Freitag, 30. September 2011

Ausgang in Intschi

Hätte mir vor vier Jahren jemand von Intschi geredet, ich hätte gedacht, das wäre in einem andern Land. Aber heute Abend war ich mit neun Jugendlichen im Restaurant "Schäfli" in Intschi im Ausgang - Poulet an feiner Sauce essen. Gute Bedienung. Feines Essen. Schöne Gaststube. Sehr angenehme Jugendliche. Klatsch und Tratsch über Mitschüler und Lehrpersonen, aber auch Einblicke in das neue Leben der frischgebackenen Erstjahrstiftinnen. Polymechanikerin; sie feilt und bohrt und fräst. Pflegefachfrau; sie freut sich aufs Spritzenmachen und weiss jetzt schon, wie man einen Arm massieren muss, dass es beruhigt oder aber anregt.

Anregende Gespräche dann auch auf der Heimfahrt im Bus, der durchs stockdunkle Reusstal aufwärts fährt. Vom Schafmarkt und wieviele hundert Tiere auf den Platz gehen. Von Geissböcken, die nur im Herbst stinken, aber im Sommer nicht. - Ich bin doch in einem andern Land. Neugierig höre ich zu. Neues erschliesst sich mir.

Donnerstag, 29. September 2011

Schon dunkelt es zwischen den Tannen

So wunderschöne Endsommertage, aber täusche man sich nicht: Es ist erst kurz nach sieben, und schon dunkelt es zwischen den Tannen, Herbst und Winter lauern.

Mittwoch, 28. September 2011

Ein ganz freier Tag

Heute Morgen bin ich in Flüelen erwacht - in unserer Fluchtburg. Reto konnte auch noch bis fast um zehn Uhr bleiben, dann hatte er vielerlei Pflichten wie Hostien posten im Kloster, Blumen für die Kirche bestellen beim Gärtner...

Ich habe wieder "nachgelesen" - fast alles, was auf dem Lesebeigelein lag. Neues über Traumforschung, zwei Berichte in "DIE ZEIT", wie die SVP sich selber schadet - UND DEM LAND!!! Weil Konsensfindung zum Wohl des Landes, also von uns allen, immer mehr sabotiert wird durch eine einzige Partei - oder noch genauer, deren Zürcher Flügel. - Leider mag ich nicht so recht dran glauben, dass die SVP bald verlieren wird, weil immer mehr Leute das Spiel durchschauen.

Nach dem vegetarischen Mittagessen war ich im Reussdelta, dem meine absolute Begeisterung gilt. Bei jedem Wetter. In jeder Jahreszeit. - Heute war windiges Wetter. (Hat da jemand gesagt: Aber es wird besser?) Herbstgeruch lag in der Luft. Nebeldunst umflorte die Berge. Umflorte mein Gemüt.

Im Bus aufwärts nach Wassen eine liebe Gefährtin, die mir erzählte, dass sie das Sonnenblumenbildchen vom Schuleröffnungsgottesdienst vor sieben Wochen immer mit sich trägt. Und den Heiligen Josef mit den grossen Ohren braucht, wenn es brenzlig wird. Manchmal braucht man eine Zuflucht. - Hey, was ich da mache und verteile, scheint ja nicht vergebens zu sein. Bei andern!

Dienstag, 27. September 2011

Morgenstern

Sooo früh bin ich nicht aufgestanden, aber früh genug, um noch den Morgenstern über dem "Höreli" neben dem "Meiggelestock" zu sehen. - Um zehn vor sieben Backofen vorheizen , "einturnen" im Freien. Zopf vom Freitag, wir hatten keine Gelegenheit ihn anzuessen, mit Wasser übergiessen, in den heissen Ofen schieben. Meditieren im Freien mit dem türkis Tuch von Chile über den Schultern. Kätzchen Fabiola ist ganz interessiert an den Fransen, aber sie legt sich auf den "Katzenstuhl" mit weichen Kissen, als sie merkt, dass ich gaaanz ruhig atme und bin, nur nach dem Morgenstern schiele, hie und da. - Mmmmh, Zopfduft! - Meditation unterbrechen, Zopf zum Auskühlen legen, weiter meditiern. Der Morgenstern ist ganz blass noch da. - Fünf vor halb acht. Es rumpelt im oberen Stock. Ich verbeuge mich vor ... Vor?... Vor ALLEM! Dann Kaffee machen, dann kommt Reto und freut sich auf den Zopf. Wer wird da noch an den Morgenstern denken. Ich nicht.

