Samstag, 31. Oktober 2015

Oben blau, unten grau

Noch blühen gelbe, rosa und rote Rosen in unserem Garten. Noch leuchtet der Ginkgobaum von vis-à-vis gelb, gelber geht es gar nicht. Noch stehen die Kapuzinerli aufrecht. Noch hat es ein paar Blätter am Ahorn. Aber morgen ist der November da, und den November fürchte ich Jahr für Jahr. Wohl eher, weil er einen schlechten Ruf hat, als weil er mir etwas angetan hätte. Meist ist er genau wie die anderen Monate so schnell herum, dass ich nicht dazu komme, seiner Schwere zu erliegen. Aber wahr ist, dass wir seit Tagen unter einem grauen Himmel einher gehen, während in den Bergen Sonne pur ist. Den Fotos unserer Facebook Freundinnen haben wir nur Friedhofsbilder entgegenzusetzen.


Freitag, 30. Oktober 2015

Restwärme

Der Sommer ist vorbei. Bunte Postkarten meiner/unserer Freundinnen und Freunde an der Pinwand erhalten eine gute Restwärme in mir. Naxos, Porlezza, Alghero, Gersfeld in der Rhön und wie die Orte alle heissen, wo "man" war. Und überall immer Sonne. Immer klares Wasser und sauberer Strand. Ich freue mich nochmals über die Grüsse, jetzt, wo ich die Karten abhänge mangels Platz an der Pinwand. Der "Highland bull" kommt in mein Zimmer an die Wand. Zu herzig der schottische "Muni" , von dem man vor lauter Zottellocken nur ein Auge sieht! Und ja, ein paar Leute, die Karten geschickt haben, möchten wir gern demnächst sehen. Auch ein paar, die keine Karten geschickt haben. Restwärme erneuern, ergänzen zu Wärme, die im Winter vorhält.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Grauer Allerleitag

Sie sind auch nicht zu verachten, diese Nieselregentage, an denen man keine Ausreden hat und endlich Liegengebliebenes macht. Ich habe ausgeliehene DVDs zurückgebracht und  meine Mutter auf dem Friedhof "besucht". Das hat zweieinhalb Stunden beansprucht, ehrlich wahr. Weil ich zwei Busse nehmen muss, um auf den Rosenbergfriedhof zu gelangen. Weil ich die Wohnung des DVD-Besitzers treppauf und treppab suchen musste. Weil ich mich erstmals ins Einkaufszentrum Rosenberg wagte. Dort habe ich Reto ein "Blüemli" gekauft, weil er "echli chrank isch".

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Reisen


Seit wir wissen, dass wir bald wieder ein GA haben werden, sprudeln unsere Ideen, wohin wir reisen könnten, was wir uns ansehen möchten. Keine Schere mehr im Kopf, die radikal alles abschneidet, was Reisekosten verursacht. Wir können wieder spontan schnell in den Kanton Uri, der niemals so hinterwäldlerisch oder -berglerisch ist, wie er gerade in den Medien dargestellt wird. Missstände sollen aufgedeckt werden. Unbedingt. Aber alle 39 000 Menschen in einen übelriechenden Topf zu werfen, das geht denn doch nicht! Wo uns doch mindestens 1000 davon sehr lieb sind! - Reisen - schnell nach Stein am Rhein, die kleine Schöne. Aufs Schiff mit dem GA. Meine Freundin treffen. In die Stadt, wann immer. Nicht überlegen, ob man alles zu Fuss machen müsste.

Sind nicht unsere Ansprüche eher bescheiden?! - Ich will nicht nach New York, wo ich noch nie war. Ich will nicht die ganze Welt sehen. Ich bin froh, wenn ich die Freiheit habe, mich in der Schweiz nach Herzenslust zu bewegen. Und Reto freut sich darauf, doch noch das ganze Bahnnetz abzufahren. Irgendwo in der Westschweiz fehlen noch ein paar Bähnchen, und hat er nicht im Wallis noch nicht alles bereist?! - Zwei GAs gegen die Zukunftsangst. Es kommt, was kommt, das Alter. Jetzt reisen wir.

