Montag, 29. Juni 2015

Elgg

Zweieinhalb Stunden haben wir nur gebraucht oder verbraucht von unserem Leben, um mit dem Postauto über Land zu fahren, vorbei an reifen Gerstenfeldern, von denen Reto als Agrarfachmann (!) stets bekannt gab, dass man sie ernten könne, vorbei an einer Alpakaherde, vorbei an "Hopeli", was Kühe waren in der berndeutschen Kindermundart meines Schwiegervaters, vorbei an Bauernhäusern mit Hänge- und Stehgeranien, vorbei an wunderschönen Gärten und Vorgärten. Zweieinhalb Stunden, um anzukommen im alten Marktflecken, wo heute die meisten Läden zu waren, aber doch nicht alle. Im Bauernhofladen kauften wir zwei Kilo frische, duftende Erdbeeren, bei der Aprikosenverkäuferin hörten wir uns ihre ganzen Aprikosengeschichten an und erstanden eineinhalb Kilo der französischen Früchte, die ein Kollege importiert, der in Südfrankreich ein Häuschen hat, im Restaurant Löwen gab es starken, wohlriechenden, wohlschmeckenden Kaffee und weitere Geschichten, im Volg erstanden wir das Nötige, das Alltägliche für den morgigen Tag. Dann fuhren wir heim mit einem supernetten Postautochauffeur, der alle grüsste und (fast) alle kannte. Jetzt essen und verarbeiten wir unsere Erdbeeren und sind überzeugt: Elgg, wir kommen wieder.

Sonntag, 28. Juni 2015

Kinder-Garten

Nicht dass ich eine Anhängerin er antiautoritären Erziehung wäre, aber wo Friedrich Fröbel recht hat, da hat er recht; ich zitiere aus der heutigen NZZ am Sonntag:

"Kleine Kinder können gar nicht anders als lernen. Man muss ihnen bloss die Umgebung bieten, die ihre Neugierde fördert statt verhindert."

Wer Friedrich Fröbel (1782-1852) war? - Der Erfinder des Kindergartens in Deutschland. - Kinder lernen, was ansteht. Kaya übt richtiggehend Wörter, Sätze, aber auch Gefühlsausdruck im Gesicht, in der Körperhaltung. Dann überprüft sie, was sie gelernt hat, im Gebrauch an andern. Wie reagiert der Grosspapi, wenn sie "böse" schaut. Was bewirkt es beim Grosi, wenn sie sagt: "Das find ich nid (nöd?) schön." - Gestern wusste das Grosi nicht, sollte es nun den unendlich oft geschauten DVD vom kleinen Maulwurf abstellen, wenn Kaya an bestimmten Stellen sagte, dass ihr das und jenes nicht gefalle. Es stellte sich heraus, dass Kaya Diskussionsbeiträge zur laufenden Geschichte bot, so wie wir das auch ständig tun. Abstellen? - Nein, sicher nicht.

Und doch - es ist so viel lohnender, mit Kaya in den Garten zu gehen als on TV zu hängen. Im Garten hat sie immer unglaublich viel zu tun. Von sich aus. Ich tue mein eigenes und schaue zu und denke: Kinder-Garten oder Garten für alle?

Samstag, 27. Juni 2015

Zügeln

Nein, nicht wir! Ich gehe hier erst weg, wenn ich ins Pflegheim muss (dies ist jedenfalls meine Absicht). Aber unsere Tochter und ihre Familie haben heute gezügelt. Wir haben die Zügelmann/frauschaft eingeladen zu Spaghetti, Salat, z trinke und einem neuen Dessert, das ganz fein und saisongerecht war: Kirschenkompott, darauf Rahm mit weisser geschmolzener Schokolade, beides miteinander geschlagen oder gerührt, je nach Werkzeug, darüber entweder Pistazien oder geröstete Mandelblättchen. Die Mandelblättchen haben Kaya schon im voraus sehr geschmeckt, aber es blieben übrig für die Garnitur. Übrig blieb auch das Eine und Andere zum Aufräumen, als Kaya ins neue Heim abgeholt wurde. Wie es ihr wohl gefällt? Wie sie schläft heute Nacht?

