Augenblick

Ich sitze am Laptop und schaue die wunderschönen Dias von Toni Regli an. Gleichzeitig höre ich Reto, der in der Stube gleich nebenan unserer Enkelin das Tierbüchlein erzählt. Sie gibt Laute des Einverständnisses von sich. Im gleichen Augenblick weht der kühle Wind durch die Rosenbüsche vor dem Fenster. Regentropfen tanzen her und hin mit dem Grün. Zwischen meinen Zähnen ist etwas Blättriges vom Mittagessen. Bärlauch, den wir gestern im Wald geholt haben. Im gleichen Augenblick bin ich am Laptop und im Wald und in Rio und im Urner Oberland und bei Kaya und bei Reto und schon in Zofingen und , und, und...
IM GLEICHEN AUGENBLICK.

Montag, 7. April 2014

Diese Woche Zofingen

Ich bin in Oftringen im Kanton Aargau aufgewachsen, aber insgesamt ACHT Jahre in Zofingen zur Schule gegangen. Dort habe ich auch meine Beste Freundin kennengelernt. Am Donnerstag machen wir uns einen Nostalgie-Tag in Zofingen.

Ein Urner-Freund hat sehr gelacht über meine Aargauerbezeichnung für das Gänseblümchen. Es heisst bei uns "Gisegeiseli". Ich habe ihm, dem Gisegeiseli, eine kleine Geschichte erfunden. Mit vielen Aargauer Dialektwörtern. Reto hat nicht alles verstanden. Macht nichts. Tönen lassen. Geniessen.

Gisegeiseli
De Wend buutelet d'Gisegeiseli am gäche Hoger hin ond här. Er chöschelet ne-n-is Ohr, sie müese nömm götterle. De Frühelig chömm jo im Schnuutz. D'Sonne tüeg ne jo jetz scho chüderle. - "Ä-ba!" nöörze die Blüemli. "Gsehsch ned, dass s'fiserlet. Mer häbsche au pot ond muudere scho." - De Wend chuutet nomi ond gapped mit ne, bes sie möögge:"Besch pickt, du Gnöugg!" - Do huuret de Wend hender ne Hoger ond noderet im verräblete Loub. Aber au häneschiss chräsmet er vöre ond macht die Blüemli morb. - "Mira", bäffzge sie, "Chretz wämmer ned met der." Ond Wend ond Gisegeiseli gigele echli ond penne de nodigsnoh ii.

Sonntag, 6. April 2014

Die Züge sind voll

Wir reisen oft und immer mit ÖV. Gestern sind wir zu einer Beerdigung nach Realp gefahren. Um sechs Uhr fünfzehn ab Oberwinterthur. Es hatte schon sehr viele Leute auf dem Perron. Sieben Uhr nulleins ab Zürich. Und es hatte viele Leute im Zug. Später im Zug von Göschenen nach Realp mit Halt auf Verlangen. Viele Leute im Zug. - Und so ist es eigentlich immer. Reto wagt schon gar keine Prognosen mehr zu stellen. Früher sagte er: "Um diese Zeit hat es sicher nicht viele Leute im Zug." Jetzt schauen wir uns nur an, ABER WIR DENKEN NICHT AN DIE UNSÄGLICHE MASSENEINWANDERUNGSINITIATIVE, die wir verloren haben. Wir finden Leute spannend. Wir tauschen auf dem Fussweg am Abend aus, wer uns weshalb aufgefallen ist. So unsäglich viele Leute, und niemand doppelt oder dreifach!

Gestern sind uns aufgefallen:
  • Die alte Dame mit der Dächlikappe, deren Gesicht plissiert ist (Falten noch und noch)
  • Ihr Partner, der neben mir sass, nein, nicht sass, sondern "umegrangget het" (sich dauernd bewegte), dass ich echli (ein bisschen) nervös wurde
  • Die Damengruppe mit den Flöten, die mit viel Gepäck in Andermatt ausstiegen; ob sie dem Sawiris den Flöten-Marsch bliesen?
  • Die Frau, die sich über UNSER feucht-nebliges Wetter beklagte - bei ihnen im Wallis sei es immer viel schöner als bei UNS (die "Tschättere" weiss ja gar nicht, wo wir hingehören)
  • Der Mann, der in einem Buch las und mich öfter anschaute und ich ihn (psssst, nicht Reto sagen!)