Dienstag, 27. Oktober 2015

Rösslispiel

Ein "Rösslispiel"" ist gemäss Wörterbuch eine "auf Jahrmärkten und Volksfesten aufgestellte, sich im Kreis drehende Scheibe mit verschiedenartigen Aufbauten". Grässlich, diese technische Definition eines Karussells! Wobei "Karussell" in meinen Aargauer Ohren fern tönt, fremd. Ein "Rösslispiel" aber riecht nach Gebrannten Mandeln, schmeckt nach Magenbrot, verspricht schon von fern viel kindliches Vergnügen. Oh, diese Pferdchen! Diese Kutsche! Andere Aufbauten braucht es gar nicht. Kinderglück bis heute.

Nochmals Peter Bichsel: Er hat ein Miniaturrösslispiel, das er laufen lässt, wenn er Stille braucht. Die Musik sei ja so fein, dass sie nicht stört sondern die Stille wohltuend unterstützt. Und dann hat Peter Bichsel erzählt, wie er als Bub das Rösslispiel erlebt hat. Erstmals war er alleine unterwegs - weg von den Eltern, zurück zu ihnen. Alleine unterwegs, aber sicher. Und genau so empfindet er die Eisenbahn - als "spiessbürgerliches Fluchtinstrument mit gesicherter Rückkehr". - Wir haben vor zwei Wochen das GA abgegeben und heute beschlossen, dass wir es unbedingt wieder brauchen. Flüchten müssen wir nicht, aber freiheitlich reisen wollen wir schon.

Montag, 26. Oktober 2015

Peter Bichsel im "Persönlich" (SRF 1) mit Eliana Burki zusammen (Alphorn)

Dass der sich traut! - Zu sagen, was er denkt. Eine Frage erst nach langer Pause zu beantworten. Überhaupt ewige Pausen zwischen den Sätzen, den Wörtern zu machen. Sich zu wiederholen und nochmals zu wiederholen, bis alle es "gekopft" oder "geherzt" haben. - Seine Selbstironie hat mich oft laut lachen lassen. Prosecco z.B. ist ihm zu wenig rot. Seine "arme Geige" hat er jahrelang "gequält" und sie ihn. - Aber er hat die Schweizer Rocker insgesamt beleidigt. Krass übertrieben. Das ist (auch) Peter Bichsel. Er sei ein "trotziger Minderheitenmensch". Und dann sagt er so wunderbare Sachen: "Es ist ein Luxus, in der (finanziellen) Unsicherheit zu leben... Wir haben viel Geld gebraucht, wenn wir viel hatten und wenig, wenn wir wenig hatten. Wunderbar, zwei Wochen reich zu sein. Auf die Länge wäre es langweilig." - Und noch dieses: "Ich hatte zum Glück eine Kindheit ohne Kultur und Hochkultur und mit sehr wenig Büchern. Ich habe alle fünfe mehrmals gelesen."

Sonntag, 25. Oktober 2015

Gestern waren wir im Wald, einfach nur im Wald

Sprach Kaya aus dem Kinderwagen heraus dies wahre Wort: "Es isch es wunderbars Wätter!" - Und wunderbar fanden wir drei die ganze kleine Unternehmung: Am Schloss Hegi vorbei in die Hegmatten einbiegen, bis zum Bach ohne Wasser gehen, dort nach rechts, Kistenpassstrasse überqueren, auf den Waldrand zuhalten und endlich in den Wald hinein tauchen. Wir staunten die hohen Bäume an. Wir zählten auf, was man aus gefällten Baumstämmen alles machen kann. Wir fragten einen Jogger, der dreimal an uns vorbeirannte, ob er im Kreis laufe. "Nein", sagte er, "ich suche meine Frau." - Als er zum vierten Mal kam, rief er schon von weitem: "Ich hab sie." - Die Cevi-Mädchen wiederum hatten etwas anderes - versteckte Orangen hatten sie finden müssen hinter unserem Zvieri-Bänkli. Ganze Schwärme von Vögeln überflogen uns. Ich glaube, es waren Tauben, obschon ein Vater seinem Söhnchen von Zugvögeln nach Afrika erzählte. Pferde sahen wir so viele, dass es fast langweilig wurde. Reh keines. Fuchs keinen. Aber als wir zurück kamen, waren wir Erlebnis-voll und ein bisschen müde, so wie es sich gehört für so einen wunderbaren Tag.

