Donnerstag, 31. Januar 2013

Kirchenlehrerin

Seit fünf Uhr morgens rumort es wieder in mir:

Generalvikar Doktor Grichting beurteilt den Beruf der Pastoralassistentin als gescheitert. Das seien ja bloss frustrierte Leute, die gern Priesterinnen wären.

Generalvikar Doktor Annen widerspricht und sagt, ohne Pastoralassistentinnen könnten die Kranken und Einsamen nicht getröstet werden.

Ich finde mich nicht bei Doktor Grichting und nicht bei Doktor Annen. Aber mich fragt ja keiner. Jahrelang habe ich mich niederdrücken lassen von den Urteilen anderer (Männer). Daraus resultiert Depression. Jetzt gebe ich mir die Erlaubnis, Kirchenlehrerin zu sein. Schon immer habe ich gern gelernt und das weiter gegeben, was ich verstanden habe. Es geht nicht an, dass Doktoren aller Art uns sagen, wer wir sein müssten und wie wir uns zu fühlen hätten.

Ich bin Kirchenlehrerin.

Tomatenpüree

Es scheint, dass sich mein Morgenablauf verändert: Statt gegen neun Uhr oder sicher um neun Uhr am Pult oder am Computer zu sitzen und zu arbeiten, steige ich in den Keller und betrachte Gestelle. Dann trage ich Sachen nach oben und Sachen nach unten. Und immer ist ein grauer Kehrichtsack in der Nähe, der sich allmählich füllt und sofort ersetzt wird durch einen ebensolchen leeren.

Heute habe ich drei Tuben Tomatenpüree nach oben getragen und in den Kühlschrank gelegt. Bloss keine vierte Tube kaufen. Die drei reichen, bis wir zügeln.

Ob ich noch ganz gesund bin im Kopf? - Jeder Schnipsel wird darauf angesehen, ob er zu zügeln sei oder nicht. - Dafür muss ich dann bis in die Nacht hinein am Computer oder am Pult sitzen, um die Pfarreiarbeit hinzukriegen.

Mittwoch, 30. Januar 2013

Zeitungs(aus)lese

Ich trage mich mit dem Gedanken, Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements zu kündigen. Einerseits, weil wir eine teure Wohnung gefunden haben in Winterthur, andererseits, weil ich ALLES herunterfahren möchte. Dass die Wohnung teuer ist, hilft mir beim Gewichten. Beim Konzentrieren.

Heute Morgen habe ich schon früh einen Artikel aus "DIE ZEIT" über ein Demenzdorf in Holland fertig gelesen. Bevor ich dazu kam, Reto von meinen Überlegungen betreffs eigener möglicher Demenz zu erzählen,  kam der "aufbruch" ins Haus geflattert. Nur schnell nachschauen, ob etwas zur Pfarrei-Initiative drin steht. Steht. Was war es schon? Nächstesmal kommt mehr. Die "FAMA" ist auch beim "Postbiigeli". Schnell reinschnuppern, was Moni nun zum "Fischer und seiner Frau Ilsebill" geschrieben hat. Super! Aber ich will es dann nochmal gründlicher lesen. - Reto ruft, ob ich im "Urner Wochenblatt" die Todesanzeige einer Frau gesehen habe, die ich gekannt habe. Nein, noch nicht. Ich komme. Es bewegt mich, dass sie gestorben ist. Schönes Gedicht, das über der Todesanzeige steht. Ich will der Tochter schreiben. Der "Tagesanzeiger" liegt noch unberührt auf dem Tisch. Meistens komme ich vor lauter anderem sowieso nicht dazu, diese Tageszeitung wirklich zu lesen. Überschriften und mein täglich Sudoku. Mehr nicht.

Wieviel Zeitung braucht der Mensch? Weniger.

Dienstag, 29. Januar 2013

Ich lerne gern

Ich lerne viel im Moment:

Nicht das Tun gegen jemanden oder etwas macht glücklich,
sondern das selbstverständliche Tun aus Erkenntnissen, die man gewonnen hat.

Wenn man gegen Windmühlen ankämpft, wird man nur müde und deprimiert. Diese Windmühlen können "Kirchenhierarchie"  heissen. Wenn man aber ohne Wenn und Aber tut, was man als richtig erkannt hat, dann    bekommt man Rückenwind und fliegt in froher Fahrt vorwärts, nicht rückwärts.

Gestern war so ein Rückenwindtag mit vier weiteren Kirchenmenschen, die auch fliegen wollen. Was bin ich froh, dass mich Moni in die Gruppe geholt hat! Meine Angst vor dem Fliegen will ich besiegen. Will ich.

Ich lerne viel und gern. Ich möchte lernen bis zum letzten Atemzug.

