Freitag, 31. Oktober 2014

Filtervielfalt

Mein Ehemann hat gern zu tun. Da hat keine etwas dagegen. Dass er oft unsere Wäsche in die Maschine schmeisst, ist angenehm. Dass er im Gegensatz zu mir bei passablem Wetter alles im Freien aufhängt, ist grossartig. Dass er bei schlechtem Wetter nach dem Trocknen im Tumbler auch den Filter von Fusseln säubert, erwartet man bei so viel Tatkraft ohne weiteres. - Nun aber geht es mir zu weit: Mein Ehemann hat nicht einen Filter gefunden, auch nicht zwei, sondern deren drei, die er reinigen kann. Und er versteht partout nicht, dass ich nur zwei kenne. Auf dem Weg in die Stadt erläutert er mir minutenlang, wo ich das dritte Teil auch finden könnte. - ICH WILL ABER NICHT!!! Zwei genügen. Unsere Kleider haben doch gar nicht so viele Fusseln, dass sie für drei Filter reichen würden. - AUFHÖREN, AUFHÖREN!!!

Dienstag, 28. Oktober 2014

Zeitverschwendung??

Wir waren in der Stadt - auf dem Markt Äpfel und Marroni posten, im "Chinderlade" etwas für ein krankes Meiteli kaufen, im Kleiderladen ein schwarzes Hemd für Reto finden, im Best-Coffee-Vollenweider es Käfeli trinken. Und nach diesem allem sind wir in den Bus Nummer 10 gestiegen und heimgefahren. - Der Bus Nummer 10 ist die langsamste Verbindung zu uns, und eine liebe Freundin von uns findet es Zeitverschwendung, auf dieser Linie zu fahren. Sie hat uns das recht vorwurfsvoll klar gemacht. Aber wir lieben es, uns durch diese vornehmen Quartiere chauffieren zu lassen und die "Aalegi" (Kleider) der Bewohnerinnen zu bewundern. (Die Bewohner müssen Geld verdienen und sind noch nicht im Bus.) Heute eine Frau ganz in Schwarz mit eleganten halbhohen Stifeletten und einer Ledertasche, die bestimmt sechshundert Franken gekostet hat. - Ich schaue gern und stelle mir vor, wie diese Dame lebt. Tauschen möchte ich nicht mit ihr. Ich bin mit meinem Leben zufrieden.

Montag, 27. Oktober 2014

Kleines Kind krank

Reto und ich warten. Auf den Bericht von Tochter Judith, ob Enkelin Kaya wirklich die Hand-Fuss-Mund-Krankheit hat. Und wie die Nacht überlebt wurde. Und was wir für Mutter und Kind tun könnten. - Wir warten, und ich versuche mich daran zu erinnern, wie das war, als unsere Kinder noch Kinder und krank waren. Zum Glück kam das nicht sehr oft vor. Und ich glaube, ich habe das in jungen Jahren sportlicher genommen als jetzt. Gehörte einfach dazu, dass wir Stefan eine Nacht lang herumtrugen Gang auf, Gang ab, wenn er keine Luft bekam vor lauter Erkältung. Und es wurde dann schnell immer besser, kam immer seltener vor. - Wir hatten unglaubliches Glück, dass nie eines ernsthaft in Gefahr war. Judith war sowieso hart im Nehmen. Deshalb realisierten wir auch ziemlich spät, dass ihre Fussschmerzen, die sie hie und da anmerkte, von einer eingefangenen Glasscherbe stammten. Im Kinderzirkus hatte sie das Kunsstück des Scherbenlaufens vorgeführt. Erst nach der kleinen Operation erfuhren unsere Kinder, dass Zirkusleute die Scherben jeweils stundenlang auskochen, ehe sie darüber spazieren. - Noch kein Berich von Judith. Wir warten weiter.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Von Stunde von Stunde überzeugter vom Sonntag

Es sei wieder Normalzeit, hat Riccarda Trepp am Radio gesagt. Aber mein Organismus findet die Umstellung auf die Winterzeit gewöhnungsbedürftig. Statt schön lang zu schlafen, bin ich um halb sieben Uhr definitiv hellwach gewesen - eben normal. So habe ich vor dem Aufstehen ganz abnormal eine Stunde lang in Drewermanns Kommentar zum Lukasevangelium gelesen. Richtig sonntäglich. Nur ist das 1000-seitige Buch etwas schwer zu "handeln" liegenderweise auf der Matratze am Boden, wo ich schlafe. Aber der Drewermann hat gut getan wie immer. Er ist mir mehr Psychologe und Poet als Theologe. Ich mag seine Art aufs Leben zu schauen sehr. - Dann kam das lange Morgenessen mit Reto und der NZZ am Sonntag. Ich habe Müesli gegessen und zwei Sorten Brot mit Butter drauf und Retos neuem, perfektem Quittengelée. In der Stil-Beilage zur NZZ am Sonntag habe ich dann genüsslich die Vorschläge für ein intensives Zeitgefühl bedacht. Briefe schreiben ist auch dabei. Und das tue ich nun; ich schreibe meiner BestenFreundin einen Brief - nicht zur Lage der Nation, aber zu meinem sonntäglichen Wohlbefinden.