Samstag, 24. Oktober 2015

69 Jahre alt ist sie...

Ich habe einen Artikel über Ursula Hauser gelesen. Lehrerin, Psychotherapeutin, Kämpferin für Gerechtigkeit. Sie arbeitet mit traumatisierten Menschen, vor allem Frauen, in Südamerika und im Gazastreifen. Sie benennt, was sie sieht, mit deutlichen Worten. "Wer ein Bewusstsein hat, kann die Augen nicht verschliessen. Nicht vor dem Leiden, nicht vor dem, was in Syrien oder Palästina passiert. Es ist auch mein Problem." - Kürzlich habe ich von einem SVP-Politiker gelesen, der einer aus Syrien  geflüchteten Frau mit kleinen Kindern ins Gesicht sagen würde, sie habe die Reise in die Schweiz umsonst angetreten; sie müsse wieder zurück. - "Wer Bewusstsein hat..." - Mir macht Angst, was passiert. Mir macht vor allem Angst, dass die ohne Bewusstsein die Mehrheit im Land zu sein scheinen. Hoffentlich bleibt die Menschlichkeit nicht auf der Strecke. Oder tut sie das schon? Im heutigen "Tagi" steht, dass ein Mann, der bei uns Asyl bekommt, seine Mutter und seine Schwestern nicht zu sich holen darf. Verschärftes Asylrecht. Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer kann den Gedanken ertragen, dass Familien auseinander gerissen bleiben. Mir macht es das Herz schwer.

Freitag, 23. Oktober 2015

Hilfeeee schon elf Uhr!

Ich darf, muss ein Feuer entfachen. Wir wollen bräteln. Beschlossen haben wir das bei einem blauen Himmelsloch. Unterdessen hat der Hochnebel wieder alles dicht gemacht. Aber ich ziehe keine Handschuhe an, höchstens einen Grillhandschuh rosaroter Farbe. Wäähhh! Essen werden wir an der Wärme. Gut, dass wir eine geheizte Wohnung haben! Ich habe gelesen, dass es einen Schriftsteller sehr nervt, dass wir satten, warmgehaltenen Bürgerinnen und Bürger so wenig dankbar seien. Der Menüplan von Flüchtlingen allüberall in Europa bestehe aus Wasser, Weissbrot, Bananen und Schokolade - wenn überhaupt. Das stand andernorts. Und die Bilder dazu zeigten Kinder, Frauen, Männer, die frieren. Stunden lang, Tage lang, Nächte lang frieren. Sie kommen aus zerbombten Städten. Sie kommen und kommen. Sie wussten nicht, was tun, ehe sie sich auf den Weg als letzte Möglichkeit machten. Und jetzt wissen wir nicht, was tun mit den vielen, vielen. Ich auch nicht. Manchmal weiss ich auch nicht, wie ich mich noch freuen kann oder dankbar sein kann über das Grillgut auf dem Feuer und die warme Stube. Ratlosigkeit, grosse Ratlosigkeit.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Gemeint...

Bis unlängst habe ich gemeint, dass ich eigentlich nicht gern spiele. Aber das ändert sich vorzu. Gestern habe ich mit Kaya echt Blödsinn gemacht, und wir haben laut gelacht, bis Grosspapi nachgeschaut hat, was im Badzimmer los sei. Eigentlich war er schuld daran, dass wir viel Schaum im Lavabo hatten. Er hätte nur ein bisschen Duschgel ins Händewaschwasser nach dem Malen geben sollen, aber es kam viel aus der Flasche. Ich machte Kaya vor, wie man mit Schaum in die Hände klatschen kann, dass es eine wahre Schaumschlägerei gibt. Schaum am Spiegel, Schaum auf unseren Haaren. Kommentar von Kaya an die Grossmutter: "Du bist doch kein Kind!" - ??? -

Dienstag, 20. Oktober 2015

Neunhundertachtundsechzig Seiten fertig gelesen

William Somerset Maughams Roman "Der Menschen Hörigkeit" ist ausgelesen. Angenehm und unangenehm war die Lektüre. Plätscherte vor sich hin, faszinierte in ihrer "Gewöhnlichkeit", will sagen, ihrer allgemeinen Menschlichkeit. Es heisst nicht "eines Menschen Hörigkeit" sondern "DER Menschen Hörigkeit". Wir alle. Irgendwie. Vielfältig. Immer wieder. Dauernd? - William Somerset Maugham nimmt uns/mir alle Illusionen über das Leben und über unsere Bedeutung für die Welt. Wir sind nur Menschen. Wir tun, was wir sollen und wollen, aber auch NICHT wollen. Wir verstehen uns ein Leben lang selbst nicht. Aber das macht nichts. Ist keine Schuld. Ist einfach so. Wird am besten mit einem Lächeln quittiert.

