Samstag, 31. Dezember 2011

Verrückt nicht, aber spannend...

So verrückt wie das Wetter im Urner Oberland muss das neue Jahr nicht werden, aber ein wenig spannend darf es schon sein. - Ich beruhige mich allmählich wieder, im Mass wie der Schnee sich setzt und wie klar wird, welche Gottesdienste gehalten werden können und welche nicht. Bald fahren Ernst und ich über die Autobahn nach Göschenen, wo wir heute Abend Gottesdienst feiern. Silvester feiern wir dann in Wassen. Freude herrscht!

Ich habe die neue Agenda "eingerichtet" und dabei an liebe Menschen allerorten gedacht - hier und in Winterthur und Umgebung, im Kanton Bern, in Brugg und bis Chile...Dass es sie alle gibt in meinem Leben, das ist Glück! - Verrückt ist, dass ich mich manchmal trotzdem allein fühle. Verrückt bin wohl ich. Hat gestern einer zu mir gesagt: "Esther, du spinnst!"

Freitag, 30. Dezember 2011

Es geht weiter

Im Fenster neben dem Computer ein kleines Lichtloch im angewehten Schnee. Der Gemeindearbeiter hat den Weg zu Kirche und Pfarrhaus gepfadet. Freunde im Dorf sind auch nicht aus dem Haus gegangen; ich bin also kein Feigling, weil ich keine Besuche gemacht habe. Gottesdienst für Silvester/Neujahr liegt bereit. Er beginnt so: "Am 3. Januar wird unser Sohn Kioskverkäufer."

Zehn vor fünf - ich gehe Siesta machen. Kam noch nicht dazu, ist aber nötig - bei so viel Schneesturmaufregung!

Neiiiiin!!!

Ich hasse nicht den Schnee. Ich weiss, dass es Winter ist. Aber ich hasse es, nicht zu wissen, wie es weiter geht. Ob Strassen zugehen. Ob man wieder nach Hause kommt, wenn man sich auf den Weg macht in dem ganzen Schneetreiben, das herrscht.

Am 24. Dezember haben Andrea und ich gemeinsam beschlossen, dass ich in Wassen bleibe und sie den Familiengottesdienst alleine macht. Aber in der Mitternachtsmesse habe ich von einer Ministrantin liebevolle Vorwürfe bekommen: "Warum sind Sie nicht gekommen? Ich bin doch auch gegangen. Da hätten Sie doch auch gehen können." - Ja, ja, hat sie ja recht gehabt, aber ich habe nicht wissen können, wie es kommt.

Und jetzt weiss ich das wieder nicht. Vor dem Fenster ist fast undurchdringliches Weiss, das im Winde wogt. In mir ist undurchdringliches Grau-bis-Schwarz und bodenloses Nichtwissen. Wie geht es weiter? - Alles.

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Was für ein schöner Abend!

Heute hatte ich frei und war in Flüelen. Am Morgen habe ich Spitalbesuche gemacht, wo ich schon unten im Tal war. Pfarrer Franz Imhof war in gleicher Mission unterwegs. Wir sind uns dreimal in verschiedenen Stockwerken begegnet und haben uns immer neu freundlich gegrüsst. - Anschliessend habe ich meine stündige, wiederkehrende Wanderung im Reussdelta gemacht. Im Nebel, mit "Piek" (Raureif) an den Bäumen. Am Nachmittag wäre es sonnig geworden. Na ja, ein andermal.

Dann habe ich Tagebuch geschrieben und einen Brief an meine beste Freundin, die am 4. Januar für einen ganzen Monat nach Chile fliegt. - Dann wieder packen und zur Bushaltestelle gehen. Und da habe ich gesehen, dass eine schmale Mondsichel des zunehmenden Mondes am klaren Himmel stand, dass Abendrot über dem See lag, dass der erste Stern aufschien, und ich habe mich sehr gefreut: Was für ein schöner Abend!

Dienstag, 27. Dezember 2011

Ganz sanft...

Ganz sanft stellt sich der Alltag wieder ein. In der Kirche Kerzengläsli abräumen mit Reto - aber mit Weihnachtsmusik. Dann läutet ein Servicemann an, dass er die Heizung kontrollieren kommt. Dann will ich gleich ein Restenmenü kochen. Weihnachtsresten im Kühlschrank. - Weihnachtsresten im Herzen? Die sind nicht geeignet für ein Restenmenü. Eher für die Schatztruhe.