Samstag, 25. Oktober 2014

Miau mal drei

Gestern war Besuchstag. - Meine Freundin Helena war bei uns mit ihren 16 Monate alten Zwillingsbuben. Und Judith mit Kaya waren auch da. Ich habe es gewagt, für vier Erwachsene und drei Kinder Omelettes mit Hackfleisch zu machen. - Das Wagnis liegt bei den vielen Omelettes aus zehn Eiern. Da wird man sogar mit zwei Bratpfannen nicht auf die Schnelle fertig. Aber es ist alles gut gekommen. Helena hatte es stressiger als ich: Mit zwei Buben auf dem Schoss Essen verteilen und erst noch selber essen. Ganz schön heftig! - Lustig war, als alle drei Kinder nebeneinander am grossen Stubenfenster standen und alle mit gleicher Begeisterung nach draussen zeigten und "miau" sagten. Unsere Katzen als Highlight des Besuchs!

Freitag, 24. Oktober 2014

Voll krass

Gestern Abend habe ich gemäss meiner Vorfreude im Erinnerungsbuch für Kaya über die jährliche "Metzgete" auf dem Schneckenberg geschrieben. Dass das Säulischlachten ein Fest war. Dass es endete mit einem Wurst- und Gräubi (ausgelassener, gebratener Speck) -Essen. Dass meine Schwester sich fürderhin weigerte, Säulifleisch zu essen.

Wie Kaya dereinst auf meine Erinnerung reagieren wird? - Im Moment ist sie ein "Fleischtiger", ohne allerdings zu wissen, was sie isst. - Wenn sie wissen wird, wird sie dann Vegetarierin oder Veganerin? Empfindet sie ihre Grossmutter dann als Barbarin?

Ich bin noch so aufgewachsen, dass ich sah, woher das Fleisch kommt. Ich habe meiner Grossmutter auch zugeschaut, wenn sie ein Huhn gemetzget hat. Es war normal, dass Hühner, die nicht mehr gut legten, in die Pfanne kamen. Aber Poulet haben wir nie gekauft. - Die Schweine meiner Grosseltern beiderseits wurden mit dem "Gwäsch" gemästet, dem, was in der Küche anfiel an organischem Abfall oder an Essensresten oder an angekarsteten Kartoffeln. Das machte alles Sinn. War ein Kreislauf, in den wir hineingehörten. Für ein Kind hier und jetzt tönt das vielleicht voll krass.

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Am Abend will ich...

Ich habe mich nicht gefreut auf den Herbst. Aber nun, wo er schon hier ist, will ich ihm seine guten Seiten abgewinnen. - Stop. Ich muss eine Katze ins Haus lassen. - Drinnen ist es warm, draussen kalt. Da werden mir alle Decken mit Kuscheleffekt wieder lieb. Das Chriesisteisäckli (Stoffbeutel gefüllt mit Kirschensteinen) kann aber noch warten. - Stop. Ich muss eine Katze ins Freie lassen. - Am Abend wird es nun schon früh wieder dunkel. Es ist erneut Kerzenzeit. Das ergibt ein schönes, warmes Licht zum Sein, zum Träumen. Und die Abende werden wieder so lang, dass ich Pläne schmieden kann, wie ich sie füllen will.

Heute Abend will ich Rilkes "Herbstgedicht" ganz langsam und mehrmals lesen. Und dann will ich am Erinnerungsbuch für Enkelin Kaya weiterchreiben. Ich freue mich richtig auf das Kapitel, das kommt und im November handelt, also im tiefen Herbst. Es heisst "Säuli metzge - ein Fest". Das geschah alljährlich auf dem Schneckenberg. - Stop. Schon wieder eine Katze. - Herbst bedeutet, dass die Sitzplatztüre nicht mehr einfach offen steht.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Der PC-Doktor war da