Montag, 19. Oktober 2015

Oktopusse

Ich habe im "Tagi-Magi" einen Artikel über Oktopusse gelesen. Diese Vielarmigen sind sehr intelligent und in der Lage, eine Beziehung zu Menschen aufzunehmen. Eine Oktopus-Forscherin schwärmt über ihre Forschungssubjekte: "Oktopusse haben mich gelehrt, dass Wunder nicht auf eine einzige Art beschränkt sind und dass unsere Welt viel überraschender, komplexer, heiliger und seelenvoller ist, als wir uns je vorstellten." - Manch eine oder einer wird sich fragen, was ich zu den Wahlen von gestern meine. - Ja, eben, Wunder gibt es trotzdem noch! Man muss sie erhoffen und ersehnen und ihnen eine Möglichkeit geben. Zwar habe ich schlecht geschlafen, aber die Welt und die Schweiz gehen nicht unter - jedenfalls nicht sofort. Und keinesfalls bin ich bereit, die Wahlgewinner als "Proletariat" zu bezeichnen, wie das ein Facebook-Freund tut. Ich verstehe einfach nicht, dass viele Menschen sich von Rüpelinnen und Rüpeln Gutes versprechen.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Feiern mit der ganzen Familienbande

Verbunden, verbandelt, Familienbande! - Wir haben heute Feiertag: Zwei Geburtstage werden begossen, und für mich sind 40 Jahre Reto-Kennen und 39 Jahre mit ihm Verheiratet-Sein auch gute Gründe zum Feiern. Sind doch all die lieben Menschen, die heute am Tisch sitzen werden, daraus hervor gegangen. Sei es durch Geburt  unserer ewig geliebten Kinder, sei es durch die Liebe unserer Kinder zu ihren Partnern, sei es als Spross aus dieser Liebe. Jedenfalls rüsten und schnippseln Reto und ich gern Kartoffeln, Rüebli und mehr. Öffnen wir gern ein paar Flaschen Weissen und Roten. Es lebe die Sippe! Ich liebe das Festen.

Samstag, 17. Oktober 2015

Aktiv zu Hause

Hey, hey, warum habe ich orange Finger? - Ach, ja, Wasserfarbe - ich habe einen Bilderrahmen selbst gebastelt. Perfekt ist er nicht, aber das Bild hängt. Und an der grünen Hose sind weisse Flecken - Mehlrückstände vom Guetzlibacken. Eingekauft habe ich auch, und das Geschirr von gestern Abend ist abgewaschen. Jetzt um halb vier Uhr nachmittags ist Feierabend.

Freitag, 16. Oktober 2015

Und die Gesundheit?

Wir haben kein GA mehr und müssen grausam aufpassen, das Mehrfahrtenkärtchen abzustempeln. Ich habe die zwei Sorten heute auch noch verwechselt: Mit bestem Gewissen bin ich mit dem Kärtchen für eine Stunde gute zwei Stunden unterwegs gewesen. Habe die Brille nicht aufgesetzt und mich vertan. Echt, ich wollte nicht betrügen. Das erste Mal schon!