Freitag, 26. Juni 2015

Another nice day (ein neuer Tag scheint strahlend auf)

Wir erwarten Klein-Kaya. Heute und morgen wird gezügelt bei ihr. Bald wohnt sie an derselben Strasse wie wir. Ob das einen Unterschied machen wird? Es wird sich alles zeigen. Jedenfalls ist ein neuer Tag angebrochen, und ich will ihn auskosten. Jeder neue Tag ist ein neuer Anfang, eine neue Chance. Ich war schon auf dem ersten Gartenrundgang und habe ein neues Blumensträusschen gepflückt. Das haben wir gestern in Stein am Rhein zu viert mir unseren Freunden von Altdorf festgestellt: Die Natur wird uns immer wichtiger, je älter wir werden (und wohl auch je mehr Zeit wir dafür haben).

Donnerstag, 25. Juni 2015

Aufmerksam

Vorgestern hatte Generalvikar Grichting von Chur einen Artikel im Tagesanzeiger, der wiederum sehr perfid war. Er ist ja nicht dumm und weiss genau, wie man unverdauliche Inhalte scheinbar süss verpacken kann. Er will uns weis machen, dass nur katholisch ist, wer die Weisungen der weltweiten katholischen Kirche befolgt, nicht aber, wer seinem Gewissen folgt und nicht alle Kirchenrechtsparagraphen unterstützen kann und mag. Seine betonharten Inhalte hat er in ein Bild aus dem Kinderbuch "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" verpackt. Herzig, nicht? - Ich hätte mir sehr gewünscht, dass der Dekan von Winterthur geantwortet hätte. Hätte, hätte, hätte. - Er hat bislang nicht, dafür aber fünf andere kluge Männer, die ausgezeichnete Leserbriefe geschrieben haben. Ich bin beruhigt. Man(n) passt auf.

Mittwoch, 24. Juni 2015

"Der Bär und der Baum"

Das Buch hat einfach so in einem gelben Couvert gesteckt. Ohne Geburtstag, Ostern oder Weihnachten. Nur, weil ich gern laufe (gehe!) und unseren Ahornbaum so gut mag. Ted Sieger, den ich bisher nicht kannte, hat die Geschichte vom Wanderbär und von seinem Freund, dem Baum, geschrieben und vor allem gezeichnet, gemalt. Und jetzt bin ich daran, bei jeder Durchsicht etwas Neues zu entdecken und mich köstlich zu amüsieren und ein wenig gerührt zu sein, weil ich eine Freundin habe, die mir mitten im Jahr so ein Geschenk macht.

Der Bär reist ohne Sorgen. Er braucht keinen Koffer, sitzt aber auf der ersten Seite auf einem. Und er reist nie allein. Sein Lieblingsbaum kommt immer mit (er trägt ihn ganz einfach).

Ist das nicht schon genug für ein glückliches Leben - sich keine Sorgen machen und gehen und seinen besten Freund dabei haben?

"Wenn sie zu einem Fluss kommen, lässt der Bär den Baum trinken." - Und da streckt also der Baum seine Wurzeln wie einen Trinkhalm ins Wasser des Bachs und trinkt. - Mir fällt mein Lieblingspsalm aus der Bibel ein - es ist der erste von hundertfünfzig:

Glücklich sind die Frau, der Mann, die nicht nach den Machenschaften der Mächtigen gehen...
sondern ihre Lust haben an der Weisung Gottes, diese Weisung murmeln Tag und Nacht.
Wie Bäume werden sie sein - gepflanzt an Wasserläufen...

Ich schalte hier ab. Ich kann nicht murmeln und tippen. Schschsch (schlürfendes Geräusch), Wasser trinken wie der Baum. Mmmmmhhh!!!

Dienstag, 23. Juni 2015

DENKEN

Immer wieder anders denken, neu denken, quer denken, "hindertsi ond vörsi" (rückwärts und vorwärts) denken. Was wäre, wenn es anders wäre? Selber denken. Denken!

Zum Beispiel anhand des Themas "Kinderarbeit". Uns scheint klar zu sein, dass Kinder nicht arbeiten sollen. Sie gehören weltweit in die Schule. Sie sollen sich bestmöglichst aufs Leben vorbereiten. - Aber jetzt habe ich gelesen (Tagesanzeiger Magazin Nr. 23), dass in Bolivien Kinder verlangen, dass man sie legal arbeiten lässt. "Eine Mehrheit der Familien könne sich den Luxus nicht leisten, Kinder nicht arbeiten zu lassen." - Die Kinder haben sich gewerkschaftlich organisiert.

Dass der karge Lohn dieser und anderer Kinder in armen Ländern unsere Konsumartikel verbilligt, sollte uns zum Denken anregen. Kann es sein, dass wir immer nur schreien: "Alles ist zu teuer, macht es billiger!" Und dann nehmen wir uns das Recht heraus, dort zu kaufen, wo es am billigsten ist. Hintergründe bedenken wir kaum. Unseren Konsum dürfen wir nicht reduzieren, das könnte der Wirtschaft schaden. Dürfen wir nicht???