Vor ein paar Tagen habe ich Dokumente gelöscht, die ich nicht mehr brauche. Da bin ich auf Videos gestossen, die von Anfang auf dem PC waren,  die ich aber nicht drauf getan habe und die ich auch nicht brauche. Harmlose Landschaftsbilder. - Alles andere als harmlos wurde es dann, als ich aus PC-Dummheit alle meine Daten gelöscht habe. Alles, was ich über Jahre gearbeitet, geschrieben habe. Alle meine Fotos. Alles weg. - Zuerst war ich wie vor den Kopf gestossen. Wörtlich! Poing! Ich konnte nicht mehr essen. Nicht mehr klar denken. - Aber dann fand ich - ah, bah, hätte Grossmutter gesagt - das Leben geht "erleichtert" weiter. Neubeginn. - Schritt für Schritt hat uns der PC-Doktor dahin geleitet, dass nicht nur der Mai alles neu macht, sondern ausnahmsweise auch der November.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Wer ist Cuca?

Seit gestern haben wir ein Sonnenstäubchen Anteil an der Ewigkeit. Retos Cousin, René Burri, ist gestorben. Ja, der bekannte und berühmte Fotograf! On TV war mehrmals zu hören, er habe Fotografien für die Ewigkeit geknipst. Und eben, wir kennen ihn von Burri-Familienfesten. Wir haben ein Fotobuch von ihm geschenkt bekommen. 2008 war das. Deshalb haben wir nun Anteil an der Ewigkeit.

Humor sei eine seiner Eigenschaften und Menschenliebe, so haben sie es gesagt on TV. Aber, so sagen wir, er wusste schon, dass er ein Grosser sei. Und er vermittelte uns schon, dass wir Kleine seien. Aber macht es etwas? Humor haben wir auch ein wenig. Das gehört zwar nicht zur Haller-, aber zur Burri-Sippe. Hauptsache, wir haben nun ein Sonnenstäubchen Anteil an der Ewigkeit.

Kaum für die Ewigkeit ist der Name, den mir Enkelin Kaya heute gegeben hat - und der Reto jedesmal sehr zum Lachen bringt. Sie nennt ihr Grosi "Cuca". Auf Spanisch sei das ein Würmchen, ein Räupchen, aber auch eine Hexe. Und es muss eine Comicfigur sein - ein Krokodil. Wer ist Cuca?

Montag, 20. Oktober 2014

Synode in Rom - nichts Neues im Nebel

Am Sonntagmorgen beim Hahnenkräh habe ich das Radio eingeschaltet. Eine Frauenstimme hat Nachrichten durchgegeben. Mein erster Satz in den Morgen lautete:

"Die katholische Kirche weiss nicht, ob sie Homosexuelle bei sich willkommen heissen will."

Den Hahnenkräh habe ich erfunden, sonst nichts. - Verrat am Mann von Nazaret! Falls dieser noch eine oder einen interessiert.

PS. Warum sollen Schwule und Lesben überhaupt speziell willkommen geheissen werden? - Sie sind doch schon immer mit dabei, ganz normal. Sie sind getauft und gefirmt. Sie bezahlen Kirchensteuern. - Für die Hierarchen beginnt das Problem ja erst, wenn homosexuell empfindende Menschen eine Partnerschaft leben wollen. Da stolpern die alten Herren in Rom über ihre mittelalterliche Sexualmoral - und diskriminieren ganz normale Kirchenangehörige, die genau an einem Punkt nicht der Mehrheit entsprechen. Statt sich über gelingende Liebe in jedem Fall zu freuen! - Die Botschaft in die säkulare Gesellschaft hinein ist verwerflich und gefährlich.

Samstag, 18. Oktober 2014

Wie in der Mode so in der Erziehung

Vor urewigen Zeiten, so kommt es mir vor, habe ich Neills Buch über antiautoritäre Erziehung eingesogen, aufgesogen. Eine Offenbarung war das. Und obwohl die antiautoritäre Erziehung in Verruf geraten ist, habe ich nie daran gezweifelt, dass Herr Neill mit seinen Darlegungen voll recht hatte und immer noch recht hat. Ist halt nur ein bisschen schwierig zu verstehen. Nicht so schwarz-weiss. Bedeutet nicht, das Kind einfach machen zu lassen. Bedeutet aber, es wirklich ernst zu nehmen. Es zu achten in seiner Persönlichkeit.

Ich bin sicher, die Welt sähe anders aus, wenn alle Erziehenden in Neills Schule gegangen wären.