Montag, 28. Januar 2013

Nach - Gedanken

So schön war der Ökumenische Gottesdienst gestern - ich denke heute mit viel Dankbarkeit daran, dass wieder etwas gelungen ist, das im Herzen Freude macht. Reto hat gesagt, er hätte etwas verpasst, wäre er zu Hause geblieben.

Abends hatten wir in Wassen auch einen Gottesdienst. Einen "normalen". Da habe ich zur jugendlichen Ministrantin gesagt, ich wüsste eigentlich gar nicht (mehr), weshalb es sich lohnen täte, zu einem "gewöhnlichen" Gottesdienst zu kommen. Sie weiss es auch nicht. Wir haben zusammen darüber geredet, dass die Bibel für die meisten Menschen recht unbekannt und schwer zu verstehen ist. Dass nicht alle so ein Spezialinteresse haben für Theologie.

Warum also und wann lohnt es sich zum Gottesdienst zu kommen? - Wenn wir wirklich etwas zu feiern haben. Wenn wir wirklich um Gerechtigkeit zu kämpfen haben. Wenn ein Menschlein am Anfang seines Lebens begrüsst werden soll (Taufe). Wenn der gemeinsame Weg eines Paares bestärkt werden soll (Trauung). Wenn das Leben eines Menschen am Ende gewürdigt werden soll (Abdankung).

Sonntag, 27. Januar 2013

Und jedem Anfang...

Hermann Hesse hat ihm sehr lesenswerten Gedicht "Stufen" diese Zeilen geschrieben:

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Heute hat ein (zu?) später ökumenischer Neuanfang in Göschenen stattgefunden. Zum 30-jährigen Arbeitsjubiläum der Sakristanin kamen viele reformierte Mitchristinnen und -christen in die hübsche Dreiecks- Holzkirche in Göschenen. Aber auch wegen der katholischen Brüder und Schwestern musste man sich nicht schämen - sie waren da. Wir haben einen wunderschönen gemeinsamen Gottesdienst zum Thema "Treue=Liebe" gefeiert mit anschliessendem Apéro.

Sagt nicht Jörg Zink:
Ihr Reformierten geht und feiert mit den Katholiken -
ihr werdet sehen, dass es geht.
Ihr Katholiken geht und feiert mit den Reformierten -
ihr werdet sehen, dass es geht.

Herr Bischof, wir haben es getan, und siehe es war sehr gut. wir werden es wieder tun.

Samstag, 26. Januar 2013

Wir richten ein

Nur in Gedanken, aber wir richten ein - unsere Wohnung ab 1. April 2013. Heute haben wir die Hausbesitzer kennen gelernt und sie uns. Spricht nichts dagegen, aber eigentlich alles dafür. Auf Treu und Glauben haben die Hausbesitzer uns zugesagt. Ohne Steuerbescheinigung und ohne Auszug aus dem Betreibungsregister. Reto war fast enttäuscht, hat er letzteren Fackel doch vorsorglich beschafft. Geld aus dem Fenster geworfen.

Wir richten ein - in Gedanken. Und unsere Stube ist schon fast komplett - in Gedanken. Samt Kinderbettchen in der hellen Ecke, aber mit Vorhang, weil die Sonne herein scheint. Im Sommer ist da so ein dichter, froher Vorhang wichtig. Im Sommer kommt es, das Kindchen von Judith und Harry.

Wir richten ein - in Gedanken. Das rote Sideboard hat Platz neben dem weissen Bücher- und Fernsehgestell. Glück gehabt. Aber wo kommt der Computer hin. Nein, Reto, nicht in dein Zimmer. Da mache ich nicht mit. Will nicht fragen, ob ich an den Computer darf. Wo also? Wird sich finden.

Wir richten ein - in Gedanken. - Ich richte mich darauf aus, wieder einmal zu beginnen. "Jedem Beginn wohnt ein Zauber inne." hat ein Dichter geschrieben. Welcher bloss? Verzaubert bin ich. Von der neuen Wohnung, die einfach passt.

Freitag, 25. Januar 2013

Zer - streut

Nein, heute vollbringe ich keine Wunder, nicht einmal eine akzeptable Leistung im Kleinen. Ich bin zer - streut. Seit ich aufgewacht bin, fliegen meine Gedanken dahin und dorthin. Nach Gestern und ins Übermorgen. Nur nicht in der Gegenwart verweilen. Überhaupt nicht verweilen - die Gedanken nicht und die  Hände nicht. Nur der Hintern, der hat Sitzleder. Aber die Augen rollen, sehen das und jenes, in der Realität und in der Vision. Und in jeder Zelle vibriert es; ich bin nervös. Nervös im Quadrat. Es ist die Wohnung, die wir gestern zugesprochen bekommen haben.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Puppenstube

Seit einer guten Stunde wissen wir, wo wir ab Mai 2013 wohnen werden - in einer Puppenstube.

