Donnerstag, 11. Juni 2015

Gleichzeitigkeit

Das Geschirr, das wir täglich benützen und das wir auch den Gästen vorsetzen und mit Feinem belegen, habe ich in die Ehe gebracht. Es ist noch älter, denn ich habe es für meinen ersten Haushalt gekauft. Es ist noch fast vollständig. Bis vor drei Wochen war es selbstverständlich, dass dieses Geschirr für unsere kleine Ewigkeit ist. Dann haben Reto und ich unabhängig voneinander darüber nachgedacht, ob nicht vielleicht... wo doch graue Flecken blieben auf den braunrändrigen Tellern...und es so alt ist, dieses Geschirr... ob nicht vielleicht ein anderes. Reto fand, wir könnten in die Brockenstube gehen. Ich studierte Villeroy und Boch-Prospekte. Dann kam Judith, die demnächst umzieht und bei der Einpackerei einen Karton auf dem Estrich gefunden hat. Das ganze Sonntagsgeschirr meiner Mutter, ihrer Grossmutter. Altmodisch. Sie will es eigentlich nicht, aber wegwerfen? Reto und mir gefällt gerade das Altmodische. Passt. Wir nehmen es samt aller Erinnerungen, die daran haften. Den guten wie den schwierigen. - Ich habe einen Bericht von Katja Früh über ihren Vater, Kurt Früh, den Regisseur, gelesen. Über alles Auf und Ab in seinem Leben schreibt sie - bis zum Ehrengrab auf dem Friedhof Fluntern. Der letzte Satz lautet: "Alles ist gut." - Das ist Alterssichtigkeit.

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