Meine Weihnachtsschätze: Essen im MartiniF zu zwölft, weil meine Schwester das will. Nächstes Jahr wieder. Schon angemeldet. - Die Stube voller lieber Menschen. Angehörige nennt sich das. Ja, sie gehören uns an. Wie schön! Wie gut, dass es sie gibt! - Zwischendurch Gottesdienst im Betagtenheim. Mit Geschichten, die ganz wirklich passiert sind, schöne Geschichten. Lustige Geschichten. Die Menschen im Betagtenheim und vom Dorf auch Angehörige - jedenfalls meinem Gefühl nach.

Ganz sanft stellt sich der Alltag wieder ein, aber mit Weihnachtsmusik im Kopf. Sie klingt nach. Darf weiter klingen, denn die Weihnachtszeit dauert bis zum 8. Dezember. Habe ich gestern Nacht nachgeschaut im Kirchenlexikon. Ganz sanft soll es sein, ganz sanft...

Montag, 26. Dezember 2011

All the same as every year!

Vor einer halben Stunde sind unsere letzten Gäste mit dem Bus talwärts gefahren, unser Sohn mit seinem Partner. Wir haben zu viert noch das unvermeidliche Fondue Chinoise gegessen, natürlich mit selbst gemachten "Sösseli". Dabei geredet, wie es war und wie es ist.

Vor sechs Stunden sind unsere Tochter und ihr Partner talwärts gefahren, aber sie kommen schon bald zwei Tage zum Skifahren. Das tröstet mich darüber hinweg, dass dieses Weihnachtsfest mit dem lang erwarteten Besuch schon zu Ende ist. Auch meine Schwester mit ihrem Mann und drei erwachsenen Kindern sind gegangen.

Alle gegangen. Alles gut gegangen. - Da kommt mir mein Grossvater  mütterlicherseits in den Sinn, der uns alle auch so gern in seiner Stube hatte. Er pflegte zu sagen: "Ich freue mich, wenn sie alle kommen, aber in meinem Alter bin ich auch froh, wenn sie alle wieder gehen."

So will ich den Abend auf dem Sofa vor dem Fernseher geniessen und mich schon ein wenig auf nächste Weihnachten freuen. All the same as every year!!!

Sonntag, 25. Dezember 2011

Stille Nacht, heilige Nacht

Heute beim Morgenessen fragt der Pfarrer an unserem Tisch: "Warum wohl singen so viele Menschen auf der ganzen Welt so gern das Lied "Stille Nacht, heilige Nacht?" - Mein Mann und ich wissen es auch nicht. Es ist halt einfach so.

Heute Morgen habe ich die letzten Sterne der Nacht fast nicht gehen lassen können. Das helle Taglicht deckt unbarmherzig auf - deckt auf, wie schwierig "Frieden" ist. Immer habe ich gedacht, ich sei eine friedliche Person, und nur manche andere suchten manchmal Streit oder seien unversöhnlich.

Seit einer ganzen Woche brennt das Reserve-Friedenslicht aus Bethlehem in meinem Zimmer Tag und Nacht. Und holt mich immer wieder aus der Unruhe in die Ruhe, mahnt mich immer wieder, dass eine den ersten Schritt tun kann. Frieden auf Erden beginnt hier beim Licht. Beim Licht in der Nacht. Besonders in der Nacht. Wenn das Auf und Ab im Haus zur Ruhe kommt. Wenn es nichts mehr zu tun gibt als stille zu sein. Zu warten auf das, was aus dem Innersten kommen will. Auch aus dem Innersten von Weihnachten.

Warum singen die Menschen so gern "Stille Nacht, heilige Nacht"? - Weil die Nacht zuerst still sein muss und dunkel, dass sie dann auch heilig werden kann. In der Dunkelheit leuchtet ein Licht. Jaaaaaaa!

Samstag, 24. Dezember 2011

Fast Panik

Vor ein paar Wochen habe ich das Kinderbuch "Unsere kleine Farm" gelesen. Da wurde berichtet vom harten Winter in Amerika. Man konnte das Haus nicht mehr verlassen und musste um den Vater bangen, wenn er die Tiere "hirten" ging im "Gade" (Stall). Und jetzt schneit es bei uns wieder, was die Wolken hergeben. Diese Woche fiel an zwei Tagen die Schule aus, weil der Bus nicht mehr fahren durfte: Lawinengefahr. Und eben - jetzt schneit es und schneit. Wo ich mich doch so auf den Besuch freue, der morgen kommen soll. Was, wenn alles zu ist? Und heute Abend - komme ich von Gurtnellen wieder heim? - Mich Unterländerin will Panik ergreifen. Ich bin einfach keine "Hiesige". Aber Weihnachten soll werden, so oder so. Stille Nacht, heilige Nacht!