Montag, 26. September 2011

Ich habe es getan

Ich habe heute Morgen tatsächlich fünf Minuten "eingeturnt" und zwanzig Minuten meditiert. Natürlich ist gar nichts passiert, ausser dass ich zufrieden bin mit mir. Wenn das nichts ist!!! - Muss das Buch von dem Typen fertig lesen...

Sonntag, 25. September 2011

Ich glaube, ich beginne wieder zu meditieren

Ich lese völlig hingerissen den Erfahrungsbericht eines Mannes, der in Indien zehn Tage lang "gesessen" ist. Das heisst in diesem Zusammenhang, dass er pro Tag zehn Stunden möglichst still und unbeweglich mit geradem Rücken sass, um aufmerksamer und gspüriger zu werden. Das tönt verrückt, aber da ich selbst einige Erfahrungen mit "dem Sitzen" habe, frage ich mich einzig, warum ich immer wieder damit aufhöre. - Bequemlichkeit, Unlust zu all dem Schrott, der dann hochkommt und der mich wütend, traurig und verzweifelt macht. "Gspüriger" sein bedeutet zwar, das Glück tiefer fühlen, aber auch das Unglück. Und der Wahrheit begegnen - nicht der absoluten, die nur der Papst hat, sondern meiner eigenen kleinen Lebenswahrheit.

Samstag, 24. September 2011

Der heutige einmalige Tag geht dem Ende zu

Sonne vom Morgen bis zum Abend, warme Temperaturen, nie eine Jacke angezogen, Füsse nackt im Haus, im Garten, nur nicht in der Kirche. Blumen für den Altar gepflückt und mich einweisen lassen für einen Gottesdienst ohne Sakristan. Wie läute ich die Glocken? Welches Licht? - Die Bibeltexte für den Bruder Klausen-Gedenktag habe ich selber gefunden. Klar. Aber die Predigt stellte sich nicht von selbst ein, habe nach ihr gesucht. Sie ist viel friedlicher geworden als erwartet. Ich lasse den Papst in Frieden. Ist auch nur ein Mensch. "Benedetto" würde ich nie rufen. Ich bin per Sie mit Herrn Ratzinger.

Die heutige Zwiebel hat es noch nie gegeben

"Gibt es Alltag?" fragt Ina Praetorius - und gibt auf ihre eigene Frage sechs Seiten lang Antwort. Verstanden habe ich, dass unter dem Alltäglichen vor allem das Gewöhnliche, auch das Wiederkehrende verstanden wurde und verstanden wird - und dass dieses alles vor allem den Frauen zugeschoben wurde (und wird?): Sich kümmern um das Repetitive, um das alles, was im menschlichen Leben ständig wiederkehrt > kochen, abwaschen, versorgen, einkaufen, kochen, abwaschen, versorgen, einkaufen; waschen, aufhängen, abnehmen, versorgen, waschen, aufhängen, abnehmen, versorgen; füttern, zum Schlafen legen, aufnehmen, Füdli putzen, füttern, zum Schlafen legen, aufnehmen, Füdli putzen.

Die Männer und heute auch die Managerinnen und andere hochwohlgeborene Frauen beschäftigen sich derweil mit Höherem, der Organisation von Herrschaft (können auch Frauen ausfüllen).

Aber, sagt Ina Peaetorius, so simpel ist das alles nicht. - Ich, die ich heute Zwiebelsuppe gekocht habe, zitiere Ina: "Diese Zwiebel, die ich in Stücke schneide, hat es noch nie gegeben, sie ist ein Original, so wie der Zeitraum, dieser einmalige Tag, an dem ich diese Zwiebel in diesem Kochtopf mit diesem Öl zusammenbringe, ein Original ist." - Es lebe der heutige, einmalige Tag!

Freitag, 23. September 2011

Nix geschrieben, weil nix Alltag!

Schaukeln auf dem Hausboot, schaukeln mit dem ganzen Team samt Reto über Land, am Freitag das Gefühl von Samstag haben, gegen Ende September den Sommer geniessen und hoffen, dass er dauert, auf den Papst on TV warten, der in Deutschland ist und nicht in Rom, ein Scheissbuch von Andreas Altmann - es heisst: "Das Scheissleben meines Vaters, das Scheissleben meiner Mutter und meine eigene Scheissjugend"- gerade unbedingt fertig gelesen mitten am Tag, die Arbeit auf den Abend verschoben, jetzt geh ich Dessert machen, durcheinander, alles, ich am meisten. Alltag, wo bist du?

Montag, 19. September 2011

Alltag?

Ob ich heute Nacht immer noch auf dem Hausboot bin? - Die letzten Nächte wusste ich überhaupt nicht, was los ist. Alles seitenverkehrt. Wo ist das Wasser? Schreien keine Otter? Warum nicht? WO BIN ICH?