DENKEN!

Auch über Alltägliches nachdenken. Gewohntes. "Hindertsi ond vörsi". Vom Standpunkt der anderen aus nachdenken. Hin und her "jumpen". Ich denke gerade so viel nach, dass ich im Traum einen (leichten) Hirnschlag erlitten habe. Was gibt es ausser Denken Lohnendes??

Montag, 22. Juni 2015

Es weht ein kühler Wind

Reto mäht den Rasen und bringt die ganze Hausumgebung wieder in Ordnung. Gut macht er das. Ich bin deshalb allein laufen gegangen. Mit den neuen Laufschuhen, die ich bei meiner Schwester gekauft habe. Siebzig Minuten insgesamt. Zum "Bäumli" hoch und dann abwärts zum Spital, von dort mit dem Bus heim. Schöne Wanderung, aber kühler Wind um die Ohren. Perfekte Schuhe an den Füssen. Nicht eine einzige Druckstelle. Dank an meine Schwester, die eine supergute Schuhverkäuferin ist, nun aber auch bald in Pension geht!

Sonntag, 21. Juni 2015

Unerwartete achteinhalb Stunden gut unterwegs

Wir waren bei meinem Firmgötti und seiner Frau zum Brunch eingeladen und kamen gerade erst nach Hause abends um halb sieben Uhr. Weil wir nach dem ausgiebigen Zmittag-Zmorgen noch auf dem Friedhof waren, um meinem Taufgötti frische Blumen zu setzen. Und da, auf dem Friedhof, liefen wir Giovanni und Verena "in die Arme", die uns sofort zu sich auf ein Glas Rotwein einluden in ihrer sensationellen Wohnung hoch über dem Einkaufszentrum "Rosenberg".

Das war ein Erzählen und noch mehr ein Zuhören an beiden Orten, dass wir nun ganz voll sind mit guten Geschichten. In der Handtasche liegen ausserdem drei fröhliche DVDs, die wir gucken dürfen; die beste Scheibe der Serie wird per Post oder Kurier kommen, wenn sie bei Giovanni wieder zur Hand ist.

Jetzt sind wir nur noch in der Lage, den "Tatort" zu sehen und uns dabei wie immer mit unseren Kindern und ihren Partnern verbunden zu fühlen, die auch schauen. Dann werde ich wohl besser schlafen als letzte Nacht, die wieder so eine ominöse Wach-Nachdenk-Nacht war.

Samstag, 20. Juni 2015

Sie reisen

Wir haben beschlossen zu bleiben. Den Sommer zu Hause geniessen. Unter dem Ahorn sitzen. An unseren eigenen Blumen riechen. Unsere eigenen Katzen streicheln. Vielleicht ein paarmal in die Badi "Geiselweid" fahren mit dem Bus. Glace essen, die wir kennen und vielleicht neue Sorten entdecken. Womöglich zwei, drei selber machen. Aber nicht so modisches Zeug wie Gurkenglace oder Basilikumeis. Je nach Wetter mit dem GA wegfahren für einen Tag. Unsere grosse Grillschale befeuern.

Und warum nicht im Internet reisen? - Ich habe von einer Plattform gelesen, wo es wunderschöne Fotos gibt von ganz entlegenen Destinationen. Habe hineingeguckt. Stimmt, das mit den einzigartigen Bildern. Eines nach dem anderen müsste ich meditieren. Lange schauen - nicht viel.

Während aber die Leute in unserer Umgebung aufbrechen nach Sylt und Island und wo weiss ich hin, reisen andere, viele, viele andere, weil sie zu Hause bedroht sind. Es war nie ihr Wunsch wegzugehen, aber nun geht es nicht anders. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel und landen dort, wo niemand sie will, bei uns. Auf besagter Internetplattform habe ich eine ans Herz gehende Bild-Reportage geschaut von Kindern jeglichen Alters, die entwurzelt werden und Angst haben, so viel Angst, weil sie reisen müssen. Zum Beispiel zu uns.

Freitag, 19. Juni 2015

Gärtnern

Wir haben unsere erste Serie Kopfsalat gegessen. Die letzten Radiesli sind hölzig, und den Rucola habe ich gerade zu Pesto verarbeitet. Zum Glück waren wie heute Morgen auf dem Markt. Neue Setzlinge kaufen. Und eine rote Blume (Nelken) für Kayas Gärtchen. Jetzt muss es nur wieder wachsen. Bis dann verwende ich Kapuzinerliblätter und -blüten und natürlich ständig alle Kräuter, die üppig wachsen. Heute ist Freitag, und auch für Pensionierte entsteht so um die fünf Uhr nachmittags das Gefühl, nun sei Feierabend und Wochenende. Bald setze ich mich unter den Ahorn. Muss vorher nur noch Wäsche falten und versorgen.