An unserer künftigen Wohnung ist uns so manches wichtig, aber nicht die Gesamtfläche. Es ist uns wichtig, dass unsere beiden Katzen einigermassen gefahrlos leben können und Freilauf haben. Es ist uns wichtig, dass wir ein Flecklein Erde mit Schnittlauch, Peterli und Blumen bepflanzen dürfen. Es ist uns wichtig, dass wir manchmal im Freien an der Sonne sitzen können, und es ist uns wichtig, dass die künftige Wohnung  geeignet ist, um darin alt zu werden.

All das trifft auf unsere Puppenstubenwohnung in Winterthur-Hegi zu. All das! Wir freuen uns so sehr, dass ich mich fast nicht mehr einkriege.

Klar, es gibt da noch einiges zu bedenken: Wohin mit all unserer Ware? Was behalten, was abstossen, was nach Flüelen bringen? Aber das lässt sich alles lösen. Hauptsache, wir wissen nun, was wir zu lösen haben!

Hat eigentlich das Puppenhaus, das Reto unseren Kindern gesägt, geleimt und bemalt hat, in unserer Puppenstube noch Platz? Muss...

Dienstag, 22. Januar 2013

Ich bin eine "Flau"

Gestern Abend eine grosse Diskussion über "die Frau in der Kirche" in kleiner Runde am Familientisch. Reto nicht zu Hause. - Nicht die erste und nicht die letzte solche Diskussion. Aber ich habe nachher nicht geweint. Ich  kann stand halten.

Mir ist Tschensaeng in den Sinn gekommen, die Frau aus Laos. Ich bin zehn Jahre lang fast jeden "Fleitagmorgen" zu ihr gegangen, um ihr das Lesen beizubringen. Sie hat nicht lesen gelernt. Aber wir haben zusammen für ihre Kinder "Härdöpfustock" gekocht, weil diese das auch einmal essen wollten zu Hause. Und Reto und ich haben im Gegenzug bei ihnen auf dem Boden laotische Gerichte gegessen. Der Mund brennt beim Erinnern.

Tschensaeng konnte sich als Frau nicht wehren, und doch gelang es ihr, einigermassen zu sorgen für ihre Kinder. Ein Höhepunkt war es wohl, als wir zusammen zur Bank gingen und ein Konto für sie allein eröffnet haben, an das ihr spielsüchtiger Mann nicht heran konnte. Vorher hatten wir ein paar "Fleitage" mit dem Satz begonnen: "Ich bin eine "Flau"." - Ich mache mich nicht lustig über die laotische Frau, die das "R" nicht sagen konnte. Ich höre sie einfach gern in meiner Erinnerung so wie sie eben sprach.

Ich bin eine "Flau" oder eine Frau. - Tschensaeng hat einen weiten Weg gemacht von den Reisfeldern in Laos nach Winterthur und bis zu ihrem eigenen Bankkonto. Und ich mache immer noch einen weiten Weg  von der jungen Frau, die noch kein Wahl- und Stimmrecht besass zur Zeit ihrer Volljährigkeit hin zu der alten Frau, die aufsteht und für volle Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern einsteht. Ich bin eine Frau.

Wohnungen anschauen

Ich sehe mir uuuh-gern fremde Wohnungen an. Abends im Zug oder im Bus linse ich beim Vorbeifahren im Dunkeln in möglichst viele Fenster hinein. Ich oute mich als Voyeurin der harmlosen Art.

Aber jetzt fahren Reto und ich alle zwei Tage oder so tagsüber "schnell" nach Winterthur oder so, um Wohnungen anzusehen, die wir eventuell bewohnen möchten oder dürften. Dann stellen wir uns vor, was Platz hätte und was nicht. Wie wir in der Umgebung zurecht kämen, wir und unsere zwei Katzen.

Wir bauen Luftschlösser, die dann wie Kartenhäuser zusammen stürzen, wenn eine Absage kommt. Das ist emotionale Schwerarbeit.

Montag, 21. Januar 2013

Teamsitzung

Alle zwei Wochen  am Montag um neun Uhr ist Teamsitzung. Heute war der Präsident vom Vorstand mit dabei. Er hat gestaunt über die Ernsthaftigkeit unseres Sitzens, über die Vielfältigkeit der Themen, und er hat sich gefreut, dass auch gelacht wird, der Humor nicht fehlt vor lauter Ernsthaftigkeit.

