Freitag, 3. Oktober 2014

Mobile Beichtstühle

Ich quäle mich seit Wochen, ja, seit Monaten mit wiederkehrenden Augenentzündungen. Wahrscheinlich eine Allergie, aber worauf? - Die Salbe der Apotheke hat alles nur schlimmer gemacht.

Ein James Graham Ballard soll eine Kurzgeschichte über einen Mann geschrieben haben, der eine Augenerkrankung hatte. Am Ende entschloss er sich, sein Augenlicht zu zerstören, um mehr zu sehen. (So weit bin ich nicht, komme ich nicht, aber ich frage mich...)

Sehen - unsere Gesellschaft gilt als Transparenzgesellschaft. Von morgens bis abends werden wir überflutet von Reizen. Wir lesen (Reto und ich) alle Zeitungen, die uns in die Hände kommen. Wir sind auf Facebook. Wir schauen fern. Plakatwände schreien ihre Botschaft aus. Wir sehen, sehen, sehen, ob wir wollen oder nicht.

Halt! - Die Augen kann man schliessen. Nicht aber die Ohren. - Entzündete Augen brauchen Ruhe und Dunkel. In mich gehen. Reize hinunterfahren. Und Facebook und Blog nicht als mobilen Beichtstuhl benutzen. Und schon gar nicht als Voyeurin auf alles linsen, was mir unter die Augen kommt!


PS. Den Ausdruck "Mobiler Beichtstuhl" habe ich im Tagi-Magi 39/2014
      beim Philosophen Byung-Chul Han entliehen.

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