"Mein" Ahorn, mein momentaner Lieblingsbaum (ich entbehre immer noch die Birke von Wassen)! - Ich habe im "Tagi-Magi" von einem Outdoorfreak gelesen, der auch einen Lieblingsbaum hat. Er redet vom "Erlebnis, der scheinbar unnützesten aller Tätigkeiten nachzugehen: unter dem Baum sitzen." Und er erzählt breit und lang, warum wir Heutigen wieder ein enormes Bedürfnis nach der (wilden) Natur haben: "Je komfortabler der Alltag, desto mehr Mühe betreiben wir, ihn unkomfortabel zu machen." Wenn wir dann durch die Wildnis streichen (??), hilft uns das, "die Bilder der im Meer Ertrunkenen aus dem Kopf zu bringen oder den Schrecken, den die wild gewordenen Irren des Islamischen Staates verbreiten."- Dann also ein bisschen wegschauen, ehe die Tagesschau und wieder einholt.

Donnerstag, 18. Juni 2015

Es läutet

Unsere Nachbarin ist arm dran. Seit Tagen läutet es an ihrer Tür, und niemand steht davor. Es liegt an der Elektronik. Der nette junge Servicemonteur kommt immer wieder, macht etwas und versichert dann, dass es nicht mehr läuten wird. Aber es läutet. Viermal hat sich der junge Mann schon zu schaffen gemacht an der Anlage, und eben so oft wurde nichts gut. Gestern hat er irgend welche Kabel gekappt und hat versichert, dass es nun gar nicht mehr läuten kann. Noch gestern Nacht kam das SMS von der Nachbarin: Es läutet. Heute Morgen ist die Nachbarin in den Verdacht gekommen, sich etwas einzubilden. Weil wir "wussten", dass die Nachbarin arbeiten gegangen ist, hat Reto selbst an ihrer Tür geläutet, wo es garantiert nicht mehr läuten konnte, aber die Frau behauptet hat, dass es läutet. Reto drückt auf den Läuteknopf - und es läutet - und die Nachbarin steht unter der Tür. Sie ist nicht arbeiten gegangen. Müde Augen hat sie, aber einbilden tut sie sich nichts. Es läutet in unserem Haus, und niemand steht vor der Tür.

Mittwoch, 17. Juni 2015

Drei junge Frauen, vier kleine Kinder und wir

Judith ist Gotti des Kleinsten, das heute bei uns war - Töchterchen einer immer-noch-oder-wieder Freundin von Judith, früher Nachbarin von uns. Damals ein Mädchen, heute über dreissig Jahre alt. - Reto machte das eine und andere Witzchen beim Mittagessen, und sie fand: "Reto wie schon immer!" - Erstaunlich, dass nach so viel Zeit einiges noch gleich ist! Aber anderes ist anders und neu - und auch schön. Als Reto länger in der Wohnung war, fragte der Dreijährige: "Wo ist der Grosspapi?" - Nach ein paar Stunden hatte er Reto schon als Grosspapi "adoptiert". - Unsere Nachbarin stiess auch noch zu uns mit ihrem Töchterchen, und es war ein Spielen und Lachen und Weinen in unserem Garten, und wir Erwachsenen kamen sogar immer wieder dazu, miteinander zu reden. - Jetzt sind alle gegangen. Reto und ich allein zu Haus. Kann sein ein bisschen müde. Kann nicht verwundern.

Dienstag, 16. Juni 2015

Oh, jaaaa!

Ich hatte Zeit für ein Mittagsschläfchen - und erwachte mit dem Ausruf "oh, jaaaa!" auf den Lippen. Bezieht sich auf mein momentanes Leben, das mir gefällt und mir wohl bekommt. Ohne dass es spektakulär wäre. Aber vor besagtem Mittagsschläfchen habe ich als ersten Satz in einem frischen Buch gelesen:

"In unserem Bestreben, das Leben mit ungewöhnlicher Bedeutung zu füllen, wird das Gewöhnliche allzuoft als unbedeutend abgetan."