Dem ist wenig beizufügen - ausser:

  •  unser gutes Einvernehmen
  • unser Aufeinander-Eingehen
  • unsere Lösungsorientiertheit
  • den Glauben mindestens einzelner, dass der Heilige Geist mitwirkt

                                         
Ich würde vielleicht eher sagen: Ein langer Atem und Hoffnung bis zuletzt trägt (oft) Früchte.

Sonntag, 20. Januar 2013

Gelungen

Am Mittagstisch zehn Menschen - sieben Erwachsene und drei Kinder. Ich habe lange gekocht und Kuchen gebacken, und nicht alle hatten alles gern. Eigentlich schön, wenn man das sieht und hört. Und eigentlich schön, wenn die Gäste essen und trinken, was sie mögen und ihnen gut tut, statt so zu tun, als wäre alles, aber auch gar alles nach ihrem Geschmack. Eigentlich nur schön, wenn die Gäste tun, als wären sie hier wie zu Hause.

Die drei Kinder SIND eben hier wie zu Hause, weil sie schon oft an unseren Kindertagen waren. Sie "fremden" nicht mehr und sind doch immer noch oder erst recht richtig "gmögige" Kinder. Und die Eltern erst! Und dann noch die Grosseltern obendrein! Ein richtig gelungener Sonntag.

Samstag, 19. Januar 2013

Weit weg und ganz nah

Am Donnerstag bin ich abgereist und gerade zurück gekommen. Ich war weit weg - in Bern und Bützberg und Winterthur und Elsau. Aber ich war ganz nah - bei unseren Kindern.

Am Donnerstag durfte ich in Bern mit Stefan Herman van Veen sehen und hören und geniessen. Der Liedermacher ist älter als ich, aber topfit. Er war in grossartiger Sing- und Spiellaune, und wir dankten es ihm und seinen MusikerInnen am Schluss mit einer "standing ovation". Dann geht man spätnachts "heim" und ist glücklich.

Die letzte Nacht haben Reto und ich bei Judith und Harry übernachtet - zwischen zwei Wohnungsbesichtigungen. Wir würden beide Wohnungen nehmen, wenn wir sie bekämen. Aber wir sind nicht die einzigen, die sie gern hätten. Sich also in Geduld fassen und nicht schon im Kopf einrichten. Aber in der zweiten hätte also unser grosser Tisch tiptop Platz, und der Computer käme genau dorthin, wo die bisherigen Mieter ihren auch haben...

Donnerstag, 17. Januar 2013

Alltag

Gestern habe ich den Frauen in der ersten Bankreihe der Kirche von Göschenen erzählt, dass wir in der ersten Woche des Jahreskreises des Kirchenjahres stehen. Das tönt kompliziert, meint aber einfach, dass nach Advent und Weihnachtszeit der kirchliche Alltag wieder begonnen hat. Wir haben ein bisschen darüber nachgedacht, was für uns selber "Alltag" bedeutet. Eine Frau hat nachher gesagt, dass sie froh ist, dass die Festtage vorbei sind. Schön waren sie. Viel Besuch kam. Aber jetzt muss gut sein. Es darf auf kleinerem Energielevel weitergehen.

Alltag für mich? - Wir sind von Chur zurück. Reto und Severin haben die Kirchenkrippe durch den Schnee ins Sakristanenhaus zurück getragen. Reto hat sein Weihnachtsfenster in der Stube abgeräumt und so versorgt, dass er alles wieder findet nächstes Jahr an neuem Ort.

Wir gehen in nächster Zeit Wohnungen in Winti besichtigen. - Nein, bei uns kehrt kein Alltag ein.

Mittwoch, 16. Januar 2013

Piss-Kater Nepomuk

Seit gestern Abend um acht Uhr bekam Nepomuk nichts zu fressen, und er durfte nicht ins Freie, weil er heute kastriert wird. Er wird kastriert, weil er phasenweise ganz grässlich markiert hat in unserer Wohnung. Und weil er kastriert wird und nicht ins Freie durfte, hat er heute Morgen nochmals (???) alles gegeben, was seine Blase hergab. Unsere Wohnung stinkt. Trotzdem tut er mir leid, war ich doch der Meinung, so ein schöner, stolzer Kater sollte die Möglichkeit haben und sie nutzen, seine Gene unter "die Leute" zu bringen. - Aus und vorbei, keine  Nepi-Junge mehr im Oberland! Ob es mit dem Markieren auch aus und vorbei ist, muss sich erst erweisen.


Dienstag, 15. Januar 2013

Ökumenisch und katholisch ist dasselbe

Ich warte auf den reformierten Pfarrer. Wir werden miteinander einen ökumenischen Gottesdienst vorbereiten. Ich freue mich darauf.