Heute bin ich ihm wieder begegnet im Mamablog des Tagesanzeigers. Monika Zech hat ihn aus der Abstellkammer hervorgeholt. Und sie zitiert ihn so:

"In einem Heim, in dem Disziplin herrscht, haben die Kinder keine Rechte. In einem Heim, in dem sie verwöhnt werden, haben sie alle Rechte. In einem guten Heim haben Kinder und Eltern jedoch gleiche Rechte."

Mode und Erziehungsmethoden kommen und gehen. Bei der Mode ist dies belanglos, aber in der Erziehung sind die Folgen einschneidend.

Freitag, 17. Oktober 2014

Wo um Himmels Willen ist Wölflinswil?

Ich bin eine Aargauerin meiner Herkunft nach, aber ich habe bis vor kurzem  nichts von "Wölflinswil" gewusst. Obwohl es per Postauto gerade mal zwanzig Minuten von Aarau entfernt liegt. Das weiss ich seit heute. Wir sind mit dem Postauto von Wölflinswil nach Aarau gefahren.

Der Reihe nach: Auf Weihnachten haben wir ein Geschenk erhalten, das man selbst weiterentwickeln darf - eine "smart-box". Da kannst du zu einem bestimmten Thema aus ganz vielen Möglichkeiten wählen. Wir durften ein Gourmet-Essen auswählen. Vorerst das Restaurant, das uns dieses zubereiten würde. Wir haben im smart-box-Katalog geblättert nach hinten und nach vorn, und vieles erschien uns gut und verlockend. Nach längerer Reifezeit haben wir uns für den "Ochsen" in Wölflinswil entschieden.

Gestern sind wir in das Juradorf gefahren. Wir haben sogar ein Zimmer für eine Nacht genommen, um nach gehabtem Gourmet-Menü nicht noch weit reisen zu müssen. Wir wollten am Abend bei Kerzenschein tafeln - dies an unserem Hochzeitstag.

Um 19 Uhr haben wir uns zu Tisch gesetzt, und dann war es einfach nur noch mmmmhhhh, oooohhh, ahhhhh. - Wir bekamen:
  • es Cüppli
  • Brötli zom Usläse mit Preiselbeerianke
  • es erschts Grüessli vo de Chuchi > es Süppli us verschiedene Linse
  • es zwöits Grüessli vo den Chuchi > Matjes-Hering uf  gheimnisvolle Sösseli mit rote Chressigblättli
  • en Chörbis-Cappuccino
  • Rehschnitzeli mit uuuhhh-guete, eierige Chnöpfli, Röselichöublätter, Chörbisschnitz ond Paschtinake
Dessert konnten wir nicht mehr, und Kaffee wollten wir nicht mehr. Aber ich bin jetzt noch glücklich über das Erlebnis. Danke dem Weihnachtsmann und der Weihnachtsfrau!

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Ein ... kommt selten allein

Gestern hatte Reto Geburtstag - heute feiern wir unseren 38. Hochzeitstag.- Das ist so viel, dass man es sich gar nicht richtig vorstellen kann. Was ist eigentlich passiert in all den Jahren? Gleichzeitig viel und nicht viel. Wir haben gestern Abend darüber geredet, dass wir nichts wirklich Bedeutendes für die Welt getan haben. Man wird nicht mehr von uns reden in einiger Zeit. Es bleibt nichts. So wie das für die meisten gilt. Aber macht es etwas? Ist es falsch? - Es ist wie es ist. Und wenn Liebe dabei war und ist, dann ist es gut. - Das Sprichwort heisst: "Ein Unglück kommt selten allein." - Bei uns soll es heute lauten: " Ein Fest kommt selten allein." - Wir feiern.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Anachronismus oder nicht?

Gestern ein schöner Tag in Flüelen - heute ein schöner Tag in Winterthur. - Reto hat Geburtstag, also ist Feiertag von morgens bis abends. Trotzdem war ich in der Stadt und dort unter anderem in der Bibliothek. Ich habe nebst Essenseinkäufen ein 1000-seitiges Buch heimgetragen. Ein Buch, das ich früher als Theologin nicht nur gern gelesen, sondern gern auch besessen hätte. Aber ein Anachronismus ist, wenn es zeitlich nicht mehr passt. Das Buch kommt verspätet, aber ich habe es trotzdem ganz liebevoll heimgewiegt. Es ist der Kommentar zum Lukasevangelium von Eugen Drewermann. Und so (sprachlich schön) beginnt es, das Buch:

"Zur Feder greift nur, wer, dem Vogel Phönix gleich, sich über Zeit und Raum hinwegzuheben denkt. Da hat in früheren Tagen etwas sich begeben, das dem Vergessen nicht anheim gegeben werden darf; da ist in fernen Orten etwas auszurichten, das, unvermutet oder längst erwartet, von Belang sein sollte."