Steht in dem Buch "Rotkäppchens Lust und Leid. Biographie eines europäischen Märchens". Ich will mich fit machen inbezug auf Märchen, bevor ich sie unbedarft Kaya erzähle. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Gestern spielte ich ihr mit zwei Fingerpüppchen vor, wie Hänsel und Gretel nach ihrer Heimkehr zum Vater wieder einmal in den Wald gehen wollten. Da begann Kaya zu weinen und schluchzte: "Ich will auch mitgehen." - So ernst wird mein Spiel genommen. Verflixt!

Ich meinerseits nehme Bücher ernst. Kürzlich habe ich von Ulla Hahns "Aufbruch" geschwärmt. Ab der Mitte war es dann aus mit "schön". Ulla Hahn beschreibt eine Vergewaltigung auf einer Waldlichtung. Nachher findet die Hauptperson nicht in ihr Leben zurück. Quält und quält sich. Schweigt. Schweigt abgrundtief. - Erst als sie von zu Hause ausziehen und zum Studium nach Köln in ein eigenes Zimmer ziehen kann, findet sie zurück zur Suche nach ihrer Geschichte, ihrer eigenen Geschichte. "Let's go!" ist der letzte Satz. "Eamus!" Gehen wir.

Montag, 15. Juni 2015

Haare auf den Zähnen und Steine im Mund

Heute Morgen war ich mit der zweijährigen Kaya kurz auf dem Spielplatz, dem neuen beim Schulhaus. Der Schaukelkorb hat es ihr angetan. Da drin hat sie sich erholt vom Schreck vorher in der Wohnung. Wo sie in meine Richtung gerannt war, um da mitzuspielen, wo ich etwas "vortheäterlet" habe. Aber sie war zu schnell unterwegs und flog geradewegs in die Ecke des kleinen Holztisches. Blut am Mund, Blut im Mund. Sind noch alle Zähnchen da? Aber zuerst in den Arm nehmen und singen, singen, nochmals singen, auch auf Befehl, nicht nur "heile Säge", auch "Nina Chindli". Dann Blut abwischen, Mund inspizieren. Alles noch am Ort. Glück gehabt! - Auf dem Spielplatz will Kaya noch mit den Kieselsteinchen spielen. Ich sitze auf einer Treppe. Als ich lache, schaut sie mir in den Mund und sagt: "S' Grosi het Stei im Muu." (Grossmutter hat Steine im Mund) - Im ersten Moment verstehe ich gar nichts, aber im zweiten leuchtet es mir ein, dass meine Plomben im Mund wie Kieselsteinchen aussehen. Heute hätte ich lieber Haare auf den Zähnen. Ehrlich.

Sonntag, 14. Juni 2015

Ein Schoggileben!

Wir haben fürs Wochenende einfach mal genug eingekauft - und dann kamen die geladenen Gäste. Am Samstag sassen wir mit Tochter, Partner und Enkelin unter dem Ahorn. Am Samstagabend sassen wir mit zwei befreundeten Ehepaaren zuerst auf dem Sitzplatz, dann am Esstisch in der Stube und haben Geschichten aus dem wirklich wahren Leben erzählt. Heute Sonntag sassen wir mit meiner Besten Freundin sowohl auf dem Sitzplatz wie unter dem Ahorn. Und sitzenderweise haben wir gegessen und getrunken, was  Küche und Keller hergaben. Als Dreingabe, Draufgabe die Schoggidröpsli aus Togo, bestellt im Direktversand "gebana". Vergessen, dass bestellt. Was will die Anweisung der Post von mir; ich hätte ein Paket abzuholen? Schwer ist das umfangreiche Ding. Und die Schokolade "Bio und Fair" hat etwas Sonne abbekommen. An der Seite zusammengeschmolzen zu einer Platte. Erinnert an die unvergesslichen flachen Schoggihasen im Urner Oberland, die falsch standen, warm standen. Aber von unseren vier (ja, 4!) Kilo Schoggi sind drei noch in Dropsform, wie sie müssten. Das Zusammengeschmolzenen schmelze ich dann noch ganz und gar und kreiere Neues damit. Vorerst bekommen alle Gäste zum Dessert oder aufs Dessert obendrauf von unserer Togo-Schokolade. "Grosses Naschvergnügen garantiert" steht im Prospekt. Kommt ihr Gäste alle...