Weil ich am Warten bin, habe ich im Herkunftswörterbuch nachgeschlagen, was einerseits ökumenisch bedeutet und andererseits katholisch. Beides dasselbe: die ganze Welt umfassend, allgemein, allumfassend, den ganzen Erdkreis betreffend. - Erst nach dieser ersten Bedeutung stellen sich Variationen ein, die uns ja bekannt sind.

Wie kommen wir bloss dazu, immer alles künstlich und mit ausufernden Rechtssetzungen auseinander zu reissen, wo es doch eindeutig zusammen gehört!

Montag, 14. Januar 2013

Wallfahrt nach Chur

Die letzten Tage war ich besetzt von dem einen und einzigen Gedanken, dass Reto und ich uns gezwungen sahen, nach gut 20 Jahren zur Zeit von Bischof Haas "schon wieder" nach Chur zu pilgern, um für "unsere" Kirche einzustehen.

Wir fuhren bei allerschönstem Winterwetter mit dem Zug über den Oberalppass, sahen unterwegs das Kloster Disentis und das Kloster Ilanz und all die Kirchen in jedem Dorf. Wahrscheinlich aber hat nicht mehr jede Pfarrei ihren Pfarrer. Die Zeiten ändern sich.

Wir kamen frühzeitig in Chur an und setzten uns in ein Kaffee. - Ich wollte bald los, sehen, wie die Leute hoffentlich kommen. Reto mahnte zur Ruhe: "Wir sind noch früh."

Dann brachen wir auf. Aufwärts zur Kathedrale. Unterwegs Eltern mit Kindern. Leute in Schneekleidung. Wenig Menschen überhaupt. Ich frage meinen Mann: "Was meinst du, wieviele kommen?" - "Wenn wir hundert sind, bin ich zufrieden." sagt er. Ich befürchte, dass es nicht einmal hundert sein werden.

Dann treten wir in die Kathedrale ein. Sie ist voll; wir finden in der hintersten Bankreihe noch zwei Plätze, und es ist immer noch früh. Wir sind überwältigt und in der Seele froh, dass wir da sind, und dass all die anderen auch da sind. Markus Heil sagt, dass wir niemand allein lassen. Dass wir aus Solidarität vielleicht noch oft zusammenkommen müssen. Fünf Jahre lang, zehn Jahre lang, zwanzig sogar. Aber wir werden unsere Verantwortung für unsere Kirche und füreinander wahr nehmen.

Wir feiern gemeinsam. Endlich glaube ich, dass wir wirklich auf einer Wallfahrt sind. Am Schluss ziehen wir Sechshundert mit brennenden Kerzen aus der Kathedrale aus. Was macht es, dass Generalvikar Grichting und Bischofsprecher Gracia uns wie "Gschmeiss" (=lästige Insekten) behandeln. Seinen Stick mit Belehrungen für das dumme Volk verschmähen wir, ebenso seinen Glühwein. Dafür treffen wir viele, viele alte Bekannte - oft solche, die vor gut zwanzig Jahren auch schon dabei waren. Wir hüten gemeinsam unsere Kirche.

Sonntag, 13. Januar 2013

Warm angezogen

Ich warte. "Verplämperle" ein bisschen Zeit, bevor wir nach Chur aufbrechen. Generalvikar Dr. Grichting drei Briefe überbringen - zwei für den Bischof, einen für ihn selbst. Nur einer der drei Briefe ist von mir, die andern überbringe ich stellvertretend.

Ich habe mich warm angezogen - aus Temperatur- und anderen Gründen. Wie schütze ich  mein Selbstwertgefühl? - Wohl gerade damit, dass ich diese "Wallfahrt" nach Chur unternehme. Indem ich mich aussetze. Und dann erlebe, dass das andere auch tun.

Gestern habe ich wieder mal gejammert, dass die Frauen grundsätzlich diskriminiert sind in der Kirche und ich mir wünsche, nicht nur "in der Not" predigen... zu dürfen. - "Grundsätzlich" interessiert die Männer nicht; ich soll  zufrieden sein, dass es konkret ja geht, der Notfall ist ja immerhin da.

Wie eigentlich ist es möglich, dass die Hälfte der Menschheit immer noch bestimmt über die andere Hälfte? Was ich denken soll. Was wesentlich ist. Was unnötig ist. Wann ich schweigen soll.

Ich habe mich warm angezogen und bin froh, dass mein  Ehemann mit mir ist - grundsätzlich und konkret. Er kommt mit nach Chur.