Bald kehrt der Alltag wieder ein. Keine Angst! - Oder sollte ich Angst haben, dass? - Ich geh mal in mein Zimmer und lese einen Artikel zum Thema "Alltag" von Ina Praetorius, einer Denkerin, deren Gedanken ich gern folge. Feministische Theologin.

Sonntag, 18. September 2011

Family!

Die Wärme von Südfrankreich noch in der Haut. Die 33 Mückenstiche auf der Haut, unter der Haut - kratz. Bin ich wieder in Wassen. Noch nicht ganz angekommen. Noch nicht ganz aufgeräumt. Noch nicht ganz ausgeträumt. Aber zufrieden. Noch nicht berührt vom Schnee, der weiter oben fällt.

In Gedanken bei der ganzen Hausbootbesatzung: Harry, der die Idee hatte und als Kapitän das Schiff meistens steuerte, sowieso, wenn es ungemütlich wurde; Judith, die Gattin des Kapitäns, so ruhig agierend, stark, schön, meine Tochter, mein Stolz; Stefan, der in dieser Woche gesund wurde. Wenn er gesund ist, bin ich auch gesund, angesteckt von seinem Lachen, seiner Präsenz, ganz da, jetzt. Mir ähnlicher, als ich vor der gemeinsamen Reise nach München zu träumen wagte; Martin, der ruhende Pol, aufmerksam, zupackend, realistisch, pragmatisch, soll sich nicht unter seinem Wert verkaufen, stilles Wasser, wo gründend? Reto, mit dem ich seit 35 Jahren unterwegs bin. Mit dem ich die Freude an unserer "family" teile. Dessen Hilfsbereitschaft unermesslich ist und auch seine Lachbereitschaft. Übermütig noch mit 63 Jahren. Keine schlechte Leistung. Ich. Mich übend im Altwerden, im manchmal Mitlachen, manchmal nicht. Mich übend im Akzeptieren meiner selbst. Das ist das schwerste.

Freitag, 9. September 2011

Wladimir

Pfarrhaustür - Hoffnung immer wieder für Leute, denen die Gnade Gottes nicht wohl will. - Heute war Wladimir bei mir. Er hat vier Kinder, seine Frau ist gestorben, die Schwiegermutter schaut den Kindern. Er hat vor zwei Jahren die Stelle als Glasbläser verloren - in der Tschechei. Seither sucht er Arbeit in Europa.

In einem Monat kann er im Wallis "wümme", aber weil er zu früh ist, muss er heim. So einer sucht den Pfarrer. Ich kann mich verstecken und ihm die Adresse des Pfarrers liefern. Bin ich da fein raus? - Zum Glück kommt er ein zweitesmal. Zweite Chance für mich! Ich bin froh. Ich werde an Wladimir denken; er ist SEHR glaubwürdig. Umso mehr tut es mir LEID, dass so das Leben verfährt!

WLADIMIR! - Liebergott???

Albe im Wind

sauber gewaschen, zum Trocknen in den Wind gehängt, im Gegenwind der Zeit, zum Zeichen wessen, des eigenen Fragens, der Sehnsucht, des immer neuen Suchens, abgehängt, hangend, baumelnd, Halt suchend.

Unter welchen Bedingungen gern getragen?
Welche Verantwortung mitgetragen? Mitgehangen, mitgegangen...
Identifikation mit der Kirche? - Nein, aber mit dem, auf dessen Namen ich getauft bin. Der mir bedeutet: Geh!

Einmal Mutter - immer Mutter

...habe gehört, mein Sohn sei krank. Was mache ich? - Sofort hingehen und meinem Sohn die Hand auf die Stirne legen, schauen, ob er Fieber hat. Sein Lebenspartner tut dasselbe, und wir zwei stehen aufgerichtet über Sohnemann und sprechen über ihn und was er vielleicht hat - Fieber oder nicht...Sohn Stefan ist 34 Jahre alt. Tzz, tzzz, tzzz...

Mittwoch, 7. September 2011

Aki Kaurismäki

Aki Kaurismäki heisst ein finnischer Regisseur, der gern ein paar Gläser Weisswein trinkt. Wenn es von ihm in der "Zeit" heisst: "Bei Kaurismäki scheint das Trinken wie eine Mischung aus Sprung in den Abgrund und kindlichem Seelenschutz." dann verstehe ich das nur allzu gut. Reto hat mir heute Abend beim Trinken geholfen - das ist gut so.

Welche andere Methoden gäbe es, um den kindlichen Seelenschutz zu gewährleisten??? Meldungen gern an meine Email-Adresse...