Samstag, 13. Juni 2015

Baukasten

Eine riesige Kartonschachtel haben Reto und ich von der Garage ins Freie getragen. Schwer war sie nicht. Aber drin lag eine zweiseitige Bildbeschreibung, wie man den Inhalt zusammenzusetzen hat. Man lege das lange Teil so hin, dass man an die Schraubenlöcher kommt. Für die Schraubenmütterchen brauchte es kleine Hände, also meine. Mit Gucken, Diskutieren und Probieren gelangten wie zum Ziel. Es steht eine grüne Rutschbahn mit roten Griffen auf unserem Rasen! Kaya kann ihr Geburtstagsgeschenk von uns hier ausprobieren, wenn sie es wagt. Und bald schon wird das Teil zu Fuss in ihren zukünftigen Garten getragen. Heute übernehmen sie die Schlüssel zu ihrer neuen Wohnung. Eine turbulente Zeit steht bevor.

Freitag, 12. Juni 2015

Geburtstag, der zweite

Gesten Abend feierten wir in einer gemischten Gesellschaft Enkelin Kayas Geburtstag. Die zwei Kuchen, die ihr Mami gebacken hatte, waren ihr wichtiger als die vielen, vielen Geschenke. Und mit den Geschenken liess sie sich alle Zeit der Welt. Keinerlei Hektik oder Gier. Mit dem Ausgepackten wurde erst gespielt oder das neue Sommerhütchen aufgesetzt, ehe das nächste Päckli an die Reihe kam. Ihr charmantes "Danke" war Belohnung für jegliche Mühe, die man sich vielleicht gegeben hatte.

Zwei Jahre lang hat also unser Leben zu den gegebenen einen neuen Lebensinhalt bekommen. Und wie Reto gestern sagte, macht Kaya uns jünger, gibt uns Energie. Mit ihrem unermüdlichen Erobern der Welt Schritt für Schritt und Wort um Wort bekommen wir selbst nochmals eine neue Sicht auf die Dinge, die Natur, die Tiere und die Menschen. Danke!

Donnerstag, 11. Juni 2015

Gleichzeitigkeit

Das Geschirr, das wir täglich benützen und das wir auch den Gästen vorsetzen und mit Feinem belegen, habe ich in die Ehe gebracht. Es ist noch älter, denn ich habe es für meinen ersten Haushalt gekauft. Es ist noch fast vollständig. Bis vor drei Wochen war es selbstverständlich, dass dieses Geschirr für unsere kleine Ewigkeit ist. Dann haben Reto und ich unabhängig voneinander darüber nachgedacht, ob nicht vielleicht... wo doch graue Flecken blieben auf den braunrändrigen Tellern...und es so alt ist, dieses Geschirr... ob nicht vielleicht ein anderes. Reto fand, wir könnten in die Brockenstube gehen. Ich studierte Villeroy und Boch-Prospekte. Dann kam Judith, die demnächst umzieht und bei der Einpackerei einen Karton auf dem Estrich gefunden hat. Das ganze Sonntagsgeschirr meiner Mutter, ihrer Grossmutter. Altmodisch. Sie will es eigentlich nicht, aber wegwerfen? Reto und mir gefällt gerade das Altmodische. Passt. Wir nehmen es samt aller Erinnerungen, die daran haften. Den guten wie den schwierigen. - Ich habe einen Bericht von Katja Früh über ihren Vater, Kurt Früh, den Regisseur, gelesen. Über alles Auf und Ab in seinem Leben schreibt sie - bis zum Ehrengrab auf dem Friedhof Fluntern. Der letzte Satz lautet: "Alles ist gut." - Das ist Alterssichtigkeit.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Salz in der Badewanne

Mein Ehemann ist auf Reisen. Ich geniesse den Tag mit mir allein. Keinerlei Rücksicht nehmen auf keinen! Morgen bin ich gern wieder zu zweit. - Ich habe meinen Tag begonnen mit einem Salz-Rosenbad. Ein "richtiges" Gesundheit förderndes Salzbad bräuchte mehrere Kilos Salz. Ich gebe mehrere Handvoll Meersalz ins Wasser, das mit getrockneten Rosenblättern vom letzten Jahr parfümiert ist. Dann stelle ich mir das weite Meer in der Toscana vor. Dort, wo ich so gern bin. Ich lasse mich, lasse alle anderen, lasse die Welt. Ich suche kein Haar in der Suppe (allerdings bleibt so das eine und andere Haar in der Badewanne hängen). Ich "flote" im Wasser, bin leicht wie im Toten Meer und steige wie neugeboren (bisschen übertrieben...) in den neuen Tag, der mir gehört. Ach ja, die Abstimmungscouverts müssen noch in den Briefkasten der Stadtverwaltung. Und Milch fehlt im Kühlschrank.

Dienstag, 9. Juni 2015

Satt...