Samstag, 12. Januar 2013

Visitation und Visite

Heute Morgen war der Generalvikar, Martin Kopp, bei uns im Team zur Visitation. Das ist nicht einfach so ein Besuch, sondern die Bistumsleitung will bei den Visitationen feststellen, ob die Teams ihre Arbeit recht machen und ob alle Bereiche der Pastoral abgedeckt sind. Zum Glück hat uns GV Martin Kopp visitiert. Wir kennen ihn lange und gut, und wir wissen, dass wir offen mit ihm reden können. Er begegnet uns mit Wohlwollen und Respekt, ohne aber den Sinn der Visitation zu verwässern. Er hat gelobt - vor allem - und angemerkt, wo er noch Ausbau sähe. Gut so!

Später waren Reto und ich auf Visite bei einer Familie mit drei Kindern. Krippe bewundern, reden, lachen, essen, trinken, sich sagen, dass man sich mag und hin und her aneinander denkt. Am nächsten Sonntag kommen sie zu uns samt den Grosseltern - ich freue mich.

Wohlwollen bei der Visitation und bei der Visite! - Vorrat an Gutem tanken, der für die Chur-Reise morgen ausreicht!

Freitag, 11. Januar 2013

Nachtmahr

Ich bin alt. Ich kenne Wörter, welche Google nicht kennt oder nicht "bringt". "Mahr" oder "Nachtmahr" ist so ein Wort. Ich habe im alten Herkunftswörterbuch von 1963 nachgeschaut; es hat meinem Götti gehört.

"Mahr" ist verwandt mit "Mora", russisch, und meint ein Nachtgespenst, vorwiegend ein weibliches, was denn sonst! Diese Mara oder Mora verursacht das Alpdrücken oder die Albträume. Das Wort ist Kelten, Germanen und Slawen gemeinsam und hat im Sinn von "Zermalmerin" auch mit unserem Wort "mürbe" zu tun. - Wer kennt noch das Wort "mürbe" und hat einen mürben Teig vor Augen, der zerfällt, wenn man ihn nur fest anschaut?!

Ich will der wunderbaren Radiosendung "Schnabelweid" keine Konkurrenz machen, die jeweils am Donnerstagabend  ausgestrahlt wird und eben seltene Wörter erklärt, vorzugsweise solche aus der Mundart.

Wie bin ich heute Morgen auf "Mahr" gekommen? - Ich habe wieder sehr lang wach gelegen. Dann bin ich endlich eingeschlafen - und Minuten später aufgeschreckt, nein, aufgesprungen. Huch! Etwas in meinen Haaren! Alpmahr, wer bist du? Und ein Surren, Sirren. Ich wild um mich schlagend. - Eine Stubenfliege torkelt weg. Ich hinterher. Wilde Jagd. Muss mehr als dieser harmlosen Fliege gelten. Drachentöterin Esther hat zugeschlagen, zugedrückt. Alpmahr erledigt für eine Nacht!

Donnerstag, 10. Januar 2013

Immer weiter und weiter erzählen

"Immer weiter und weiter erzählen" - diese Überschrift las ich heute in meiner Lieblingszeitung "DIE ZEIT". Was unter der Überschrift stand, habe ich allerdings nicht gelesen. Wohl, weil mein Kopf überall gleichzeitig ist heute, und weil es schneit

Passt das logisch zusammen - der Kopf überall, und es schneit? - Aber passt zusammen, was ich gestern erzählt habe und was ich heute erzähle? Und ist das eine logisch fortlaufende Erzählung oder eher nur eine fortlaufende Erzählung ohne Logik?

Schreitet das Leben logisch voran, so im Sinn des Liedes von Gerhard Tersteegen (1697 - 1769):
Ein Tag, der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern
zur grossen Ewigkeit.

Oder reiht sich einfach ein Tag an den andern. Es wird Tag , und es wird Nacht, und manchmal war es gut, und manchmal ist es schwierig? - Was liegt als Logik meinem Leben zugrunde?

Mein Vater hat gesagt, Frauen könnten nicht logisch denken. Das habe ich (fast) geglaubt, bis mein Philosophielehrer an der Uni mich lobte: "Sie können logisch denken."