Montag, 5. September 2011

Regen - Blues

Zwei Tage Regen und schon den Blues - wie das noch kommt mit dem Schnee?? - Joachim Ringelnatz bringt mich zu scheuem Lachen, muss noch ein wenig üben, dann wird es mutiger, fester, lauter.

Joachim Ringelnatz (1883-1934):

Wenn du nicht froh kannst denken,
obwohl nichts Hartes dich bedrückt,
sollst du ein Blümchen verschenken
aufs Gratewohl von dir gepflückt.

irgend ein staubiger, gelber -
sei's Hahnenfuss - vom Wegesrand.
Und schenke das Blümchen dir selber
aus linker Hand an die rechte Hand.

Und mache dir eine Verbeugung
im Spiegel und sage:"Du,
ich bin der Überzeugung,
dir setzt man einzig schrecklich zu.
Wie wär's, wenn du jetzt mal sachlich
fleissig einfach arbeiten tätst?
Später prahle nicht und jetzt lach nicht,
dass du nicht in Übermut gerätst."

Sonntag, 4. September 2011

Tomatensuppe

Welche Freude - ich habe im kühlen Regen ohne mich davor zu schützen mit Genuss 20 reife Tomaten geerntet in unserem Pfarrhausgarten. Die heilige Zahl sieben davon verkoche ich gerade zu einer exquisiten Tomatensuppe. - Es scheint ein uraltes Bedürfnis zu sein zu säen und zu ernten und die Ernte zum Wohl der Angehörigen zuzubereiten und darzureichen. Urbefriedigung auch, vor dem Winter zu konservieren, was die Natur an Überfluss zu bieten hat. Auf dass wir im Winter nicht hungern müssen. Konfitüre und Cashmere-Decke gegen Kälte und anstelle von menschlicher Nähe und Wärme? - Hunger, Hunger, Hunger...Die Tomatensuppe ist "lind".

Leben - erleben

Es ist anstrengend dreimal am Wochenende je an einem andern Ort Gottesdienst zu feiern wie wenn es jedesmal der ein und einzige wäre. Wie muss es sein, hunderte Male das gleiche Theaterstück zu spielen, in der gleichen Oper dieselbe Arie zu singen?! Mit dem gleichen Ernst. Mit voller Energie.

Manchmal gebe ich mich gefühlsmässig und stimmlich so aus, dass ich nachher nudelfertig bin. Und weiss nicht, ob jemand etwas hat davon.

Aber heute hat eine Frau gesagt, das, was du machst, das würde ich gern auch tun. Und gestern war es es sehr berührend, der kleinen Ministrantin zuzusehen, wie sie an den Lippen des Pfarrers hing und wie sie ihre Aufgabe so gut wie nur möglich machen wollte.

Ich habe den Leuten in jedem Gottesdienst gedankt, dass sie gekommen sind und ihnen gesagt, dass mir das unglaublich wichtig ist. Ich lebe von den Begegnungen. Ich erlebe viel in und rund um jeden Gottesdienst. Die  Menschen sind mir lieb. Nur ein paar wenige fürchte ich.

Freitag, 2. September 2011

Enttäuscht

Zusammengesessen, vorbereitet zu zweit und einzeln, sich viele Gedanken gemacht - sich SEHR viel Mühe gegeben - und dann interessieren sich SIEBEN Leute für den Anlass, der dreimal im Pfarreiblatt ausgeschrieben war. Könnte ersticken am selbstgebackenen Kuchen, den ich wieder nach Hause gebracht habe!

Donnerstag, 1. September 2011

Einmal schlafen auf dem Campingplatz Göscheneralp

Um es vorweg zu nehmen - es fühlt sich an wie Ferien; man ist weit weg von der gewohnten Welt; das Wasser zum Zähneputzen ist saukalt (Reto hat es bleiben lassen). Wir haben uns (sonst) pudelwohl gefühlt und ganz viel erlebt in nur 24 Stunden.

Wir sind zu Suppe, Wein und Fleischplatte eingeladen worden, haben neue Kartoffeln und ein Riesenkohlrabi bekommen beim Vorbeigehen, sind in Elisabeths Webstube gewesen und an ihrem Tisch gesessen, haben auf dem Damm in alle Richtungen geschaut und vom Campingplatz aus Munggen (Murmeltiere) gesucht, und Reto hat gefunden; ich nur fliegende Fische.

Die Nacht war so kalt, dass mein Shampoo im Glas geronnen ist und nicht mehr rinnen mochte. Macht nichts; Dusche gibt es sowieso keine, Licht auch nicht, aber Sterne.