Ich freue mich auf 1000 Seiten Drewermann. Ich werde langsam und mit Genuss lesen, obwohl. - Obwohl was eigentlich?

Montag, 13. Oktober 2014

Erneut im Kino

Es gibt Zeiten, da gehen wir kaum je ins Kino - und plötzlich lesen wir über Filme reihenweise, die wir sehen möchten. - Am Samstag "Der Kreis", gestern Sonntag "Calvary". Da kommst du heim und denkst noch lange, lange an diverse Themen, die in diesem schweren Film aufscheinen. Zuvorderst und drängend die Vergebung.

VERGEBUNG KANN NIEMALS ANGEORDNET WERDEN. WENN SIE ZUM ZUGE KOMMT, IST SIE OFT SCHWER ERRUNGEN.

Ein Priester in Irland wird mit dem Tode bedroht. Er soll büssen, was ein Berufskollege von ihm, der gestorben ist, einem Jungen fünf Jahre lang angetan hat. Schwerer sexueller Missbrauch überschattet das Leben des längst Erwachsenen unerträglich. Er will Genugtuung. Er will Rache.

Der ausgewählte Priester, der sterben soll, bekommt eine Woche Zeit, sein eigenes Leben in Ordnung zu bringen. Das tut dieser, und er ringt sich ausserdem dazu durch, die Tötung auf sich zu nehmen. Stellvertretend.

Erschreckt hat mich im Film die Verachtung, die Verlachung, die Feindschaft vieler Menschen der katholischen Kirche gegenüber. So viel Schuld hat die katholische Kirche auf sich geladen, die Genugtuung erfordern würde! Aber in Rom wird gerade jetzt Kosmetik betrieben anstelle von porentiefer Erneuerung (es müsste "ans Läbige" gehen). Die Menschen sollen belehrt werden statt dass die Hierarchie lernt. - Und doch möchte ich die Themen "Schuld und Vergebung" nicht von mir selbst wegschieben. Jede schaue zuerst bei sich selbst.

Sonntag, 12. Oktober 2014

"Der Kreis" - ein eindrücklicher Film

Wir sahen gestern mit weiteren acht Personen den Film über Ernst Ostertag und Röbi Rapp, die als erste ihre Partnerschaft in Zürich eintragen liessen (2003). Die beiden sind unterdessen über achtzig Jahre alt und immer noch erstaunt darüber, dass Schwule ihrer Beziehung einen rechtlichen Status geben können. Sie haben in den sechziger Jahren Diskriminierung und Verfolgung in Zürich erlebt. Razzien. Homoregister. Unwürdigste Behandlung. Angst vor Jobverlust.

Der Film handelt vom Umfeld der Homosexuellen-Zeitschrift "Der Kreis". Das Thema geht nicht einzelne an, sondern die Gesellschaft. Heute weiterhin. Ich habe Jungs erlebt, die fragten, ob ich sie schwul machen wolle, als ich ihnen ihre diskriminierenden Sprüche verbat. Als ob man das könnte - "schwul machen"!

Ich werde nie verstehen, dass es Minderheiten aller Art so schwer haben unter uns. Ist es nicht eine grosse Bereicherung, dass wir so verschieden sind? Könnten wir uns nicht füreinander interessieren? - Rechtshänder, Linkshänderinnen, Menschen verschiedener Hautfarbe und Sprache, Gläubige von "allergattig" Religionen, Menschen in soooo vielen Berufen, Grosse, Kleine, Alte, Junge. Wir lebt es sich hier und dort, so und anders???

Samstag, 11. Oktober 2014

Kleine Wörtchen gesucht

Die "Organisation Gebet für die Schweiz" hat in Hallau gebetet, dass die Kirschessigfliege den reifen, roten Trauben nicht schade - und siehe da, es kam Kälte auf und die Maden starben. - So steht es im heutigen Tagesanzeiger.

Wie froh wäre ich, wenn ich noch glauben könnte, dass genug Betende alles Unheil auf der Welt webeten könnten! Wie froh! Aber habe ich nicht selbst in "meinen" Kirchen noch und noch für den Frieden gebetet, und er traf nicht einmal ganz nahe ein. Ich bin desillusioniert und suche nach kleinen Wörtchen, weil ich an die grossen Worte keineswegs mehr glaube.

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Vogelgezeter

Ehemann Reto reist an die Olma in St. Gallen, die heute eröffnet wird. Er ist ein grosser Fan der Messe "für Landwirtschaft und Ernährung" und geht jedes Jahr seine St. Galler Bratwurst essen - und allerlei Feines degustieren.