Ich fahre gern Bus. Schaue mir die Leute an. Überlege, wie sie vielleicht leben, was ihnen wichtig ist, ob sie schon gewählt haben. - Wer hat noch nicht gewählt? Sofort tun! Rechtsrutsch vermeiden. Bitte, bitte, bitte!!! - Ich höre den Leuten zu, wenn überhaupt wer spricht. Heute ein kräftiger junger Mann zu einem, der mir im Rücken sass: "Und die Gesundheit?" - Der Befragte ist zufrieden, wie es ihm geht. Als er ausstieg, sah ich, dass er sich auf einen Stock stützen muss und schon recht alt ist. Und wohl ein Muslim ist und der junge Mann auch. Sie kennen sich vielleicht von der Moschee. Das hat mich berührt, wo Reto und ich doch die meisten Menschen, die wir kennen, von der Kirche kennen.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Sich warm halten

Die gestrige Nacht haben beide Katzen in der Wohnung verbracht. Das bedeutet, dass es kalt ist oder kalt wird. Im Sommer sehen wir Peppina nicht sehr viel, aber der Sommer ist vorbei. Die siebenjährige Katzendame hat auf meiner Bettdecke geschlafen. Das wird sie jetzt wieder meist tun. Und wir? Was tun wir, wenn der Sommer vorbei ist? Reto hat die letzten Bohnen gepflückt. Ich werde nochmals Kapuzinerkresse-Pesto machen. Auf den Samstag ist Bodenfrost angesagt. Nachher sind die schönen Kapuzinerli hin. Abends brennen wieder Kerzen. Mich dünkt, in der zweiten Jahreshälfte muss man sich sehr darum bemühen, dass es der Seele gut geht.

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Das volle Programm

Heute ist der letzte Tag, an dem wir per GA in der Weltgeschichte herum fahren können. Da wir es weit nicht amortisiert haben, verzichten wir in Zukunft auf diese luxuriöse Annehmlichkeit. Etwas Vernunft darf im Spiele sein. - Ich fahre heute nur in die Stadt und zurück. Aber am Montag waren wir relativ spontan in Altdorf. Ich fand, nirgends gebe es besseres Trockenfleisch für die Schneidmaschine als im Kanton Uri. Reto wollte unsere Fleischschneidmaschine im Keller versorgen, aber mir ist sie Symbol für Urner Gastfreundschaft. Ich brauche ihren Anblick in der Küche. - Bevor wir zum "Arnold" gingen, bewegten wir uns im Reussdelta, so weit es mein Fall-Bein zuliess. Mir genügt eine Viertelstunde hin, eine Viertelstunde her, um restlos glücklich zu sein. Wir haben das volle Programm bekommen. Einen Kormoran gesehen, zwei Graureiher, vier Teichhühner, einen Distelfink, einen grossen dunkelgelben Schmetterling unbekannten Namens, viele Blesshühner und Stockenten und vor allem eingetaucht in ein frühherbstliches Gesamtkunstwerk. Vom Liebengott kreiert oder so. Jedenfalls herzstärkend, Jubel auslösend, Wunder-schön. Grosse Dankbarkeit gegenüber den menschlichen Erschaffenden und Erhaltenden! Auch ohne GA kommen wir wieder.

Montag, 12. Oktober 2015

Bruno, mein kleines schwarzes Güggeli

Kinder haben ihre Kuschel- und Schlaftiere. Sie reden mit ihnen, spielen mit ihnen Rollenspiele. - Ich habe mir kürzlich im "Chinerlade" ein kleines, schwarzes, weiches Güggeli, eben ein Kuscheltierchen gekauft. Enkelin Kaya findet das normal, ich selbst schäme mich ein bisschen. - Gestern Nacht habe ich mit Bruno geredet. Bin ich noch normal? - Der Kinofilm "45 years" hat mich arg gebeutelt. Auch, weil Reto wieder mal übersehen hat, wie hübsch ich mich angezogen habe. Das schönste neue Pullöverchen mit weissem Krägli - wirklich apart. Und dann war ich wieder mal soooo enttäuscht, dass mein Aufwand nicht wahrgenommen wurde. Kam der Film mit all seinen Stereotypien von Mann und Frau dazu. Die Frau redet, der Mann schweigt. Sie sieht alles, er übersieht das meiste. - Also, ich habe dann gestern Abend auch nicht mehr viel gesagt, bis ich eben mit Bruno geredet habe. Ist doch so, dass wir alle ständig nebst einem äusseren Dialog auch einen inneren führen. (Erwachsenen-)Ich, Es (Kinder-Ich), Überich (Eltern-Ich) - diese drei Bereiche unserer selbst wollen zum Zuge kommen und sind, wenn es gut geht, in Harmonie. Mein Es, das Kinder-Ich, war traurig. In der Gestalt von Bruno wurde es begrüsst. Mein Über-Ich schmunzelte, und mein Erwachsenen-Ich fand, da hätte ich mich wieder einmal selbst überlistet - im Erbärmlichen wie im Aufbauenden. Die Harmonie ist wieder hergestellt, und Reto darf bleiben, der er ist - ein Mann.