Freitag, 23. Dezember 2011

Staubsaugen

Gerade habe ich das ganze Pfarrhaus von unten nach oben gestaubsaugt (wie sagt man das?). Schliesslich haben wir übermorgen das Haus voller Gäste; man weiss, was sich gehört. - Gehe ich in die Kirche, und was treffe ich da an: Mein Mann hat den Rückenstaubsauger angeschnallt und tut dasselbe wie ich im Pfarrhaus im "Haus Gottes". Grosser Unterschied: Er hat es sich richtig gemütlich gemacht, für sich selber die Kerzen auf dem Adventskranz angezündet und leise Weihnachtsmusik aufgelegt. Schön! Nur hört er mich nicht mehr.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Meine beste Freundin bringt mich zum Lachen

Zuerst zur Bezeichnung "beste Freundin": Diese Bezeichnung weckt Eifersucht, wie ich schon merken musste. - Meine beste Freundin ist meine langjährigste Freundin. Und wir hatten einmal einen ganz gehörigen Streit, den wir erst nach vier Jahren oder so beilegen konnten. Seither aber wissen wir, was wir aneinander haben. Und wir lassen einander sein, wie wir sind. Sie ist viel schneller, aktiver als ich. Eine Künstlerin. Mit dem Temperament einer halben Italienerin.

Wir schreiben beide sehr gern. So gehen Briefe hin und her. Geschrieben am Küchentisch oder am blauen Tischchen. Geschrieben am Pult in Wassen oder am Pult in Flüelen.

Sie bringt mich immer wieder zum Lachen in ihren Briefen. Gerade hat sie geschrieben: "Überarbeite dich nicht wegen der Kirche - sie hat es nicht verdient."

Ob verdient oder unverdient - nur wenn wir uns selbst gut sind, können wir gut arbeiten und leben. - Ich lebe gut und freue mich soooo auf Weihnachten.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Schade

Schade, sollte es in den Schnee regnen! Ich rede von Wassen; in Flüelen hat es heute schon den ganzen Tag geregnet. Ich habe an einem dunklen Tag bei Kerzenschein ohne Stress, aber mit grösser werdender Weihnachtsfreude Karten geschrieben. Weihnachten kann kommen, auch wenn ich die Predigt für die heilige Nacht noch nicht habe. Die kommt schon noch.

Heute war der kürzeste und dunkelste Tag des Jahres 2011; es folgt die längste Nacht, aber dann wird es besser!

Dienstag, 20. Dezember 2011

Das ist das Friedenslicht


Das ist das Friedenslicht.
Es kommt aus einem Land,
in dem kein Frieden ist,
zu Menschen,
denen der Frieden auch nicht gelingt.
Das ist das Friedenslicht.

Montag, 19. Dezember 2011

Schnee, Schnee, Schnee, immer mehr

Reto schaufelt draussen nicht das erstemal heute Schnee weg, weil am Abend noch eine Bussfeier ist. Ich bin gerade mit dem Bus vom Firmkurs zurückgekommen. Sogar der Busfahrer ist ganz vorsichtig gefahren, was soll ich da auf der Strasse!

Wir haben den Firmkurs wieder in der dunklen Kirche beschlossen. Das mögen wir alle gern, die Jugendlichen und ich. Eigentlich haben wir das nur zufällig entdeckt, weil beim erstenmal der Lichtautomat ausgeschaltet hat und wir überraschenderweise plötzlich im Dunkeln sassen. Jetzt pflegen wir das. Schweigen ein wenig, beten manchmal - und heute habe ich vom Friedenslicht erzählt, das von Jerusalem über Wien nach Zürich gelangt ist und das wir gestern mit den Oberminis am Bürkliplatz in Zürich abgeholt und ins Oberland gebracht haben. Wir durften mit den Altminis von Erstfeld fahren und am Schluss mit dem Licht in Erstfeld Gottesdienst feiern.