Derweil halte ich zu Hause die Festung und schaue zum rechten. Das ist nicht immer einfach. Vor einer halben Stunde (zehn Uhr morgens) war ein vielfältiges Vogelgezeter im Quartier. Ich raus -sind unsere Katzen die Ursache? - Katzen zu Milch nach Hause locken, aber das Gezeter bleibt. - Als ich meine Augen mit der Hand vor der Sonne schütze und hoch in die nahen Birken gucke, entdecke ich dort mindestens fünf Elstern, die sich auf den Wipfeln tummeln.

Elstern sind Nesträuber, also schon ein Grund für ein Vogelgeschrei. Es gibt nach Schätzungen der Vogelwarte 40000 bis 80000 Elstern in der Schweiz. Sie rauben nach einer belgischen Studie jedes vierte Singvogelnest aus in Frühling und Frühsommer. Das wird besser, wenn die Elsternbrut flügge ist. - Die Singvogelpopulation hat nicht abgenommen, obwohl die Elstern mehr geworden sind. Die Singvögel gleichen aus durch eine zweite Brut.

Katzen gibt es allerdings 1,35 Millionen in der Schweiz. Jeder vierte Haushalt beherbergt eine oder mehrere. Kürzlich hat Reto berichtet, dass Kater Nepomuk eine Maus fresse auf dem Rasen. Mir tun Mäuse und Vögel leid, die in die Krallen unserer Hauskatzen geraten. Aber die beiden können nicht gegen ihre Natur an. Milch ist kein Ersatz für die Jagd. - Ich habe mir den Mäusefang von Nepomuk auch angeschaut. Man/frau muss den Tatsachen ins Auge sehen. - Nach Inspizieren des Tatortes habe ich Reto gefragt: "Bist du sicher, dass Mäuse Federn tragen?"

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Das pulsierende Leben fand statt

Das Neue am Tag haben wir dem Scheissdreck zu verdanken. Sehr wörtlich zu nehmen. Kaya hat ein paar Gräserchen ausreissen wollen auf dem Schulhausrasen, aber da war ein Hunde- oder Katzenscheissdreck. Hat sie mit voller Hand reingelangt. - Dafür haben wir nachher am Lavabo nicht nur die Händchen gewaschen, sondern eine halbe Stunde lang Wasserspiele betrieben. - Schon oder noch gewusst, dass man "Ausleeren" üben muss?? Und dass die Qualität "Wasser" erspürt werden kann.

Eine Art "Dèja-vue" war das heute: Sohn Stefan hat als kleiner Bub gern stundenlang am Lavabo "göötschet" oder "gchoslet" oder "geplanscht".

Warten

Katze Peppina stiefelt durch das hohe Gras. Schritt für Schritt vorsichtig Bein hochziehen und wieder abstellen. Möglichst wenig nass werden. Langsame Suche nach Tagesaktivitäten. Sie war ja die ganze Nacht draussen.

Reto kann den Rasen noch nicht mähen, weil er zu nass ist. Wartenderweise geht er dafür einkaufen. Will Sachen "posten", die ich stehen lassen oder aufschieben würde. Putzmittel. Aktionszeug.

Ich warte auf das pulsierende Leben, das in eineinhalb Stunden beginnt. Judith und Kaya kommen. Ich werde kochen, spielen, Kaffee trinken, abräumen, aufräumen, Neues hervorzaubern, mich freuen, mich abrackern, lebendig sein. Wenn genug gewartet ist.

Montag, 6. Oktober 2014

Schon, schon, schon

Eigentlich alle Leute, die ich kenne, klagen, dass die Zeit so schnell vergehe. Schon sei es wieder Herbst. Bald komme der Winter. - Mein Mann sagt: "Schon muss ich die Zehen- und Fingernägel wieder schneiden. Wachsen die eigentlich schneller als früher?"

Was bleibt von der Zeit, die angeblich so schnell vergeht? Und was wäre, wenn sie nicht schnell vergehen würde?

Auf dem Tisch steht der bunte Teller, den uns die Frauen vom Urner Oberland geschenkt haben. Er steht und steht und erinnert mich zuverlässig an den Besuch der lauten, lustigen, geliebten Frauen und ihren Fahrer. Die Zeit bleibt einen Moment stehen, wenn ich den kleinen grünen Kürbis und die allergattig Gemüserchen drumherum betrachte.

Daneben steht eine halbvolle Rotweinflasche. Auch ein Geschenk. Von gestern. Soll heute ausgetrunken werden. In Musse. Ohne dass die Zeit eilt.