Sonntag, 11. Oktober 2015

Im Kino

Seit gestern ist die vorherrschende Farbe bei uns grau. Grauer Himmel von morgens bis abends. Dazu gemäss Reto "merklich kühler". Mich stört der Biswind weniger. Aber wir haben uns ein indoor-Sonntagsprogramm gewählt: Mit dem Zug in die Stadt. Auf direktem Weg ins Kino "Loge" und dort im Stuhl versinken. In der Pause ein Schoggi-Cornet geniessen.

Der Film "45 years" allerdings ist nicht kuschelig. Es geht um ein Ehepaar, das ein Fest zum 45. Hochzeitstag vorbereitet. Unerwartet wird die ehemalige Freundin des Mannes vom Eis frei gegeben, in das sie vor 50 Jahren gestürzt war (Gletscherspalte). Der Mann versinkt in der fernen Vergangenheit. Seine Frau wird von Unruhe und Eifersucht geplagt. War sie immer nur Ersatz?

Reto und ich haben uns im Oktober 1975 kennengelernt. Es klingen Themen bei uns selbst an im Nachgang an den Film. Auf dem Heimweg haben wir darüber geredet. Leichen im Keller oder im Eis haben wir zum Glück nicht, aber Unsicherheiten manchmal wohl. Und natürlich sehen wir uns im alten Ehepaar auch, was die Körperhaltung und die Bewegungen betrifft. Und die eingespielten "Mödeli".

Einmal fragt sich die Frau, warum man eigentlich vergesse, was glücklich macht.

Samstag, 10. Oktober 2015

Buntes Glück

Während sich die Bäume röten, gelben und bräunen, habe ich gestern meine Postschublade gesichtet und aufgeräumt. Ich musste Platz schaffen für neue Briefe und Karten, die mir erhalten bleiben sollen. Nun liegt eine braune, leere Kartonschachtel bereit, die gewiss Briefkastenkostbarkeiten für ein ganzes Jahr aufnehmen kann. Ich warte also auf ...

Ich warte nicht und erwarte niemals von irgend einem Menschen, dass mir geschrieben wird, auf dass ich zufrieden sei. Ich bin zufrieden, ja, mehr als das! Ich habe voller Glück auf die bunten Karten und Briefe geschaut, die mir in meinem Leben je zukamen. Mein Vater hat nach Israel geschrieben. Mein Götti hat schriftlich erklärt, weshalb er für einmal nicht mit mir Weihnachten feiert. Er hat mir die Bücher erläutert, die er mir geschenkt hat. Und meine Kinder haben in jedem Alter ihrer Mutter Komplimente gemacht. Gar, sie sei eine gute Hausfrau! Reto hat Blümchen gezeichnet.

Mehr, viel mehr an buntem Glück liegt in dieser sattprallen grossen Schublade. Ich habe nur aussortiert, was sich ein für allemal erledigt hat. Auch dies ist manchmal Glück.

Freitag, 9. Oktober 2015

Gestern

Gestern war Reto an der OLMA, und unser Computer ist wieder für einen Tag ausgestiegen. Mein "Fall-Bein" hat nur erlaubt, zehn Minuten im nahen Park zu spazieren. Schritt für Schritt ganz bewusst ein- und ausleiten. Da merkt man plötzlich, wie fein es ist, einfach so vor sich hin zu gehen, ohne sich etwas dabei zu denken. - Ich habe den Tag mit Klaus Merz verbracht. Dem erst gerade entdeckten Aargauer Schriftsteller. Ich habe eine Fernsehproduktion geschaut, wo Klaus Merz zu seinem 70. Geburtstag per Auto in seiner Heimat herumfährt und uns sein Elternhaus und mehr zeigt - natürlich Aargauer Dialekt redet und mir so nahe kommt. Literaturkritiker haben Gedichte von ihm gelesen und interpretiert. Ja, der Klaus Merz kann schreiben! - Ich habe dann gelesen in "Brandmale des Glücks". Wie dieser Merz nur schon auf einen solchen Titel kommt!?
Um halb sechs Uhr abends ist Reto heimgekommen und hat von Käse und Salatsauce berichtet. Er hat degustiert und recherchiert. Zum Beispiel, was es auf dem Markt gäbe, um Fensterscheiben rationeller putzen zu können. Einer von uns muss ja am Boden bleiben und den Alltag aufrecht halten. Ich drifte in den Herbstblues ab.