Heute also war das Friedenslicht schon in der Kirche in Göschenen. Man kann es in der Kirche holen mit einer eigenen Laterne und der Sehnsucht "Frieden" Raum geben.

Samstag, 17. Dezember 2011

Etwas ungewaschen

Das Pfarrhaus von Wassen liegt in tiefstem Mittagsschlaf. Die Welt liegt unter Schnee. Nichts kann uns stören - ausser ein wenig das schlechte Gewissen, weil ich gestern so locker vom "Abenteuer Schnee" geschrieben habe. Ich nehme alles zurück und rede von der "Weissen Gefahr", denn unterdessen habe ich gehört, was die lockere Pracht in den Seitentälern und auf dem Berg Gurtnellens bewirkt: Verschütteter Schneepflug samt Fahrer, der sich selbst wieder befreit. Kinder, die nicht heim können. Hausarrest wegen "Lauigefahr"(Laui=Lawine). Geschlossene Strassen, so dass wir nicht nach Meien und auf die Göscheneralp können. Deshalb, siehe oben, das Pfarrhaus liegt in tiefstem Mittagsschlaf.

Aber es läutet. Ich höre es wohl, aber soll ich öffnen, sind ja noch zwei weitere zu Hause? Keiner steht auf, also doch ich. Fenster öffnen im ersten Stock und fragen, wer da sei. - Zwei Gestalten mit Riesenrucksäcken.  Einer fragt, ob ich etwas zu essen hätte. Zu essen kann man keinem verwehren, aber ich möchte nicht allein sein mit denen. Wecke meinen Mann. Der brummt, dass ihn jetzt keiner..., und überhaupt muss er wieder arbeiten gehen, und jetzt will er...Zu essen wollen sie. Ich will nur nicht allein sein mit denen. Brumm, brumm...

Ich gehe öffnen. Deutsche sind es, kommen von Italien, wollen heim über Weihnachten. Ich mache heissen Tee und wärme den Rest Suppe von unserm Mittagessen, stelle Käse und Brot auf. Unterdessen kommt Reto dazu, und auch Pfr. Ernst Spichtig streckt den Kopf aus seinem Zimmer.

Geht nicht lange, sitzen wir alle um den Tisch und fragen und hören zu: Die zwei jungen Männer sind seit sieben Jahren ganzjährig unterwegs, bereisen per Autostopp die Welt und schlafen im Zelt. Wann denn, wenn nicht jetzt? sagt einer und schaut uns alte Leute an. Sie verrichten Gelegenheitsarbeiten, um ein wenig Geld zu verdienen. Sie wollen nichts geschenkt. Sie essen und erzählen und schippen nachher vor dem Pfarrhaus den Schnee weg. Und dann sind auch sie wieder weg, wollen uns nicht die Zeit stehlen.

Menschen sind verschieden, leben verschieden. Wer wollte sagen, was richtig ist. In unserer Wohnung riecht es ein wenig streng, etwas ungewaschen. Wir lüften nur kurz. Die Begegnung soll sich noch nicht verflüchtigen.

Freitag, 16. Dezember 2011

Vor dem Schnee

Kommt er, kommt er nicht, der Schnee? - Facebook-Nachricht aus dem Meiental: 80 cm und mehr. Aber hier in Wassen regnet es. wir haben am Wochenende Gottesdienste in Meien und auf der Göscheneralp - ob sie stattfinden können?

Es ist etwas Abenteuerliches mit dem Schnee. Sogar in der Stadt und erst recht in den Bergen gelingt es dem Schnee immer noch, wird es immer gelingen, das Leben unvorhersehbar zu machen. Wir haben nicht alles im Griff, wie wir manchmal meinen. Der Schnee bringt es uns wieder zum Bewusstsein.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Keine Zeit zum Schreiben

Besuch kommt, und ich koche Glühwein. Die Weihnachtsguetzli sind bereit und zwei Berichte von verrückten Weihnachtserlebnissen auch. Was habe ich, was hast du Verrücktes an Weihnachten erlebt???

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Wir sind verschieden!