Haben wir es ein bisschen selbst in der Hand, wie wir die Zeit erleben? Können wir sie anhalten? Können wir ihr einen Rhythmus geben? Können wir ihr Glanzpunkte abtrotzen? Oder sind wir dem "Schon, schon, schon" unterworfen. Ausgeliefert? - Die Zeit geht immer gleich schnell.

Überhaupt - sind es wirklich Klagen von uns, dass die Zeit so schnell vergehe, oder sind wir nicht froh, dass wir uns nicht langweilen müssen? Froh, dass uns die Zeit so und so viele Vorsätze zunichte macht, weil sie darüber hinweg fegt und schon Neues am Horizont aufscheint? - Die Zeit vergeht kaum mehr, wenn wir alt und unbeweglich im Körper und im Geist werden. Dann bleibt sie scheinbar stehen. Aber jetzt? - Schon ist es nach zehn Uhr morgens. Schon müsste ich die Fingernägel schneiden. Und es ist allerhöchste Zeit, den Tag zu planen.

Sonntag, 5. Oktober 2014

Vier anstelle von hundert

Es ist erneut bewiesen, dass ein paar Leute meinen Blog lesen. Will man ja auch, sonst würde man in ein papierenes Tagebuch schreiben. Tu ich darüber hinaus ausserdem. - Also, es ist bewiesen. Ich habe nämlich heute vier Gewürzgläschen bekommen, deren Inhalt von weit her kommt, nämlich von Israel.

Zimt und Kardamon, gemahlene Minze und Curry scharf. Ist das nicht ein halbes Gedicht? - Machen wir ein ganzes draus:

Zimt und Kardamon, gemahlene Minze und Curry scharf
die Weltenköchin auf die Erde warf.
Curry scharf, Minze fein, Kardamon und Zimt,
dafür und damit die Menschin an die Herdplatte springt.

Wenn ich nächstesmal koche, dann soll Monis Curry-Saucen- Rezept zum Zuge kommen:

Zwiebel und Knoblauch gelb anbraten, Curry zugeben, 2 Minuten köcheln, mit Bouillon ablöschen, 1 Stange Zimt dazu, aufkochen, 1/2 Glas Orangensaft, aufkochen, verdicken (Mehl, Kokosmilch...). Mit Reis, Kartoffeln und gebratenen Bananen.

Aber so ein Currypulver, wie ich ein Currypulver habe, hat nicht schnell eineR ein Currypulver. Hirnverbrannt!! Scharf!!

Samstag, 4. Oktober 2014

Wenn ich Geburtstag hätte

Das habe ich gewusst, dass die Globus-delicatessa in Zürich neueröffnet. Eigentlich ist das nicht mein Laden. Ich verzweifle, wenn ich aus soooo vielen Tees den einen auswählen soll, wenn die Käsetheke unendlich lang und das meiste viel zu teuer ist für mich. Aber die Gewürze!!! So viele Gewürze aus aller Welt! - Ich will rein gar keine Weltreise machen, aber ich verstehe gut, dass Gewürze in früheren Zeiten Gold wert waren, dass es eine Gewürzstrasse gab, die den fernen Osten mit dem mittleren Westen verband, dass frau ihren Liebsten mit Zimt- und Nelkenduft betören wollte, statt ihm täglich Salzkartoffeln vorzusetzen.

Flattert also heute eine Sonderbeilage unserer Zeitung ins Haus über die neue Globus-delicatessa. - Alles kann ich mir mit ruhigem Puls ansehen, bis ich auf die Seite "100 Herbs and Spices" gerate. - Uuuuhhh, da kann frau für nur Franken 99.90 hundert "populäre Einzelgewürze und Mischungen in handlichen Portionen" erwerben. Mir läuft das Wasser im Munde zusammen. Meine Augen schweifen ab in ferne Fernen. Meine Nase zieht ungeahnte Düfte ein. Mir wird schwindlig vor lauter Wünschen.

Wenn ich Geburtstag hätte... - Aber er hat Geburtstag in diesem Monat, mein lieber Ehemann, und er hat andere Wünsche. Seine verwirklichen zu helfen ist auch schön. Aber schöner wäre...

Wer Wünsche hat, ist lebendig. - Hurrah, ich lebe noch! Und lebe glücklich und froh, wie die Maus im Haberstroh. - Riechst du es, das Haberstroh??

Freitag, 3. Oktober 2014

Mobile Beichtstühle

Ich quäle mich seit Wochen, ja, seit Monaten mit wiederkehrenden Augenentzündungen. Wahrscheinlich eine Allergie, aber worauf? - Die Salbe der Apotheke hat alles nur schlimmer gemacht.