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Zwischentag

Ich will nicht gerade behaupten, heute müsse ich büssen für den Übermut von gestern, aber heute mag ich nicht. Mein Sturz vom Samstag ist noch nicht auskuriert. Ich schlafe immer noch schlecht, weil mein linkes Bein auf Seitenlagerung schlecht zu sprechen ist. Aber auf dem Rücken hält es mich auch nicht lange. So döse ich nächtens und höre immer wieder Radio. Und doch möchte ich den gestrigen Tag nicht ungeschehen machen. Auch weil es gut tut, etwas auszuhalten, durchzuhalten. Und vor allem, weil es mich heute zum Lachen bringt, an gestern zu denken.

Dienstag, 6. Oktober 2015

Zoo Zürich

Wir hatten Glück: Das Wetter war uns hold, bis wir uns am Schluss ins Restaurant setzten. Kaya fand auch, dass das Grosi einen Kaffee trinken dürfe; sie spiele dann unterdessen auf dem Spielplatz.

Wir hatten Glück: Der Königstiger, der faul hinter einem dicken Baumstamm lag und sozusagen nur die Öhrchen zeigte, stand plötzlich auf und demonstrierte seine ganze Grösse und Herrlichkeit. Was für ein Tier!

Wir hatten Glück: Das Würstchen in Kayas Hot-dog war knapp lang genug, um ihren Hunger zu stillen. Vom Brötchen bekamen dann die hungrigen Spatzen ein wenig, aber nicht viel.

Wir hatten Glück: Dass wir unsere Enkelin für einen Tag ausleihen durften und so den Zoo nochmals neu und anders erleben konnten. Allerdings sprach sie im Zug kurz vor Oberwinterthur ein grosses Wort: "Kaya will Mami und Papi ganz selber erzählen. Du darfst nicht." (Wir haben uns leider kaum dran gehalten. Keine Geduld und selber so viel Lust vom schönen Tag zu berichten.)

Montag, 5. Oktober 2015

Ein erfüllter Tag

Morgens um halb neun Uhr erschien wieder unsere Enkelin bei uns, dann lief der Tag rund und rund. Vom harmlosen Erzählen, Zeichnen zum anspruchsvolleren Zoo Aufbauen mit Playmobilfiguren, die erst im Keller zu suchen und finden waren. Elefanten ohne Ohren aussortieren. Gehege erfinden. Krokodile dürfen niemals mit Kamelen zusammengesperrt werden, Löwen nicht mit Zebras. Aber warum sollen nicht alle, alle Gras und Ringelblumen vom Garten fressen?! Zu realistisch wollen wir heute noch nicht werden. Wir haben ja auch die Amselfedern und -federchen vom Rasen aufgeklaubt, damit wir nicht das Wesen unserer und anderer Katzen erklären mussten. Noch vor dem Mittagessen war der Zoo nicht mehr interessant. Aufräumen mit Kaya. Dann kochen. Den Fischstäbchen sagt sie hartnäckig "Fleisch". Kartoffeln mag sie nicht, aber sie schneidet sie gern zu Brei mit dem Kindermesserchen. Mittagsschlaf geplant, aber zum Schlafen kam Klein-Kaya nicht. Sie eroberte sich zwei Spielkarteien von meinem Büchergestell ums Eck und sagte dann mit Tränen in den Augen als Schutz vor allfälliger grossmütterlicher Verärgerung: "Kaya cha nümme uufruume." - Das bleibt mir also heute Abend zu tun - die Reihenfolge wiederherstellen und überlegen, wo um alles in der Welt ich die Karteien besser hinräume.