Heute Morgen schaue ich mit vielen Tausenden immer wieder in die Bundesratswahlen hinein. Was mich zufrieden aufatmen lässt, enttäuscht andere hochgradig. Wo ich Kopf nickend dasitze, schütteln andere ihr Haupt mit Entschiedenheit. - Wir sind als Menschen verschieden aufgrund unserer Herkunft und unserer Erfahrungen. Das sollte uns, auch wenn es eine Binsenwahrheit zu sein scheint, in unseren Diskussionen, in unserem Zusammenleben viel bewusster sein. Was wäre, wenn wir uns für den anderen Standpunkt interessieren würden, statt einfach den unsrigen  zu verteidigen? - Gestern habe ich in der Schule die Schülerinnen und Schüler das Wort "Respekt" kreativ schreiben und malen lassen.

Dienstag, 13. Dezember 2011

Kinderadvent

Nein, gute Fotos haben wir nicht gemacht vom Kinderadvent. Aber gute Bilder im Kopf haben wir, Reto und ich. Wenn 24 Kinder sechs Stunden lang zufrieden Geschichte hören, basteln, Polonaise hinter der Handorgel her tanzen; wenn die Grösseren den Kleineren ohne weiteres helfen, grosse Buben kleinen Mädchen die Jacke anziehen, um ins Freie zu gehen; wenn am Schluss kaum Abfall am Boden liegt, aber eine Handvoll ausgestanzte Sternchen; wenn zufriedene Kinder am Schluss zum Bus gehen und danke sagen - wenn das alles wahr ist, und es ist wahr, dann kann es um die Zukunft der Welt nicht so schlecht bestellt sein, wie immer gesagt wird. Ehrlich wahr!      

Montag, 12. Dezember 2011

Entzug

Jetzt weiss ich endlich, wie es sich anfühlt, auf Entzug zu sein. Seit Freitag funktionierte das Internet nicht bei uns. Nicht unser Fehler. Aber ich konnte nichts nachschauen bei Google, nicht mittun auf Facebook und keinen Tagebucheintrag formulieren. Echt, das gibt ein Gefühl von Gewürgt werden. Keine Luft bekommen. Abgehängt sein. Im Stich gelassen. Nicht mehr dazu zu gehören. Esther allein auf der Welt. Schrecklich!

Was habe ich bloss getan in diesen drei Tagen ohne Internet?

Ich war in Reinhards super Konzert. Habe in Göschenen mit einer spannenden Person Zmittag gegessen (Reto war auch dabei), ganz real und live. In Meien die durchgehende Schneedecke bestaunt. Kalte Füsse in Reality bekommen. Und am Sonntag, am Sonntag waren 24 Kinder bei uns im Pfarrhaus! Ich kenne alle mit Namen. Ich habe eine coole Geschichte erzählt, ganz selbst, nämlich die Weihnachtsgeschichte. Wir haben in der Kapelle Kerzen für unsere Lieben angezündet, und Reto hat eine Riesenschüssel Mousse au chocolat gemacht, das rübis und stübis aufgegessen wurde. Die Finger haben weh getan vom Nägeli in Orangen stecken. Und am Abend waren wir so müde und so glücklich und haben das Internet so was von vergessen. Erst als das Glück ein wenig aufgebraucht war, ist es uns wieder in den Sinn gekommen. Und jetzt funktioniert es wieder.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Was zuerst?

Mein Pult ist übersät von Papier und Gegenständen; alles will geordnet werden. Im Mail-Briefkasten sind zehn neue Mails. Der Pöstler hat gerade die Post in unseren real existierenden Briefkasten gelegt. In der Agenda stehen Anlässe, die bald kommen und noch nicht oder erst teilweise vorbereitet sind. Im Kopf schwirren Gedanken herum, Nachtreste, Tageslichtblicke. Gefühle, positive (mehr) und negative (weniger) sollen ihren Platz im Bauch haben, sagt man. Sie sind jedenfalls da. Weihnachtspost möchte ohne allen Stress, aber mit viel Freude geschrieben und gepäcklet werden.

Wo beginne ich? Was zuerst?

Wenn ich "poste", ordne ich mich. - Es tut mir gut, Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen. Und der grosse Unterschied vom öffentlichen zum privaten Tagebuch ist der, dass ich mich für die "Posts" mehr von aussen anschaue, während ich im privaten Tagebuch eher "flenne". Haben wir nicht alle unsere schlechten Tage?

Ich beginne mit  - diesem hier.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Jetzt kommt der Schnee

Das ist der erste Winter im Urner Oberland, den ich nicht fürchte. Erstens kommt er schön spät; ich hatte viiiiel Zeit und Gelegenheit, Sonne und Wärme zu geniessen. Zweitens weiss ich schon, was etwa zu erwarten ist und dass ich es überleben kann. Und drittens sieht es wirklich hübsch aus, wenn jetzt die Bäume weiss werden.