"So, wie geht es euch zweien?" fragt uns ein ansehnlicher Mann im karierten Hemd und in seinem besten Alter im Bus von Vordemwald nach Zofingen. Wir kennen ihn nicht, aber er ist gerade an der Haltestelle bei der Behindertenwerkstätte eingestiegen. Wir sagen, es geht uns sehr gut, und ihm? Er ist auch zufrieden. "Was habt ihr gemacht heute?" fragt er weiter. "Wir haben im Restaurant Zmittag gegessen." sagen wir. "Und was?" - "Leberli und Rösti." - "Mmmmhhh! Ich hatte Polenta. Hattet ihr auch ein Dessert?" - Ja, hatten wir. Und überhaupt hatten wir einen wunderbaren Tag, der sooo satt machte. Feines Essen, gute Gespräche, überraschende Porträtfotos, grosser Garten, interessante Gastgeber. - Jetzt ist es Zeit, allem nochmals nachzugehen in Gedanken und froh und dankbar zu sein über die Frage: "So, wie geht es euch zweien?"

Montag, 8. Juni 2015

Siebzehn Uhr

Wo ist der Tag geblieben? Und der gestrige? Und der davor? Und der noch davor? - Alles geht wieder so rasend schnell. Und vieles ist so schön, dass ich es gern ein wenig festhalten würde. Wenigstens schriftlich. Lieber noch in Herz und Sinn.

Chronologie der letzten Tage:
  • Freitag: Treffen mit den GWUMs, den ganz wunderbaren Menschen, meinen Studienfreundinnen in Thalwil. Wunderbares Jerusalem-Kochbuch-Essen. Feiner Ripasso. Vertrautes Reden und Sein. Wie gut, wie gut, dass ich da dazugehören darf! - Heimkehr um Mitternacht.
  • Samstag: Aufstehen um sechs Uhr. Mit ÖV nach Wattingen/Wassen. Dort ein so herziges, schelmisches Meiteli taufen. Es hat nicht einmal geweint bei drei "Gutsch" Wasser übers Köpfchen. Mittagessen mit der Taufgesellschaft im "MartiniF" in Wassen. Wohlsein bei Martin und Theres, aber vor dem Dessert wieder heimzu in furchtbar heissem, ungekühltem Interregio bis Zürich. Mit vielen, vielen Mitleidenden. Mobilität, Dichtestress lassen grüssen...
  • Sonntag: Aufräumen, ankommen back home. Gegen Abend in "Das Zelt" in Wiesendangen. Reto zieht sein Weihnachtsgeschenk von mir mit mir zusammen ein > "Duo Fischbach". Nicht alle Witzlein gefallen mir, aber der Tiefsinn schon, der immer wieder aufscheint. - Wir bewundern die Leistung des Paares an diesem furchtbar heissen Abend. Herr Freiburghaus hat denselben Jahrgang wie Reto.
  • Heute Montag: Kaya-Hütetag. Wir haben Bauernhof gespielt, alle Holzkügelchen zum Auffädeln am Boden verteilt und später wieder eingesammelt, Walderdbeeren im Garten geerntet, eine Wähe samt Teig gemacht, Pizzocheri zum Zmittag gekocht, Mittagsschlaf gehabt, "göötschet" (= mit Wasser gespielt), dem Mami vorgeflötelt, Kaffee getrunken, Nussschalen aus dem Wasser gefischt mit Siebchen, alles wieder eingesammelt und versorgt.
Jetzt ist gut. Was aufgeschrieben ist, geht nicht verloren. Ich habe gelebt. Und wie!

Sonntag, 7. Juni 2015

Trarira, der Sommer, der ist da


 

Reto am "Pool" überwacht Klein-Kaya, die mit dem Aromat-Streuer spielt. Im Hintergrund unser "Sommerhaus", das wir stehen lassen, bis es Sturm und Wind fällen. Ah, ja, und rechts von Reto an der Hausecke steht das neue heilige Bäumchen von meinem lieben Ehemann - ein Feigenbaum im Topf. Reto muss jetzt den Nachbarn nicht mehr beneiden...

Freitag, 5. Juni 2015

Glanzvoller Sonntag am Donnerstag

Den katholischen Feiertag "Fronleichnam", auch genannt "Herrgottstag", kann ich nicht erklären. Aber dass wir gestern in Göschenen einen glanzvollen, warmen, strahlenden, reichen, wunderbaren Sonntag mitten in der Woche feiern durften, das kann ich erzählen. - Eigentlich ist der Herr Sekretär schuld, der unserem kleinen Zögern ein Ende gemacht hat mit dem Versprechen auf eine Gratiswurst.