Logisch ist für mich eines: Hör nicht auf die anderen, erzähle einfach weiter und weiter, ob es passt oder nicht. Wenn du schon mal gern erzählst.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Ein Hirte von der Göscheneralp

Heute Morgen hatten wir Kaffeebesuch von einem Hirten aus der Göschneralp. Er hat einen Hirtenbrief an unseren Bischof geschrieben und wird ihn am Sonntag persönlich überreichen. Der Bischof von Chur wird in Schattdorf UR sein, dort um 9.30 Uhr Gottesdienst feiern und nachher beim Apéro mit den Gottesdienstbesuchern anstossen. Unser Hirte wird dort sein und dem "Hirten" von Chur seinen Hirtenbrief überreichen und ihm einschärfen, dass er ihn aber bestimmt selber lesen solle. Wir haben ihn hören dürfen. Der Hirte von der  Göscheneralp fordert den Hirten von Chur auf, Frieden zu schaffen in seinem Bistum. Er vergleicht das Bistum mit dem Stausee von der Göscheneralp. Wenn es warm ist, fliessen die Bächlein und Wässerlein, und der Natur geht es gut. Wenn es kalt ist, steht alles still, und das bekommt der Natur über längere Zeit nicht. Ein Bischof solle für Wärme sorgen, findet der Hirte von der Göscheneralp.

Dienstag, 8. Januar 2013

"Fräsen" = schnell fahren

Heute Morgen bin ich mit dem Auto nach Gurtnellen gefahren und nach dem Gottesdienst wieder nach Wassen zurück Auf der Kantonsstrasse stand ein überlanger Lastwagen, der die halbe Auffahrt versperrte. Ich musste in zwei Anläufen um ihn herum kurven, und kam auf den Geschmack der Kurven. Ich freute mich plötzlich daran, mit einigem Tempo schwungvoll links und rechts auszuholen und die Kurven mit Genuss rhythmisch auszufahren. - Da tauchte in mir die Erinnerung an Jugendtage auf, wenn wir von der Finsterthüele, wo die Grosseltern wohnten, nach Küngoldingen hinunter möglichst schnell und freihändig "frästen" - übermütig und aus heutiger Sicht gefährlich. Aber es passierte uns nichts. - Ob ich im neuen Jahr wieder ein bisschen mehr "fräsen" sollte, Tempo zulegen, Vertrauen zurück holen, Spass haben?!

Montag, 7. Januar 2013

Siebter Januar - Alltag kehrt ein

Reto hat den Weihnachtsbaum abgeräumt und drei Kilo Nadeln eingesaugt - ungefähr. Unser Kaffeegast hat darauf hingewiesen, dass wir den ganzen Schmuck dann zügeln müssen - drei Bananenschachteln voll - ganz genau. Ich habe das letzte Geschenkpäckli eingepackt und verschenkt - heute Morgen. Das goldgewirkte Geschenkpapier ist alle, aufgebraucht - ganz und gar.

Aber es war schön - richtig schön: Die Mitternachtsmesse in Wassen mit 618 Kerzengläsli, diverse andere Gottesdienste, Apéros auf der Göscheneralp, Begegnungen allüberall. Und die Familie zu Besuch - 13 waren wir insgesamt. Wunderschön!

Jetzt kehrt der Alltag wieder ein - die nächste Weihnacht lebe hoch! Wo auch immer!

Sonntag, 6. Januar 2013

Schlaflos

In der Silvesternacht habe ich den mittelalterlichen Gelehrten Thomas von Aquin als "nicht gescheit" bezeichnet, weil er die Frau gemäss den Meinungen seiner Zeit als "Mängelwesen" betrachtet hat. Der Mann sei der wahre, richtige, ganze Mensch; die Frau sei eine mangelhafte Ableitung von ihm und blosse Empfängerin seines edlen Samens. So wie der Himmel auf die niedrige Erde es regnen lasse (ich habe nachgelesen!). Das berechtige den Mann auch dazu, die Frau zu be-herrschen. - Ich wurde dann in der Silvesternacht ziemlich rüde "zur Vernunft" oder eher zum Schweigen gebracht. Von einem Mann.

Im "Landboten", der Zeitung von Winterthur und Umgebung, ist ein Interview mit Bischof Markus Büchel, St. Gallen, erschienen. Der Herr Bischof ist gegen die Priesterweihe der Frau im Moment - in 1000 Jahren könne das anders sein. - In 1000 Jahren!!!

Ich kann nicht mehr schlafen, weil ich mich ärgere vom Scheitel bis zur Sohle und in jeder Zelle und in jedem Körperteil bis und mit Gebärmutter, die in der hebräischen Sprache für "Erbarmen" steht. Mit wem soll ich Erbarmen haben???


Samstag, 5. Januar 2013

Unlustig

Heute Morgen sind die näheren Angaben gekommen für den 13. Januar. An einem Sonntag werden Reto und ich mit hoffentlich vielen anderen nach Chur reisen, um unsere Schreiben dem Bischof oder einem Stellvertreter zu überreichen. In diesen Schreiben stehen all unsere Kümmernisse und Sorgen betreffs der Kirchenleitung. Stehen all unsere Bezeugungen des Glaubens und unserer Hingabe an die Kirche TROTZDEM. - Ich bin unlustig, ist es doch schon das zweitenmal, dass ich mich aus Gewissensgründen gegen einen Bischof stelle(n muss). Ich mag eigentlich nicht mehr, nicht schon wieder. Aber ich gehe, und ich werde meine Unlust überwinden. Wie immer. ABER ES KANN DOCH NICHT EWIG SEIN WIE IMMER!!?

