Donnerstag, 4. April 2019

Öffentlicher Brief an den Papst

Heute im Tagesanzeiger ein öffentlicher Brief von Synodalrat und Generalvikar: "Papst Franziskus, erneuern wir gemeinsam unsere Kirche!" - Es ist alles gut und wichtig, was in dem Brief steht. Er ist umfassend - eine halbe Zeitungsseite lang. Aber für mich ist es doch Makulatur ( = nutzlos gewordenes, meist bedrucktes Papier). Ich mag nicht mehr.

Ich habe mein halbes Leben in der Kirche verbracht, mich eingesetzt, so gut ich konnte. Ich habe geglaubt, geliebt, gehofft. Und dann begann zuerst ganz langsam, dann immer schneller die Desillusionierung. - Ach, viele Priester im Kanton Zürich haben heimlich eine Freundin oder einen Freund? (Die Pastoralassistenten haben es mir erzählt, die ich in Jugendarbeit begleiten durfte.) - Es war für mich nicht die Tatsache, dass der Zölibat schwer oder gar nicht zu leben ist, was mir Probleme machte. Die Scheinheiligkeit war es. Da feierten die Priester Messen mit dem Nimbus der besonderen Reinheit, weil unbefleckt von Sexualität, was ich sowieso nie verstand. Und daneben verrieten sie permanent ihre Geliebten, standen nicht zu ihnen oder wurden sofort entlassen, wenn "es" öffentlich wurde.

Das konnte ich noch verdauen. Aber dann erlebte ich selber, wie schwierig oder fast unmöglich es ist/war, einen ausbeutenden und grausamen Priester "weg zu bekommen". Ich erlebte, wie die "Brüder im Herrn" eine Beisshemmung haben gegen ihresgleichen. Bis oben.

Das war dann leider immer noch nicht alles. Dann ging die Welle der Veröffentlichungen los von immer grösseren Verbrechen von Priestern und Bischöfen. Und von der Vertuschung der Verbrechen. Niemand mehr, aber gar niemand mehr,  kann noch von bedauerlichen Einzelfällen reden. Meine Kirche ist überaus beschmutzt. Und es ist (vielleicht) zu spät, um noch etwas zu retten. Ich jedenfalls bin rettungslos traurig und wütend. Ich stehe neben den Schuhen. Ich mag nicht mehr. Der Brief im "Tagi" kommt viel zu spät. Ist Makulatur.

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