"Gratis" leitet sich ab von "Gratia", und das ist pure Gunst, Gnade, alles ohne Bezahlung, auch nicht der Sünde Soll, sondern reine Grosszügigkeit. Da war dann nicht nur die Gratiswurst dabei, sondern auch der Gratiswein, der Kaffee mit Schnaps und vor allem die Gastfreundschaft der Göschener, ja, des ganzen Seelsorgeraumes Urner Oberland. Das ist Kirche, wie ich sie am liebsten mag, Kirche, die feiert, Kirche, die Menschen zusammenbringt!

"Verwurzelt und verzweigt" hiess das Motto. Liebste Urner Oberländerinnen und Oberländer, ihr habt einen grünen Zweig in Oberwinterthur

Mittwoch, 3. Juni 2015

Du bist deine Geschichte

Wenn ich mit unserer Enkelin spiele oder ihr ein Bilderbuch erzähle, dann kommt manchmal die "dumme" Frage auf: Wie lange? Wie viele Jahre darf ich noch? Wird sie sich an mich, an uns erinnern, wie ich mich an alle vier Grosselternteile erinnere?

"Dumm" ist die Frage, weil es sich lohnt, ganz im Moment zu leben. Gestern im "Sommerhaus" aus lauter Leitüchern und drei Pfählen, die Reto unter dem Ahorn für uns eingerammt hat. Ich habe eine kleine Glocke mit einer Schnur neben der Tuchtür aufgehängt, und dann wurde gespielt. Kaya läutet, ich schaue nach. "Ah, grüezi Frau Burri. Möchten Sie eine Tasse Kaffee?" - Die zweijährige Frau Burri wollte, und der Kinderkaffee (Wasser und ganz wenig Caotina) schmeckte vorzüglich. Zum Zvieri luden wir dann den Grosspapi auch noch ein. Reiswaffeln und Früchte.

Ganz in der Gegenwart leben. Und dann wieder ganz in Erinnerungen leben. "Du bist deine Geschichte." Das ein Satz aus meinem neuen Buch/neues Glück von Ulla Hahn. Da sagt der sehrsehr geliebte Grossvater zur Enkelin:

"Egal, wie andere dich sehen, oder was andere wünschen, was aus dir werden soll. Du kannst dich dir selbst erzählen. Du bist deine Geschichte. Lass nicht zu, dass andere deine Geschichte schreiben."

Ich aber wünsche mir, dass ich noch ein Stück Geschichte bekomme. Grosi-Geschichte. Mutter-Geschichte. Freundin-Geschichte. Ehe-Geschichte.

Dienstag, 2. Juni 2015

Neues Buch, neues Glück

Ich lese ein Bibliotheksbuch: Ulla Hahn, Aufbruch. - Ein Buch voller Bilder über eine Zeit, die ich auch erlebt habe. Sechzigerjahre. Erwachsenwerden. Schwierige Zeit mit der Liebe, den Verliebtheiten und Entliebungen. Lernen in der Schule. Lernen am Leben, für das Leben. - Ulla Hahn ist eine Wortspielerin. Ich mag das Buch sehrsehr (ein Doppelwort von ihr).

Jetzt aber erwacht Kaya vom Mittagsschlaf. Wir werden ein Sommerhaus bauen im Garten. Kaya zügelt bald. Heute üben wir umziehen.

Montag, 1. Juni 2015

Ein gefährliches Tier

Haben wir sie vielleicht am Morgen mit nach Hause gelockt, als wir an der Pferdekoppel standen und schauten? Hat sie Kater Nepomuk erwischt, der heute den ganzen Tag verborgen unter Sträuchern liegt und nur noch schlapp ist? Lauert sie uns auf in den nächsten Tagen?

Ich war in der Küche, um Milch zu wärmen für die zweite Runde Milchkaffe. Da erscholl vom Garten mehrstimmiges Rufen:" Oh, was ist das für ein Tier? Ein Untier?" - Ich rannte in den Garten. Meine Familie würde ich vor Wölfen und Bären verteidigen. Gewiss und auf Ehr!

Aber da krabbelte im Gras nur ein grosses Insekt herum. Ich fing es ein im Lupenbecher von Kaya, und dann konnten wir das Untier gar noch vergrössert, aber in Sicherheit betrachten. Hier ist sie, die "Rossbräme" (Rossbremse); sie kann auch Menschen stechen, bevorzugt aber Pferde und Rinder:



Als die Heldin des Tages - ich - wieder in die Küche trat, da kam mir die Milch entgegen. Auf höchster Stufe kochte sie berghoch über die Pfanne hinaus.