Freitag, 4. Januar 2013

Fraglos gut!

Heute Morgen Gottesdienst im Betagtenheim! - Allen ein gesegnetes neues Jahr wünschen und Gegenwünsche empfangen. Grüsse an Reto. - Dann feiern wir, und es ist fraglos gut, hier zu sein, mit genau diesen Menschen. Ich sage ihnen, dass es wichtig ist, dass sie hier sind, und dass sie mit ihrer Persönlichkeit auch im Heim nötig und gefragt sind. Jedes! Sie schauen mich an und einer nickt, von dem ich weiss, dass er  lieber noch nicht im Heim wäre. Er nickt, und ich freue mich über den Text, den ich vorgelesen habe:

"Ein Stück der Welt hat darauf gewartet, damit du diesen Ort erreichst.
Manche Menschen möchten von dem Ort, an dem sie gerade sind,
weglaufen, um ihren heiligen Ort zu finden.
Wo auch immer du bist, was auch immer du dort tust -
mache das zu deinem heiligen Ort."

Wahrscheinlich ist dieser Text zuallererst an mich gerichtet...

Donnerstag, 3. Januar 2013

Heimkommen - Mails checken

Reto und ich waren eineinhalb Tage in Flüelen, um die vielen Eindrücke der letzten Tage auszusortieren: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. - Ins Kröpfchen würde hier wohl bedeuten: "abeschlücke, verdoue, vergässe". Aber es überwiegt dermassen das Gute, dass das Schwierige zu (er-)tragen ist. Vom Schwierigen, als da ist das Verhältnis zum Bischof und seine Ansprüche, habe ich meiner Arbeitskollegin per Mail erzählt. Auch meine Brief-Predigt ihr geschickt. Nun meint sie: veröffentlichen! - Ob ich das auch noch wage? Vielleicht. Kann sein. Muss vielleicht sein. Für mich und andere.

Mittwoch, 2. Januar 2013

Abendmahl

2. Januar - wir sind schon mitten im neuen Jahr. Die ganzen Arbeits-vollen und Wunder-vollen Tage des zu Ende gehenden und des neu beginnenden Jahres sind gelebt in vollen Zügen. Gestern Abend war ich nochmals in Göschenen am Behörden-Apéro des Kirchenrates. Eindrückliche Persönlichkeiten von verschiedenster Machart um den gleichen Tisch versammelt. Alle greifen zu von derselben Fleischplatte und reden über Hirsche im Dorf, Kirchenpolitik und Persönliches. Und finden, das müsste man öfter machen, zusammen reden über alle Zuständigkeiten hinweg. Einer der Mannen geht Jahr für Jahr zum Behördenapéro seit über dreissig Jahren. Getreulich. Treu. Bereit, mit jeder und jedem zu reden am Tisch.

Behördenapéro - ein Sinnbild wofür? Ein Bild, das man kennt. Ein Bild. - ABENDMAHL!

Dienstag, 1. Januar 2013

Es ist getan!

Oh, oh, oh, das war schwieriger als gedacht - die Predigt mit dem Brief an den Bischof Vitus Huonder! - Mir ist ja nicht in die Wiege gelegt worden, mich gegen Autoritäten zu stellen. Aber ich habe die Pfarrei-Initiative unterschrieben und muss mich bis zum 15.1.2013 beim Bischof rechtfertigen. So habe ich beschlossen, meinen Brief an den Bischof an drei Orten als Predigt vorzulesen. - Zweimal habe ich vor der Predigt massiv Bauchweh gehabt und danach Kopfweh. Einmal ist es mir gut gegangen, davor, während und danach: Auf der Göscheneralp.

Es ist getan, dreimal! Wie schön, dass das dritte Mal auf der Göscheneralp war! Zuerst mit dem Schneetöff, Christoph am Lenker, hinauf brausen. Dann Gottesdienst; Max schmunzelt. Und in der Beiz danach so viel Nähe und Verständnis. Umarmungen. Kläri hat nichts gesagt, aber mir die Wange gestreichelt. Elisabeth und Käri - voll bei  mir und für mich.Wunderbar. Hurrah, ich lebe noch!

Auf der Talfahrt, der sausenden, Reto am Jodeln, haben wir eine Gämse gesehen. Rassiger Endspurt von Christoph. Brems- "Chrigel" mit dem Schneetöff. Alles gut. Es ist getan!