Freitag, 4. April 2014

Schifffahrtsfahrplan

Eine ältere Frau steht, sagen wir in Brunnen, vor dem Schifffahrtsfahrplan und erklärt einer noch älteren Frau, dass das Schiff, das diese, sagen wir mit ihrer Tochter, nehmen will, gar nicht fährt. Puuhhh! Die ältere Frau hat gerade vorher realisiert, dass selbiges Schiff, das sie mit ihrem Ehemann auch nehmen wollte, ganz oben und ganz unten ein rotes Kreuzchen hat und zwischen den roten Kreuzchen rote Punkte, die sich von oben nach unten ziehen. Und laut Legende bedeutet ein rotes Kreuzchen, dass das Schiff an Sonn- und allgemeinen Feiertagen fährt, aber an diesem Tag ist Donnerstag - ein gewöhnlicher Donnerstag.

Die ältere Frau bin ich, und die Sache passierte gestern. Sie war noch weit tragikomischer. Reto und ich hatten das Schiff um 11 Uhr 14 trotz viel Gehetz und Geschimpf (meinerseits) zwar abfahren sehen, aber es war ohne uns gefahren, weil der Zug eine minime Verspätung gehabt hatte. - Wir waren dann in die Vergangenheit von lieb-Reto eingetaucht. Er hatte in Brunnen seine Lehre gemacht, und wir hatten Zeit, seinen Arbeitsweg bis zum Zeughaus zu gehen und zurück. Mit einem Zeit-entrückten Gemahl kam ich wieder zu besagtem Schifffahrtsfahrplan - und da stellten wir fest, dass um 12 Uhr 49  eben auch kein Schiff fährt, sondern das nächste nach Treib erst um 13 Uhr 49 geht.

Nach einem Genugtuungs-Apéro und gelungenem Zeittotschlagen blies uns der Föhn erneut in den Hafen. Das Schiff lief aus und wankte gewaltig mit uns über den See. Die noch ältere Frau mit ihrer Tochter waren auch drauf, und wir hatten viel zu lachen. - Mittagessen gab es um halb drei Uhr. Sepp und Vreny hatten auf uns gewartet. - Später lud Sepp zum Event: Er verteilte rohe Eier, die vergessen gegangen waren im Kühlschrank der Ferienwohnung. Mit lauten Kraftausdrücken warfen wir sie an einen Baum. Tat das gut!

Mittwoch, 2. April 2014

Wo ist die Häringstrasse 4?

Ich schreibe einen Blog, und ich lese regelmässig zwei Blogs. Den einen von Luise Francia mag ich einfach so. Ich habe die Frau vor Jahren in Luzern ganz selbst gesehen. Mit blutten Füssen sass sie im Schneidersitz auf ihrem Vortragsstuhl und war einfach ANDERS. Seit gestern bekommt sie AUCH Rente. Sie ist nicht nur anders, sie ist auch wie ich ( in einigen Dingen).

Der andere Blog ist ein Kirchenmannblog. Den habe ich nun gesehen. Die Themen wiederholen sich, und der Horizot des Mannes beschränkt sich genau auf Kirchenthemen im weitesten Sinn. - "Im weitesten Sinn" hat mir gefallen, aber nun ist gut. Ich bewege mich blogmässig weiter. Der Kirchenmann ist schon gelöscht, und der neue zweite Blog der Favoritenleiste hinzugefügt:

www.buchort.ch

Ich habe heute nur hineingeschnuppert. Aber jetzt frage ich mich: Wo ist die Häringstrasse 4? - Da muss ich hin.

Dienstag, 1. April 2014

Mein neuer Rucksack

Gestern war ich in der Stadt - auf der Suche nach einem neuen Rucksack. - In einem Fachgeschäft bin ich bestens beraten worden. Ich habe einen Vaude JaPETus-Rucksack gekauft.

Er hat viel Platz. Er ist superleicht. Er ist nicht allzu teuer. Und - er ist aus Petflaschen gemacht!!!

Sieht man ihm gar nicht an, aber freut mich sehr. Und die edlen SpenderInnen meines Rucksacks freuen sich bestimmt auch darüber. Auch, dass 1% des Preises an WWF-Kinder- und Jugendprojekte geht.

Aus Leder ist er nicht, wie es mir gewünscht wurde. Meinte die Verkäuferin dazu: "Ihre Kinder können Ihnen ja ein anderes Mal einen kleinen Lederrucksack schenken, den Sie anstelle einer Handtasche mit sich tragen." - Muss nicht sein. Ein anderes Mal habe ich bestimmt auch wieder andere Wünsche. Für dieses Mal bin ich sehr zufrieden und danke herzlich!