Sonntag, 4. Oktober 2015

Gierig zu Fall gekommen

Gestern sind wir zu viert an eine Fotoausstellung im Kanton Bern gefahren. Ich habe auf Facebook  Fotos der jungen Frau gesehen, aber jetzt war ich gespannt, was sie öffentlich zeigt. Bei "Glas Trösch" in Bützberg fanden wir den Ausstellungsraum dank guter Unterstützung durch den Bruder der Fotografin.

Die Fotos sind gut. Gute Sujets gewählt und die Bildausschnitte optimal komponiert. Tierbilder, Natur, Objekte aus der bewohnten Welt. Die junge Frau hat ein gutes Auge.

Man konnte einerseits Karten erstehen und andererseits Fotos bestellen. - Nach zwei Schaugängen rundum wollte ich ganz gierig mehrere Fotos bestellen. Diesmal ging ich schnell, schrieb Nummern auf meinen Handrücken, war mit den Augen den Füssen voraus.

Vor lauter Gier bin ich zu Fall gekommen. Eine Werbefläche von "Glas Trösch" hat in Wadenhöhe eine graue Plattform, und auf dieser sass ich plötzlich sehr überraschend und unfreiwillig und bei heftigem Schmerz an der linken Gesässbacke. Auaaaahhh! - Ich wusste nicht, ob ich wieder aufstehen können würde. Und wie sollte ich mit ÖV heim kommen?

Einen Tag danach bin ich zu Hause, aber Reto spaziert ohne mich. Ich habe das Abenteuer Heimreise bestanden, wobei Treppen am schlimmsten waren. - Gut zu erleben war und ist, wieviel Anteilnahme ich bekommen habe. Und gut ist, dass sich nicht alle eilfertig gestellten Diagnosen bewahrheitet haben! Uuuuhhh, diese haben am meisten Angst gemacht!

Samstag, 3. Oktober 2015

Gemischtes Doppel

Nein, von Tennis habe ich keine Ahnung. Schaue ich nie trotz "Roger". Aber heute Morgen bin ich abwechslungsweise am Compi und in der Küche = gemischtes Doppel. - Die Küche ist einfacher. Da backe ich einen Sonntagszopf. Das kann ich. Auch die Speckbananen zum Zmittag werden mich kaum fordern. - Aber am Computer habe ich Restarbeit zu leisten für meinen Pausen-Artikel für die "fama" (Feministisch-theologische Zeitschrift). Die Redakteurin hat sinnvolle Anmerkungen gemacht, und ich muss Änderungsformulierungen "erfinden". Das ist Knobelarbeit. - Gut so! Hirnjogging im Alter ist ein Muss.

Freitag, 2. Oktober 2015

Warum?

Warum malt einer, schreibt eine, filzt die andere, schreinert jener? Warum?
Warum macht die eine ihre Lieblingstätigkeit zum Beruf, bleibt sie doch bei den meisten ein Hobby?
Warum weiss der eine, dass er ein Künstler ist, derweil die andere nicht an sich glaubt?
Warum weiss man so wenig über sich selbst und noch weniger über die anderen?
Warum?

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Was ich NICHT gelernt habe

Im Buch "Der Argentinier" von Klaus Merz wird die Lebensgeschichte eines eben Verstorbenen erzählt. Er war jahrzehntelang Lehrer. Aber davor "abenteuerte" er ein paar Jahre in Argentinien als Gaucho und Tangotänzer herum. Deshalb wurde er "Argentinier" genannt und ein wenig bewundert. Die Fähigkeiten, die er sich im fernen Land erworben hatte, flossen in sein künftiges Leben ein. Vor allem Tanzen und Musik machen.

Ich war mit dreiundzwanzig bloss ein halbes Jahr in Israel. Habe ich dort etwas gelernt? (Klar, habe ich.) - Was habe ich in meinem Leben alles NICHT gelernt, das ich nun gern können würde? (Das Eine und Andere könnte ich auch jetzt noch anpacken.) - Ich habe gewiss wie alle ein paar bescheidene Fähigkeiten erworben, aber mir hat immer der Mut gefehlt, etwas daraus zu machen.

PS. Es ist kein Trost nötig, weil ich nach dem Motto lebe "Es ist was es ist". Bei Erich Fried heisst es weiter "Es ist Liebe".