Ein James Graham Ballard soll eine Kurzgeschichte über einen Mann geschrieben haben, der eine Augenerkrankung hatte. Am Ende entschloss er sich, sein Augenlicht zu zerstören, um mehr zu sehen. (So weit bin ich nicht, komme ich nicht, aber ich frage mich...)

Sehen - unsere Gesellschaft gilt als Transparenzgesellschaft. Von morgens bis abends werden wir überflutet von Reizen. Wir lesen (Reto und ich) alle Zeitungen, die uns in die Hände kommen. Wir sind auf Facebook. Wir schauen fern. Plakatwände schreien ihre Botschaft aus. Wir sehen, sehen, sehen, ob wir wollen oder nicht.

Halt! - Die Augen kann man schliessen. Nicht aber die Ohren. - Entzündete Augen brauchen Ruhe und Dunkel. In mich gehen. Reize hinunterfahren. Und Facebook und Blog nicht als mobilen Beichtstuhl benutzen. Und schon gar nicht als Voyeurin auf alles linsen, was mir unter die Augen kommt!


PS. Den Ausdruck "Mobiler Beichtstuhl" habe ich im Tagi-Magi 39/2014
      beim Philosophen Byung-Chul Han entliehen.

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Philosophia

Erste Philosophieprüfung an der Uni Luzern im Jahre 2000: "Was bedeutet das Wort Philosophie?" - "Liebe zur Weisheit", ist die richtige Antwort. - Ich konnte noch ein paar andere richtige Antworten geben, und so sagte Professor Ferber am Schluss zu mir: "Sie können logisch denken." - Das tat unsäglich gut, weil mein lieber Vater immer das Gegenteil behauptet hatte: "Frauen können nicht logisch denken."

Na ja, Tempi passati. - Erstaunt hat mich eine Notiz in einer meiner Lektüren: Eine junge, sehr gut aussehende deutsche Philosophin ist in einem grossen Spital angestellt zur Beratung von Patientinnen und Patienten. Keine Theologin sondern eine Philosophin! - Mir scheint das sehr logisch zu sein. Erstens sind viele Menschen heute den Kirchen gegenüber misstrauisch (mit Grund). Zweitens ist die Theologie als "Lehre von Gott" längst nicht mehr jedermanns und jederfraus Sache. Und drittens müssten wir zuerst diskutieren, welchen Gott wir meinen oder anrufen wollen. Nebst multikulturell ist unsere Welt auch höchst multireligiös geworden.

Das alles kann ängstlich machen. - "Wie leben wir das richtige Leben in einer massstabslosen Zeit, in der alles und jede Lebensweise möglich scheint?" das fragen sich laut Dr. Rebekka Reinhard viele Menschen. Sie sagt, es bedeute mutig zu sein, wenn eine wage, sich ihren Massstab selbst zu setzen und nicht einfach mache, was "alle" machen. Aber dieser Mut lohne sich, denn "nachhaltiges Glück wird immer aus dem Bewusstsein von Freiheit geboren."

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Bis Mitternacht

Den ganzen Morgen schon hatte ich Kaya gestern aufgezählt, wer alles zu uns zu Besuch kommen würde: Reinhard und Leandra und Marlen und Elisabeth und Greth und Brigitte und Maria. - Dann kamen sie, und unsere kleine Wohnung war voller Lachen. Wie immer mit dieser Gruppe von Gurtnellen Wiler. Wir tranken Weisswein und tranken Rotwein und assen Poulet à l'Estragon und schleckten Mouse au chocolat weiss und braun. Und wir lachten. Und wir redeten. Laut. Deutlich. Ehrlich. Alles wie immer (= wie fünf Jahre lang im Oberland bei den Sitzungen der Liturgiegruppe).

Kaya war mitten unter den Leuten und ass ihre ersten Paprika Pommes-chips. Und lehnte sich beim Essen immer wieder an Maria an, bevor sie zu ihrem Mami Judith hinüberkippte, schlafmüde von uns allen, aber zufrieden wie wir alle.

Nach einem Stadtbummel fuhr die Gruppe heim. Reto und ich blieben. - Aber der Tag war nicht zu Ende. Bis Mitternacht kamen Bilder und Lachen auf mein Handy > ich musste lachen, als ich sah, dass die Frauen noch bei Reinhard gelandet waren. Wir klamaukten weiter. Ich fand > siehe Kirchengesangbuch 689 "Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen." - Die Antwort kam postwendend > Kirchengesangbuch 600 "Schweige und höre".