Diesen Sommer habe ich nach dem Motto gelebt: "Lebenskünstler ist, wer seinen Sommer so lebt, dass er ihm noch den Winter wärmt." (Alfred Polgar)

Montag, 5. Dezember 2011

In der dunklen Kirche

Haben wir im Firmkurs entdeckt: Es ist besonders, miteinander in die dunkle Abendkirche zu gehen, nur ein paar Kerzen anzuzünden, nicht viel zu tun, wenig zu reden, vielleicht zu beten, still zu sein und immer ein Schrittchen Richtung Firmung zu gehen.

Sonntag, 4. Dezember 2011

Zurück von der Göscheneralp

Welche Farbe hat dein Durst? so hat vor Jahren Rivella gefragt. Als sie Rivella grün einführen wollten. Ich habe heute über die Spannung gepredigt, die Rivella damals in mir erzeugt hat. So eine Spannung, wie die katholische Kirche mit ihrer Leseordnung der Bibeltexte auf Weihnachten hin aufbauen will. Wer ist dieser Jesus, der da geboren wird, sollen wir fragen. Aber wir wissen ja schon alles. Spannung futsch!

Ehrlich, ich bin echt gespannt, was Weihnachten dieses Jahr uns bringen wird. Echt gespannt! Und ich freue mich darauf wie ein Kind.

Ich bin noch den Text von Kurt Marti schuldig, von dem ich gestern geschrieben habe. Ich habe ihn nicht gesucht, aber er kam mir gerade recht!

trinkt blau
glücklich
die ihr betrunken sein könnt vom blau des himmels


möge der rauschtrank
nie mangeln
und süffig
ein leuchtvorrat
auch unter finstergewölk
aus schuh und angel
euch heben


trinkt blau
trinkt nicht kummer!                             Kurt Marti

Samstag, 3. Dezember 2011

Regen

Ich wusste schon gar nicht mehr, wie es tönt unter dem Dach, wenn es regnet. Gemütlich, wenn man sowieso zu Hause bleiben will. Und ein paar Weihnachtsbriefe schreiben. Vielleicht. Was weiss ich, was ich dann tue, wenn ich fertig getan habe, was noch zu tun ist. Vorerst gehe ich zu einem Text von Kurt Marti, dem uralten, aber immer noch anregenden Berner Pfarrer und Dichter. Die Überschrift zu seinem Text heisst: "Trinkt blau." Mehr dazu morgen, wenn ich zurück bin von der Göscheneralp, auf die ich mich freue. Also, ich meine die Menschen, die dort leben, auf die freue ich mich.

Freitag, 2. Dezember 2011

Ein fast schon ungewohnter Anblick

Noch bevor ich die Kaffeemaschine anschmeisse, öffne ich am Morgen die Tür zum Garten und trete in die frische Luft hinaus. Schauen, was der Tag verheisst. Spüren, wie mir ist. - Heute Morgen war es fast schon eine Überraschung, richtig graue, fette Wolken am Himmel zu sehen. Wo doch der Herr vom Wetter nochmals Sonne angesagt hatte. Wo doch der Föhn die ganze Nacht oder immer, wenn ich wach lag, getobt hat. Aber irgendwie freue ich mich auf einen Wechsel - kann auch mehr als das Wetter sein.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

ein letztes Mal...

Heute haben Reto und ich den VW-Bus "Gogo" ausgeräumt und geputzt: Den Sand von 24 Jahren ausgewischt; persönliche Utensilien in Kehrichtsack gepackt: Postkarten von den Innenwänden geklaubt. Leider keine Zeit für Erinnerungen. Der Gogo muss morgen ins Tal. Am nächsten Mittwoch geben wir ihn definitiv aus der Hand - zum Glück bleibt er in der Familie.

Aber heute hat es begonnen: Ein letztes Mal den Boden nass aufwischen. Ein letztes Mal Kinderüberraschungsfigürchen zur Hand nehmen, die ich gesammelt habe inwendig der Frontscheibe. Ein letztes Mal die Kälte der Alubecher spüren, die wir übergeben. - Nein, es gibt nichts zu weinen, weil es war unendlich schön, 24 Jahre lang mit dem Gogo unterwegs zu sein!